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Schützen & Erhalten · Dezember 2000 · Seite 17 A Fertigstellungsbeschei- nigung und Urkunden- prozess Das eröffnet nach der Vor- stellung des Gesetzgebers dem Unternehmer den Weg in den Urkundenprozess zur Durchset- zung seines Anspruchs. Er kann den Rechtsgrund durch Vorlage eines schriftlichen Vertrags be- weisen und die Fälligkeit des Anspruchs durch die Fertigstel- lungsbescheinigung. Die An- spruchshöhe belegt er durch die Rechnung als weitere Urkunde. Der Unternehmer hat damit – wie die Entwurfsbegründung ausführt – ein schneidiges Mittel zur Durchsetzung seiner Forderun- gen in der Hand, das nur dann gerechtfertigt ist, wenn der An- spruch zuvor ernsthaft und ef- fektiv auf seine wirkliche Berech- tigung geprüft worden ist. Das soll durch das Gutachterverfah- ren nach § 641a BGB sicherge- stellt werden. Im Urkundenpro- zess hat der Auftraggeber nur die Möglichkeit, einerseits Einwen- dungen zu erheben, die eben- falls durch Urkunden belegt sind. Daran wird die Verteidigung des Auftraggebers meist scheitern, weswegen er darauf verwiesen wird. seine Gegenrechte im Nach- verfahren geltend zu machen. B Rechtsfolgen der erteil- ten Bescheinigung Wenn dem Auftraggeber da- mit auch die Möglichkeit bleibt, im Nachverfahren seine Rechte geltend zu machen, darf aber nicht außer Acht gelassen wer- den, dass die Fertigstellungsbe- scheinigung wegen der Gleich- stellung mit der Abnahme recht- lich gesehen sämtliche Wirkungen der rechtsgeschäftlichen Abnah- me auslöst. Das betrifft nicht nur die Fälligkeit des Werklohns, son- dern auch die Beweisbelastung des Auftraggebers für das Vor- liegen von Mängeln. Die erteil- te Fertigstellungsbescheinigung ändert also die Beweislast. Die erteilte Fertigstellungsbe- scheinigung stärkt damit die Position des Unternehmers er- heblich. Der Auftraggeber/Bestel- ler wird erheblich belastet. Ihm wird nach § 641a Abs.1 Satz 2 BGB sogar die Beweislast dafür aufgebürdet, dass die Verfahrens- voraussetzungen nach § 641a Abs.2-4 BGB nicht eingehalten worden sind und dass entgegen den Ausführungen in der Fer- tigstellungsbescheinigungnicht unwesentliche Mängel vorliegen. C Haftungsgefahren Erteilt der Gutachter die Fer- tigungsbescheinigung und gelingt es später im Verfahren dem Be- steller nachzuweisen, dass nicht unwesentliche Mängel vorhanden sind und/oder Verfahrensmängel vorliegen, bekommt der Gutachter ein Problem. Denn dann schei- tert der Anspruch ganz oder teil- weise, was für den Unternehmer mit entsprechenden Kostenfolgen verbunden ist. Der Unternehmer wird sich bemühen , diese Ko- sten bei dem Gutachter zu liqui- dieren. Die Schadensersatzpflicht des Gutachters entscheidet sich nach den zu § 635 BGB gelten- den Kriterien, nämlich ob die Frei- stellungsbescheinigung fahrlässig unrichtig erteilt worden ist. Da- bei sind Beurteilungsspielräume zu berücksichtigen, die sich dar- aus ergeben, dass der Gutach- ter die Fertigstellungsbescheini- gung nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen oder zu versagen hat. Fazit: „Ganz so einfach wie es zuerst aussah ist es nicht solche gutachterlichen Lei- stungen zu erbringen. Das Erteilen einer Fertigstel- lungsbescheinigung bedarf äußerst gewissenhafter gut- achterlicher Arbeit. Es ist bestimmt kein Geschäftsfeld, das „so nebenbei“ erledigt werden kann.