S&E Glossary
stellbar , dann kommt nur noch die Fallgruppe 3 als Auffang- tatbestand in Betracht. Verein- facht ausgedrückt: Je detaillier- ter der Vertrag die Beschaffen- heit der Arbeit beschreibt, desto exakter funktioniert die vom Gesetz vorgeschriebene Messlat- te. Der Vorteil einer im Vertrag genau definierten Beschaffen- heit der Arbeit tritt auch da- durch deutlich zu Tage, dass es weniger Unklarheiten und Streit gibt, weil es kaum zu der Streit- frage kommt, ob die detailliert festgelegte Arbeit einen Feh- ler aufweist oder nicht. Je we- niger Details über die Beschaf- fenheit der Arbeit im Vertrag ge- regelt sind, desto eher werden die Fallgruppen 2 oder 3 zum Zug kommen und desto mehr werden Sachverständige heran- gezogen werden. Wichtig! Richtige Zuordnung der vertraglichen Vereinbarung zur entsprechenden Fallgruppe. Ein außergerichtlich tätiger Sachverständiger, der die ver- traglichen Vereinbarungen nicht der entsprechenden Fallgruppe zuordnen kann und daher auch nicht in der richtigen Reihen- folge vorgehen kann, kommt zwangsläufig zu falschen Ergeb- nissen. Der für ein Gericht tä- tige Sachverständige muss sich mit diesen Fragen weniger be- fassen, weil der Richter vor der Formulierung des Beweisbe- schlusses die richtige Einord- nung in eine der drei Fallgrup- pen professionell besorgt hat. Gut gerüstet ist auf jeden Fall der Sachverständige, der weiß, welche Überlegungen zur Bil- dung der drei Fallgruppen und der jeweils daraus folgenden Antworten geführt haben. In Zukunft werden Sachverstän- dige, die von einem Gericht zugezogen werden, in Beweisbe- schlüssen verstärkt auf Formu- lierungen stoßen, die der Ge- setzgeber in den Fallgruppen 2 und 3 eingeführt hat. Zuordnung von Ist- zu Soll-Zustand Fallgruppe 1: Die Beschaffenheit der Arbeit ist im Vertrag verein- bart. Unternehmer und Besteller berufen sich auf einen schrift- lichen oder mündlichen Vertrag, in dem die Einzelheiten der Ausführung der Arbeit festge- legt sind. Hier hat der Sachver- ständige, der vom Besteller außergerichtlich zugezogen wird mit der Behauptung, die Arbeit weise einen Mangel auf, zu prü- fen, ob die ausgeführte Arbeit (Ist-Zustand) die im Vertrag vereinbarte Beschaffenheit (Soll-Zustand) aufweist. Ent- spricht der vom Sachverständi- gen festgestellte Ist-Zustand dem aus dem Vertrag ablesba- ren Soll-Zustand, so hat die Arbeit die vereinbarte Beschaf- fenheit und ist damit frei von Mängeln, § 633 Abs. 2, Satz 1. Entspricht der vom Sachverstän- digen angetroffene Ist-Zustand nicht den im Vertrag festgeleg- ten Soll-Zustand, so sind Män- gel vorhanden, die einzeln auf- zulisten sind. Fallgruppe 2: Der erstrebte Ver- wendungszweck ist feststellbar Die Beschaffenheit der Ar- beit ist nicht vereinbart, weil Unternehmer und Besteller das vergessen haben oder für über- flüssig gehalten oder als unpro- blematisch angesehen haben. In diesem Fall der Vertragslücke muss sich der Sachverständige der Mühe unterziehen, den Ver- wendungszweck der streitigen Arbeit zu erforschen, sich also zu fragen, zu welchem Zweck die Arbeit ausgeführt wurde, welche Ziele mit dieser Arbeit erreicht werden sollten und aus welchen Gründen die Arbeit ausgeführt wurde. Hat der Sach- verständige den Verwendungs- zweck herausgefunden und nie- dergeschrieben, dann hat er weiter zu prüfen, ob sich die streitige Arbeit für diesen Ver- wendungszweck eignet. Hier muss er erklären, ob mit der Arbeit der Zweck, der nach dem Vertrag erreicht werden soll, erreicht wird oder nicht. Kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der Zweck mit der von ihm untersuchten Arbeit erreicht wird, dann ist die Ar- beit frei von Mängeln, § 633 Absatz 2, Satz 1 Nr. 1. Stellt der Sachverständige hingegen fest, dass sich der nach dem Ver- trag vorausgesetzte Zweck mit der von ihm untersuchten Ar- beit nicht erreichen lässt, haf- tet der Arbeit ein Mangel an. Fallgruppe 3: Der erstrebte Ver- wendungszweck ist nicht fest- stellbar Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart und auch kein be- stimmter Verwendungszweck festzustellen, dann kommt es nach § 633 Abs. 2, Satz 2 Nr. 2 darauf an, ob sich die Arbeit für die gewöhnliche Verwendung eignet, das ist die normale und übliche Verwendung. Zusätzlich muss der Sachverständige noch Feststellungen darüber treffen, ob die Arbeit eine Beschaffen- heit aufweist, die bei Arbeiten der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art dieser Arbeit erwarten kann. Dem Sachverständigen wird also – über die Eignungsprüfung für die gewöhnliche Verwendung hinaus – noch abverlangt, ei- nen Vergleich mit Arbeiten der gleichen Art anzustellen und aus der Sichtweise des Bestellers dessen Erwartungen zu skizzie- ren. Erst wenn der Sachverstän- dige zu dem Ergebnis gekom- men ist, – dass sich die Arbeit für die gewöhnliche Verwendung eignet und – dass sie eine Beschaffenheit aufweist, die bei Arbeiten der gleichen Art üblich ist und – dass sie eine Beschaffenheit aufweist, die der Besteller nach der Art der Arbeit er- warten kann, ist die Arbeit frei von Mängeln. Fehlt auch nur eine dieser drei Voraus- setzungen, dann haftet der Arbeit ein Mangel an. Zur Abrundung noch zwei klas- sische Mangel-Definitionen: § 633 Absatz 2, Satz 3 bringt eine lange geforderte Klarstel- lung: „Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unterneh- mer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu ge- ringer Menge herstellt.“ Berlin, im Mai 2002 Alle Urheber- und Weiterverwen- dungsrechte hat Reinhold Haas, Payer-Str. 9, 72764 Reutlingen, Autor des Standardwerkes „Der Sachverständige des Hand- werks“, 5. Auflage 2001, Gent- ner Verlag Stuttgart, Forststraße. 1) § 839 Abs. 3 BGB hat folgenden Wort- laut: Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuweh- ren“ 2) Wagner, Das Zweite Schadensersatzrechts- änderungsgesetz, Neue Juristische Wo- chenschrift (NJW) 2002, S. 2049 ff (2061f); ausführlich auch IfS-Informa- tionen 5/2002, S. 5 ff FACHBEREICH SACHVERSTÄNDIGE Notiert Kundenservice – Kunden- freundlichkeit? Die Firma Protimeter ist Hersteller von Feuchtemeßge- räten in Deutschland. Leider ist sie nicht in der Lage defekte Geräte auch in Deutschland re- parieren zu lassen. Im Gegen- teil: die Firma verweist auf ihr Unternehmen in England, wel- ches jetzt die Reparaturen aus- führt. Dazu kommt, dass der Kunde seine defekten Geräte selbst nach England senden soll. Von Kundenfreundlichkeit kann aber in diesem Fall keine Rede mehr sein. Max Arheit Landesvorsitzender LV Baden-Württemberg Schützen & Erhalten · März 2003 · Seite 20
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