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Schützen & Erhalten · Dezember 2001 · Seite 15 DIE FACHBEREICHE Sachverständige verunreinigt, und den mit der Klage als Schaden geltend ge- machten Nachteilen der Kläge- rin auszugehen. Denn die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen beruhen auf einer entsprechenden Annahme, die auf Grund des unstreitigen Sachverhalts und des Vorbrin- gens der Klägerin, das der Se- nat mangels näherer Sachauf- klärung des Berufungsgerichts zu Grunde zu legen hat, auch berechtigt ist. Danach hat der so genannte dritte Bericht vom 31. August 1989 dazu geführt, dass die Klägerin zunächst die für eine Vermarktung erforder- lichen und förderlichen Maß- nahmen nicht ergriffen hat; es sollte ersichtlich die Klärung der Frage der Sanierung abge- wartet werden, für deren Durch- führung von Gesetzes wegen nicht die Klägerin selbst zu sorgen gehabt hätte (vgl. § 21 HessAbfAG). Das Abwarten sei- nerseits hatte zur Folge, dass die Klägerin zunächst keine Vermarktungserlöse erzielte, sodass sie hieraus nicht – wie in dem Kaufvertrag mit dem damaligen Eigentümer vorge- sehen – den vereinbarten Kauf- preis zahlen konnte. Dies wie- derum veranlasste die Klägerin, zur Abwendung des vereinbar- ten Rücktrittsrechts dem da- maligen Eigentümer gegenüber eine zusätzliche Zinsverpflich- tung einzugehen, die dann auch erfüllt worden ist. Hätte die Beklagte zu 1 bereits im so genannten dritten Bericht die auf Grund später herangezoge- ner Analysenmethoden gewon- nene Erkenntnis offenbart, hät- te zur Zahlung zusätzlicher Zin- sen keine Veranlassung bestanden. Ein Abwarten we- gen einer durch karzinogene oder hochgiftige organische Stoffe gebotenen Sanierung wäre nicht notwendig oder sinnvoll gewesen, Die Klägerin hätte – nach dem normalerweise zu erwartenden Geschehensab- lauf – sogleich mit den not- wendigen Maßnahmen zur Ver- marktung des Grundbesitzes be- gonnen; sie hätte dann recht- zeitig Verkaufserlöse erzielt, aus denen sie den Kaufpreisan- spruch des Eigentümers erfüllt hätte. Ein durch des Gutach- ten vom 31. August 1989 (kausal) verursachter Schaden der Klägerin kann mithin nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legen- den Sachver- halt nicht verneint werden. c) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts scheitert ein Schadensersatzanspruch der Klägerin auch nicht aus Grün- den der vom Berufungsgericht ergänzend herangezogenen Adäquanz oder wegen des vom Berufungsgericht ferner für entscheidungserheblich gehal- tenen Erfordernisses, dass der Ersatz des kausalen Nachteils vom Zweck der haftungsbegrün- denden Norm erfasst ist. Es ist zwar richtig, dass die Recht- sprechung in der Erkenntnis, dass der bloße Kausalzusam- menhang keine sachgerechte Abgrenzung zurechenbarer von nicht zurechenbaren Schadens- folgen erlaubt, Schadensersatz nur unter den vom Berufungs- gericht genannten zusätzlichen Voraussetzungen zuspricht. Mit dem Erfordernis der Adäquanz sollen ganz außerhalb des zu erwartenden Verlaufs stehende Einbußen ausgeschieden wer- den; die Abwägung nach Maß- gabe des Schutzzwecks der haf- tungsbegründenden Norm soll sicherstellen, dass nur Schäden der Art ersetzt werden müssen, die durch Befolgung der ver- letzten gesetzlichen Regel bzw. der verletzten Vertragspflicht verhindert werden sollten. