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Schützen & Erhalten · Dezember 2001 · Seite 16 DIE FACHBEREICHE Sachverständige a) Auch dem kann – wie die Revision wiederum zu Recht rügt – nicht beigetreten werden. Das Berufungsgericht nimmt selbst an, dass auch der von der Klä- gerin selbst in Auftrag gegebene so genannte vierte Bericht auf- grund von Bodenuntersuchun- gen erstattet werden sollte. Die neuerlichen Bodenproben wa- ren daher ebenfalls zu analy- sieren; auch hierbei waren die an einen Sachverständigen zu stellenden Sorgfaltsanforderun- gen zu beachten, was ein- schließt, nicht allein auf Grund einer angesichts der tatsächli- chen Gegebenheiten unsachge- mäßen Methode zu untersuchen und zu urteilen. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagten zu 1 beim Gutach- ten vom 31. August 1990 ein Fehler; den sie zu vertreten habe, nicht unterlaufen sei, hätte deshalb Feststellungen zur Wahrung des angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten Gebotenen erfordert. Da das Berufungsgericht – wie hinsicht- lich des so genannten dritten Berichts – diese Feststellungen nicht getroffen hat, hat der Senat zu Gunsten der Beklag- ten davon auszugehen, dass auch der so genannte vierte Bericht ein mangelhaftes Werk war und der Klägerin auch sei- netwegen ein Schadensersetz- anspruch zustehen kann. b) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der erforder- liche Zurechnungszusammen- hang zwischen dem haftungs- begründenden Ereignis und dem mit der Klage geltend gemach- ten Schaden fehle auch bezüg- lich des so genannten vierten Berichts, rechtfertigt die Abwei- sung der auf die Fehlerhaftig- keit dieses Berichts gestützten Klage ebenfalls nicht. Das Gut- achten vom 31. August 1990 konnte die Klägerin in der Mei- nung bestärken, dass der Bo- den der Grundstücke mit kar- zinogenen oder hochgiftigen organischen Stoffen kontami- niert sei und deshalb saniert werden müsse, sodass davon auszugehen ist, dass auch der so genannte vierte Bericht der Beklagten zu 1 dazu beigetra- gen hat, die anderweitige Nut- zung der Grundstücke zu ver- zögern. 5.a) Das Berufungsgericht wird die nach den Ausführun- gen zu 2 bis 4 erforderlichen Feststellungen zu treffen haben und gegebenenfalls die hierzu nötigen Beweise erheben müs- sen. b) Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nicht etwa schon die Zweifel, die das Be- rufungsgericht an einer Einbe- ziehung der Klägerin in den Schutzbereich des zwischen dem ehemaligen Eigentümer und der Beklagten zu 1 abge- schlossenen Gutachtenvertrages gehabt hat, erneut dazu füh- ren können, der Klägerin einen Schadensersatzanspruch wegen Fehlerhaftigkeit des so genann- ten dritten Berichts zu versa- gen. Zutreffend ist das Beru- fungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesge- richtshofes im Falle eines Gut- achtenvertrages für einen Drit- ten, der selbst keinen Anspruch auf die Hauptleistung aus dem Vertrag hat, sich Schutzpflich- ten dann ergeben können, wenn der Auftraggeber das Werk bei einer Person, die über eine be- sondere, vom Staat anerkann- te oder durch einen vergleich- baren Akt nachgewiesene Sach- kunde verfügt (z. B. öffentlich-bestellter Sachver- ständiger, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater), bestellt, um da- von gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen (z.B. BGH, Urt. v. 02.11.1983 – IVa ZR 20/ 82, NJW 1984, 335, 336; Urt. v.. 02;04.1998 – III ZR 245/ 96, NJW 1998, 1948,. 