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Schützen & Erhalten · Dezember 2000 · Seite 14 der Regelungen wird sich erst in der Praxis erweisen. Jedenfalls kann der Auftraggeber beide Ver- fahrensmöglichkeiten wählen; die Regelungen stehen selbststän- dig nebeneinander. Die Kompli- ziertheit und die beschränkte Wirkung der Fertigstellungsbe- scheinigung wie auch die Kosten werden die Fertigstellungsbe- scheinigung wohl in den Hinter- grund treten lassen. A Abnahme durch Frist- ablauf nach § 640 Abs.1 Satz 3 BGB .... 2. Endgültige und grund– lose Abnahmeverweige- rung und die Fertigs- tellungsbescheinigung Verweigert der Besteller die Abnahme endgültig und grund- los, bedarf es für die Bejahung der Fälligkeit der Werklohnforde- rung einer Abnahme überhaupt nicht. Der Auftragnehmer kann nach der Rechtsprechung sofort auf Zahlung seiner Vergütung klagen. Im Übrigen ist die Man- gelfrage damit freilich nicht ge- löst; auf vorhandene Mängel kann sich der Auftraggeber gegenüber der so fällig gestellten Forderung durchaus berufen. Für das zur Fertigstellungsbescheinigung durch einen Sachverständigen führende Verfahren besteht je- doch kein Bedarf, es sei denn, die Wirkung der endgültigen und ernsthaften Abnahmeverweige- rung wird auf den Eintritt der Fälligkeit beschränkt und der Fer- tigstellungsbescheinigung des Sachverständigen werden wegen der in § 641a BGB begründe- ten Gleichstellung mit der Ab- nahme weiter gehende Wirkun- gen beigemessen. B Die Fertigstellungsbe- scheinigung(§ 641a BGB) des Sachverständigen § 641a BGB macht vom Um- fang her eine gewichtige Stelle im Rahmen der Neuregelung aus. Denn die eingeschobene Bestim- mung mit ihren fünf Absätzen nimmt eine gesamte Spalte ei- ner DIN A4 Seite für sich in An- spruch. Trotz des Umfangs ist die Regelung unvollständig; sie ent- hält zahlreiche Lücken, was den Sachverständigen zu Sorgfalt zwingt. Das beginnt damit, un- ter welchen Voraussetzungen es überhaupt zu diesem Verfahren kommen kann und setzt sich bei der Auftragserteilung wie auch bei der Abwicklung und der Ab- fassung der Fertigstellungsbe- scheinigung fort. Die Erweite- rungsmöglichkeit um eine Art Ab- rechnungsbescheinigung kommt hinzu. ..... III. Neuregelung des § 641 a 8GB A Gesetzeswortlaut Die Bestimmung hat folgen- den Wortlaut: (1) Der Abnahme steht es gleich, wenn dem Unternehmer von einem Gutachter eine Be- scheinigung darüber erteilt wird, dass 1. das versprochene Werk, im Fall des § 641 Abs.1 Satz 2 auch ein Teil desselben, hergestellt ist und 2. das Werk frei von Mängeln ist, die der Besteller gegenüber dem Gutachter behauptet hat oder die für den Gutachter bei einer Besichtigung feststellbar sind. (Fertigstellungsbescheini- gung). Das gilt nicht, wenn das Verfahren nach den Absätzen 2 bis 4 nicht eingehalten worden ist oder wenn die Voraussetzun- gen des § 640 Abs.1 Satz 1 und 2 nicht gegeben waren; im Streit- fall hat dies der Besteller zu be- weisen. § 640 Abs.2 ist nicht anzuwenden. Es wird vermutet, dass ein Aufmaß oder eine Stundenlohn- abrechnung, die der Unterneh- mer seiner Rechnung zu Grun- de legt, zutreffen, wenn der Gutachter sie in der Fertigstel- lungsbescheinigung bestätigt. (2) Der Gutachter kann sein 1. ein Sachverständiger, auf den sich Unternehmer und Be- steller verständigt haben, oder 2. ein auf Antrag des Unter- nehmers durch