S&E Glossary
Schützen & Erhalten · September 2001 · Seite 18 Die vorbehaltlose Abnah- me einer Bauleistung, also die Abnahme ohne jegliche Einschränkung und ohne geltend ge- machter Bedenken, lässt den Holz- und Bauten- schützer zunächst in einer komfortablen Situation erscheinen. Und doch gibt es eine wenig beachtete Klippe, die noch zum Ver- hängnis werden kann. Die vorbehaltlose Abnahme des Werkes lässt den Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB und § 13 VOB/B unberührt, wenn es sich um die Mängelbesei- tigungskosten handelt. Der auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommene Holz- und Bautenschützer kann sich zu- nächst entspannt zurücklehnen, wenn es sich um die Beseiti- gung solcher Mängel handelt, die dem Auftraggeber bei der Abnahme der Leistungen be- kannt waren. Hat sich der Auf- traggeber nämlich die Ansprü- che auf Mängelbeseitigung bei der Abnahme trotz Kenntnis des Mangels nicht vorbehalten, ver- liert es seine Ansprüche auf – Nachbesserung – Kostenerstattung und Vorschuss – Minderung oder Wandlung In der Regel sind die Beteilig- ten der Auffassung, dass der Auftraggeber bei vorbehaltlo- ser Abnahme Ansprüche gegen- über dem Holz- und Bauten- schützer wegen des bei der Abnahme nicht gerügten oder bekannten Mangels verloren hätte. Das ist jedoch nicht so. Der Bundesgerichtshof hat 1980 in einer Grundsatzentscheidung klargestellt, dass der Auftrag- geber auch nach vorbehaltlo- ser Abnahme nicht ohne jeden Anspruch bezüglich eines nicht gerügten oder bekannten Man- gels gegenüber dem Unterneh- mer ist. Die Klarstellung des BGH besagt, dass der wegen der vor- behaltlosen Abnahme eingetre- tene Rechtsverlust sich nur auf die Ansprüche auf Mangelbesei- tigung, also Nachbesserung, Kostenerstattung beziehungs- weise Minderung oder Wandlung beschränkt. Die vorbehaltlose Abnahme führt nämlich nicht zum Untergang des Schadens- ersatzanspruches, den der Auf- traggeber gegenüber dem Un- ternehmer gemäß § 635 BGB bzw. § 13 Nr. 7, Abs. 1 VOB/B hat. Der Anspruch auf – Schadensersatz besteht weiter. Dies ist der Fallstrick. Der An- spruch auf Schadensersatz be- DIE FACHBEREICHE Bauten- und Gewässerschutz Schadensersatzansprüche bei vorbehaltloser Abnahme? steht trotz vorbehaltloser Ab- nahme weiter. Mangelbeseiti- gungskosten können bis zum Ablauf der Gewährleistungsver- pflichtung geltend gemacht werden. Dem Besteller kann somit Schadensersatzanspruch in Höhe der Mängelbeseiti- gungskosten zustehen. Fazit Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Auftraggeber nicht etwa anspruchslos gegenüber dem Holz- und Bautenschützer ist, wenn bekannte Mängel gegen- über dem Unternehmer bei der Abnahme nicht gerügt und die entsprechenden Ansprüche vor- behalten werden. Der Auftrag- geber ist also nicht gehindert, wegen der ihm bekannten Män- gel auch nach der Abnahme und trotz unterlassenen Vorbehalts, Schadensersatz geltend zu ma- chen. Es ist also festzuhalten, dass die Unterlassung eines Vorbe- haltes den Auftraggeber zwar im Grundsatz die Gewährleistungs- rechte für die Zeit nach der Abnahme abschneidet, dass der Auftraggeber aber nicht gehin- dert ist, Schadensersatz nach § 13 Nr. 7 VOB/B oder nach den gesetzlichen Bestimmungen zu verlangen. Die Durchsetzung von Scha- densersatzansprüchen im obi- gen Sinne setzt ein – Verschulden des Unternehmers voraus. Die Mangelbeseitigungsansprüche hingegen sind grundsätzlich verschuldensunabhängig. Ein Mangel ist immer dann auf das Verschulden des Unter- nehmers zurückzuführen, wenn ein Mangel vom Holz- und Bau- tenschützer vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wurde. Leichte Fahrlässigkeit – und somit ein Verschulden in aus- reichendem Maß – wird dem Unternehmer in den allermei- sten Fällen zur Last gelegt wer- den können. Dem Holz- und Bautenschüt- zer muss daher bewusst sein, dass er auch nach einer Abnah- me ohne Mangelvorbehalte An- sprüchen des Bestellers auch wegen solcher Mängel ausge- setzt bleibt, die bei der Abnah- me bekannt waren. Zum Glück werden diese Zusammenhänge – also die Geltungmachung von Schadensersatzansprüchen – nur wenigen Auftraggebern und auch vielen Anwälten nicht be- kannt sein. Ob eine ordentlich dokumentierte Abnahme die Lösung ist, mag jeder Holz- und Bautenschützer für sich ent- scheiden. Dieter Pietsch Anzeigenschluss für die Dezember-Ausgabe ist am 9. November 2001.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=