1949). Hieraus kann jedoch nicht ab- geleitet werden, dass ein Gut- achter, in den die Öffentlichkeit nicht, in gleicher Weise die – beispielsweise bei einem öffent- lich-bestellten Sachverständigen berechtigte – Erwartung einer besonders hervorgehobenen Kompetenz, Erfahrung und Zu- verlässigkeit setzen kann, Drit- ten für ihnen schädliche Aus- wirkungen seines Gutachtens schlechthin nicht haften müs- se. Einer solchen Meinung stün- de jedenfalls entgegen, dass die Vertragsfreiheit es den Vertrags- schließenden erlaubt, außer Lei- stungspflichten (vgl. §328 BGB) auch Schutzpflichten zu Gunsten jedes beliebigen Dritten zu be- gründen. Dies kann nicht nur durch namentliche Nennung des Dritten geschehen. Einge- schlossen hiervon ist auch die Möglichkeit, stillschweigend einen Dritten, namentlich den- jenigen zu begünstigen, der jeweils der Sache nach des sich aus dem Vertrag ergebenden Schutzes bedarf (vgl. BGH, Urt. v. 02.11.1983, aa0). Ob ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille besteht, hat der Tatrich- ter nach allgemeinen Ausle- gungsgrundsätzen zu ermitteln (BGH, Urt. v. 02.11.1983, aa0; Urt. v. 26.11.1986 – IVa ZR 86/ 85, NJW 1987, 1758, 1759). Das Berufungsgericht wird deshalb die Zurückverweisung zum Anlass nehmen müssen, die bisher unterbliebene Auslegung des Gutachtenvertrages, der zu dem so genannten dritten Be- richt geführt hat, vorzuneh- men, um zu klären, ob der da- malige Eigentümer und die Beklagte zu 1 die Klägerin kon- kludent in die Schutzpflichten dieses Vertrages miteinbezogen haben. Augenmerk wird hier- bei insbesondere auf den Hin- weis des damaligen Eigentü- mers gelegt werden müssen, wonach ein Bauträger aus dem Großraum F. an den Grundstü- cken interessiert sei und deren Bebauung plane. Es liegt nahe, dass dieser Hinweis nicht nur den Grund für die Vergabe des Gutachtenauftrages angeben sollte, sondern von der Beklag- ten zu 1 bei verständiger Sicht auch dahin verstanden werden musste, das zu erstattende Gutachten solle auch im Inter- esse des dann die zukünftige Bebauung abwickelnden Bau- trägers erstellt werden. c) Sollte sich ergeben, dass die Klägerin in die Schutzpflich- ten des Gutachtenvertrages, der zu dem so genannten dritten Bericht geführt hat, einbezo- gen war und dass das Gutach- ten vom 31. August 1989 mangels Beachtung der geschul- deten Sorgfalt fehlerbehaftet war, wird die Schadenszurech- nung nach Maßgabe der unter 3. aufgezeigten Grundsätze vorzunehmen sein. Dabei wird auch zu erwägen sein, ob nicht ohnehin eine Altlastenerklärung hätte ausgesprochen werden müssen und die mit der Klage geltend gemachten Schäden deshalb insgesamt oder teilweise nicht zu ersetzen sind. Bei der Schadensfeststellung werden insbesondere die nach § 287 ZPO gegebenen Möglichkeiten der Schätzung zu nutzen sein; ferner werden Vorteile, welche die Klägerin auf Grund der Feh- lerhaftigkeit des so genannten dritten Berichts gezogen hat, nach Maßgabe der anerkann- ten Regeln zur Vorteilsausglei- chung zu berücksichtigen sein. Ein Fehler des so genannten vierten Berichts wird nur für die geltend gemachten Schäden von Bedeutung sein, die nicht schon wegen eines Fehlers des so genannten dritten Berichts von der Beklagten zu 1 zu er- setzen sind. d) Das Berufungsgericht wird schließlich § 254 BGB zu beachten haben. Den anderweit bereits in Gang gesetzten Scha- densverlauf beeinflussende Handlungen des Geschädigten, die nicht schon die Zurechnung des Schadens zu dem auslösen-
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