eine Industrie- und Handelskammer, eine Hand- werkskammer, eine Architekten- kammer oder eine Ingenieur- kammer bestimmter öffentlich bestellter und vereidigter Sach- verständiger. Der Gutachter wird vom Un- ternehmer beauftragt. Er ist die- sem und dem Besteller des zu begutachtenden Werkes gegen- über verpflichtet, die Bescheini- gung unparteiisch und nach be- stem Wissen und Gewissen zu erteilen. (3) Der Gutachter muss min- destens einen Besichtigungster- min abhalten; eine Einladung hierzu unter Angabe des Anlasses muss dem Besteller mindestens zwei Wochen vorher zugehen. Ob das Werk frei von Mängeln ist, beurteilt der Gutachter nach ei- nem schriftlichen Vertrag, den ihm der Unternehmer vorzulegen hat. Änderungen dieses Vertra- ges sind dabei nur zu berück- sichtigen, wenn sie schriftlich vereinbart sind oder von den Ver- tragsteilen übereinstimmend ge- genüber dem Gutachter vorge- bracht werden. Wenn der Vertrag entsprechende Angaben nicht enthält, sind die allgemein an- erkannten Regeln der Technik zu Grunde zu legen. Vom Besteller geltend gemachte Mängel blei- ben bei der Erteilung der Be- scheinigung unberücksichtigt, wenn sie nach Abschluss der Besichtigung vorgebracht werden. (4) Der Besteller ist verpflich- tet, eine Untersuchung des Wer- kes oder von Teilen desselben durch den Gutachter zu gestat- ten. Verweigert er die Untersu- chung, wird vermutet. dass das zu untersuchende Werk vertrags- gemäß hergestellt worden ist: die Bescheinigung nach Absatz 1 ist zu erteilen. (5) Dem Besteller ist vom Gutachter eine Abschrift der Be- scheinigung zu erteilten. In Ansehung von Fristen, Zinsen und Gefahrübergang treten die Wirkungen der Bescheinigung erst mit ihrem Zugang beim Be- steller ein.“ B Zeitlicher Anwendungs-/ Geltungsbereich Die Vorschrift ist nach Art. 229 EGBGB nur für solche Ver- träge anwendbar, die nach dem 1.5.2000 geschlossen wor- den sind. Fertigstellungsbeschei- nigungen setzen also voraus. dass es sich um Neuverträge (nach dem 1.5.2000 geschlos- sen) handelt und nicht um Alt- verträge (vor dem 1.5.2000 ge- schlossen). Praxiskonsequenz für den Sachverständigen: Wird der Sachverständige von dem Un- ternehmer mit der Erteilung einer Fertigstellungsbeschei- nigung beauftragt, ist als Er- stes zu prüfen, ob der zu Grunde liegende Vertrag vor oder nach dem 1.5.2000 ge- schlossen worden ist. 1. Gesetzliche Regelung nach Art. 229 EGBGB .... Der Sachverständige muss darauf hinweisen, dass die Er- teilung einer Fertigstellungsbe- scheinigung ausscheidet, wenn der Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und Unternehmer ein Altvertrag zu Grunde liegt. Besteht der Auftragnehmer, der nach § 641 a Abs.2 8GB als Auf- traggeber einer Fertigstellungs- bescheinigung in Betracht kommt, auf der Erstellung eines Gutachtens, sollte der Gutach- ter darauf aufmerksam machen, dass es sich dann um ein ge- wöhnliches Privatgutachten han- delt, das die Wirkungen der rechtsgeschäftlichen Abnahme nicht auszulösen vermag. Der Eintritt der Abnahme beurteilt sich dann nach den sonst in Be- tracht kommenden Rechtsgrund- lagen, jedenfalls nicht nach § 641a BGB. 2. Anwendung kraft Vereinbarung der Vertragspartner Eine andere Frage ist, ob die Vertragspartner einvernehmlich die Anwendbarkeit der Neurege- DIE FACHBEREICHE Sachverständige
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