S&E Glossary
DIE FACHBEREICHE Bautenschutz Die Schichtdickendiskussion in der Bauwerksabdichtung Hintergrund: Bekanntlich wurde August 2000 die überarbeitete DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen“ nach langen Geburtswehen veröffentlicht. Endlich ist es gelungen, die lang erprobten kunststoffmodifizierten Bitu- mendickbeschichtungen (KMB) in der DIN aufzunehmen, wur- de mit Stolz von der herstel- lenden Industrie hervorgehoben. Auch die leidige Diskussion der Trockenschichtdicken ist nun endlich lastfallabhängig geklärt. So sind die Trockenschichtdicken im Teil 4 „Bodenfeuchte/nichts- tauendes Sickerwasser“ und Teil 5 „Nichtdrückendes Wasser“ mit mindestens 3,0 mm und im Teil 6 „aufstauendes Sickerwasser“ mit 4,0 mm festgeschrieben. Analog zur DIN wurde von eini- gen in der Abdichtung tätigen Fachverbänden die „Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungsarbeiten mit kunststoffmodifizierten Bitu- mendickbeschichtungen“ (KMB- Richtlinie) überarbeitet. In der KMB-Richtlinie Teil A werden unter Punkt 4.3 Bitu- mendickbeschichtungen als pastöse spachtel- oder spritz- fähige Bitumenemulsionen be- schrieben, die in einkomponen- tige oder zweikomponentige Bitumendickbeschichtungen unterschieden werden. Weiter führt die KMB-Richtlinie aus: „Sie können beispielweise po- lystyrolgefüllt oder faserhaltig sein“. Im Teil B unter Punkt 2 „Ver- arbeitung der Beschichtung“ führt die KMB-Richtlinie u.a. aus: „Die vorgeschriebene Min- desttrockenschichtdicke darf an keiner Stelle unterschritten werden. Dazu ist die erforder- liche Nassschichtdicke vom Herstellen anzugeben“. Das Problem: Ein Abdichtungsunterneh- men verarbeitet eine KMB-Ab- dichtung in der vom Hersteller angegebenen Nassschichtdicke auf. Nach dem Abtrocknen der KMB, also vor Auftrag der Schutzplatten, wird die Trocken- schichtdicke mit 3,1 mm fest- gestellt. Aufgrund einer Män- gelrüge stellt ein Sachver- ständiger nach etwa 1½ Jah- ren Standzeit fest, dass die Trockenschichtdicke 2,6 bis 2,7 mm beträgt und bemängelt die erbrachte Abdichtungslei- stung. Hieraus ergeben sich Fragen, deren Antworten für einige Ver- arbeiter, Bauleiter oder Kontrol- ler überlebensnotwendig sind. – Gilt die Trockenschicht- dicke zum Zeitpunkt der Abnahme, nach einer längeren Nutzungsdauer oder zum Zeitpunkt des Gewährleistungsablaufs? – KMBs werden gemäß DIN 18195 Teil 2 Tabelle 9 ei- ner Druckbelastung unter- zogen. Gewährleistet diese Prüfung den Anspruch der absoluten Materialkon- stanz über einen längeren Zeitraum? – Ist bekannt, dass Poly- styrolgranulat Schrumpf- prozessen unterliegt, die bei ständigem Erddruck zu einer Komprimierung (Schichtdickenverände- rung) führen und diese Komprimierung nicht re- versibel ist? – Gibt es Erkenntnisse über welchen Zeitraum – bei Erddruck – die Schicht- dicke vom KMBs nicht be- einträchtigt wird? – Liegt bei der Art reduzier- ter Schichtdicke eine Be- einträchtigung der Funk- tion vor? – Welche Abminderungs- faktoren sind für unter- schiedliche Produkte zu berücksichtigen? – Ist das Verformungsverhal- ten von KMBs anders als bei anderen bituminösen Abdichtungsstoffen? – Hat ein Hersteller die Ver- pflichtung auf diese Pro- blematik hinzuweisen und wie ist diesbezüglich die Nassschichtdickenvorgabe hinsichtlich der Produkt- haftung und der Gewähr- leistung des Ausführenden zu bewerten? – Werden von der Rechts- sprechung folgende Fragen berücksichtigt: – Änderung von einzelnen Eigenschaften (hier: Schichtdickenveränderung mit der Zeit) gegenüber kontrollierter, eingehalte- ner Anforderung zum Zeit- punkt der Abnahme? – Beibehaltung der Funktion (hier: Abdichtung gegen vorgegebene Beanspru- Es schreibt für Sie: Hans-Axel Kabrede Fachbereichs- leiter Bauten- und Umwelt- schutz In der Grafschaft 3 46414 Rhede Telefon: (0 28 72) 36 47 Telefax: (0 28 72) 60 19 email: kabrede@aol.com chung) auch bei verän- derter Eigenschaft? Für die ausführenden Unterneh- men ist es wichtig, dass die herstellende Industrie aber auch Sachverständige und Juristen schnellstens zu diesen Fragen Position beziehen. Gerade in der nachträglichen Außenabdich- tung müssen wir auf eine Be- antwortung dieser Fragen drän- gen um sicherzustellen, dass die Anwender und Nutzer des WTA- Merkblatts 4-6-98/D „Nachträg- liches Abdichten erdberührter Bauteile“ keinen Schaden erlei- den. Hans-Axel Kabrede Schützen & Erhalten · September 2003 · Seite 8
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