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben jedoch nicht, den geltend ge- machten Schaden als außerhalb des zu erwartenden Verlaufs oder des Schutzzwecks der ver- letzten Vertragspflicht anzuse- hen. Nach dem vom Berufungs- gericht im angefochtenen Ur- teil mitgeteilten Vorbringen der Klägerin, das der Senat man- gels gegenteiliger Feststellun- gen zu Grunde zu legen hat, hat die Klägerin Interesse an den Grundstücken gehabt, weil damals der Markt erschöpft war und sie andere Grundstücke käuflich nicht erwerben konnte. Sieht sich ein Bauträger bei dieser Sachlage mit einer un- günstigen Begutachtung eines ihm angebotenen Grundstücks konfrontiert, ist es nichts Un- gewöhnliches, wenn er an sei- nem Wunsch festhält und das zur Vermarktung erforderliche Geschäft tätigt. Den in Be- tracht zu ziehenden Belastun- gen kann durch günstige Ge- staltung der Vertragsbedingun- gen Rechnung getragen werden, Davon, dass dies auch hier geschehen ist, ist in der Revisionsinstanz auszugehen, weil einerseits die Klägerin geltend gemacht hat, der da- malige Eigentümer sei ihr hin- sichtlich der Kaufpreiszahlungs- modalitäten so weit entgegen- gekommen, dass für sie der Ankauf möglich gewesen sei, und andererseits die Beklagte zu 1 darauf hingewiesen hat, die Klägerin habe durch die im so genannten dritten Bericht festgestellte Belastung des Grundstücks mit Altlasten ei- nen Kaufpreisvorteil erzielt, den sie sich jedenfalls anrechnen lassen müsse. Weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch: nach dem Vorbringen der Be- klagten zu 1 kann danach der tatsächliche Geschehensablauf als gänzlich außerhalb des in einem solchen Fall zu Erwarten- den gelten. Was den Schutz- zweck der verletzten Vertrags- pflicht anbelangt, hat das Be- rufungsgericht übersehen, dass eine Partei, die möglicherweise sanierungsbedürftiges Gelände zu erwerben wünscht, von ei- nem Gutachten der hier strei- tigen Art regelmäßig Aufschluss darüber erwartet, ob die tat- sächliche Beschaffenheit eine alsbaldige Bebauung erlaubt oder eine Bebauung wegen des Sanierungsbedarfs – wenn über- haupt – erst später möglich sein wird. Die im vorliegenden Fall die Beklagte zu 1 treffende Pflicht, die wahren Gegebenhei- ten festzustellen und in ihrem Gutachten von 31. August 1989 darzustellen, sollte deshalb durchaus auch eine insoweit falsche Entscheidung verhin- dern, wie sie die Klägerin so- dann getroffen haben will. Auch aus der falschen Entscheidung resultierende Nachteile waren damit vom Zweck der von der Beklagten zu 1 verletzten Ver- tragspflicht mitumfasst. d) So weit das Berufungs- gericht schließlich noch gemeint hat, der Klägerin zum Vorwurf machen zu können, den Erwerb des Grundstücks nicht unterlas- sen zu haben, berührt auch dies die Schadenszurechnung nicht. Das Berufungsgericht hat inso- weit verkannt, dass die Partei- en nicht um in Folge des Kaufs eingetretene Vermögenseinbu- ßen der Klägerin, sondern um den Ersatz von Schäden strei- ten, die durch Verzögerung der in Aussicht genommenen Bebau- ung und Weiterverwertung ent- standen sein sollen. 4. Nach Meinung des Beru- fungsgerichts führt auch der so genannte vierte Bericht vom 31. August 1990 nicht zu einer Schadensersatzpflicht der Be- klagten zu 1 gegenüber der Klä- gerin. Hier müsse vor allem gesehen werden, dass dieses Gutachten auf dem dritten Be- richt aufbaue und mithin für die Beklagte zu 1 keine Veranlas- sung bestanden habe, die Rich- tigkeit der zuvor gewonnenen Erkenntnisse nochmals zu über- prüfen. Das Berufungsgericht hat also hier schon ein Fehl- verhalten der Beklagten zu 1 verneint.

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