“ 1 entnommen aus den Vortragsunter- lagen des 36. BAUSACHVERSTÄNDIGEN-TAG vom 15./16. Sept. 2000, Frankfurt – Vor- tragsfassung von Prof. Dr. Gerd MOTZKE, Vorsitzender Richter am OLG – Titel: „Das Gutachterverfahren nach dem Beschleuni- gungsgesetz vom 1. Mai 2000“ – Veran- stalter: GdB gesellschaft des Bauwesens e.V., Düsseldorfer Str. 40 (RKW-Haus), 65760 Esch- born, Tel.: 0 61 96/4 31 43 2 hier gemeint ist die Abnahme durch Fristablauf die der Fertigstellungsbeschei- nigung gegenübersteht DIE FACHBEREICHE Sachverständige IV. Folgen und Gefahren der Fertigstellungs- bescheinigung Die Fertigstellungsbescheini- gung wird der rechtsgeschäftli- chen Abnahme gleichgestellt. Damit belegt diese Urkunde die Fälligkeit des Werklohns. tigstellungsbescheinigung oder deren Verweigerung gleichsam das Ergebnis der Begutachtung und des Begutachtungsganges bildet. Dort heißt es: „Der Aus- schuss ist der Ansicht, dass die Fertigstellungsbescheinigung nur bei mangelfreier Herstellung des Werks zugelassen werden sollte. Auch in dem Fall, dass der Gut- achter die Mangelfreiheit des Werks nicht feststellen kann und deshalb die Erteilung der Fertig- stellungsbescheinigung verwei- gert, trägt das Verfahren zur Beschleunigung bei. Es kann er- wartet werden, dass die Unter- nehmer in einer Vielzahl von Fällen die vom Sachverständigen festgestellten Mängel beseitigen. Entweder ist der Besteller dann zur Abnahme des Werks bereit oder der Unternehmer kann nach erfolgter Nachbesserung vom Gutachter die Fertigstellungsbe- scheinigung erhalten.“ Praxisratschlag: Das Gutach- ten führt zu einem Ergebnis, nämlich entweder wird die Fertigstellung und damit auch die Mangelfreiheit bescheinigt oder die Erteilung dieser Be- scheinigung wird wegen feh- lender Herstellung oder Man- gelfreiheit (es liegen nicht unwesentliche Mängel vor) abgelehnt. c) Auseinandersetzungs- aspekte – Prüfungs- maßstab Die Frage der Herstellung und der Mangelfreiheit beurteilt sich nach den schriftlichen Vertrags- grundlagen. Fehlen insoweit Aussagen hinsichtlich der Maß- stabsfrage sind die Herstellung und die Mangelfreiheit nach Maßgabe der allgemein aner- kannten Regeln der Technik zu beurteilen. Der Vorschrift geht es nach ihrem Regelungsinhalt al- lein um die Fertigstellung und das Fehlen von nicht wesentli- chen Mängeln. Die gesetzliche Re- gelung interessiert nicht, wer technisch die Ursache gesetzt hat., auf die vertragswidrig wel- cher Leistung das Mangelbild zu- rückgeht und wen damit letzt- lich die Verantwortung für die festgestellten Mängel trifft. Die attestierte Mangelfreiheit = Fer- tigstellungsbescheinigung be- gründet die Fälligkeit wegen der Gleichstellung mit der Abnahme. Werden nicht unwesentliche Mängel festgestellt, treten die Ab- nahmewirkungen nicht ein, gleichgültig wer die Ursache hier- für gesetzt hat und wer recht- lich hierfür die Verantwortung trägt. Das ist ein merkwürdiges und befremdendes Ergebnis; denn ist eine Mangelerscheinung einem Auftragnehmer nicht zu- rechenbar, ist die Werkleistung des Auftragnehmers abzuneh- men und zu vergüten. Die Ur- sache des Mangels kann zum Beispiel im Planungsbereich oder in sonstigen Vorgaben des Auf- traggebers liegen, was jedoch nach dem Gesetzestext hinsicht- lich der Erteilung der Mangelfrei- heitsbescheinigung bedeutungs- los ist. Allein der Mangel des Werks zählt, die „Mangelher- kunft“ ist ohne Stellenwert. Die Begutachtung ist deshalb auf die „reine Mangelfrage“ ohne technischen Ursachenzusammen- hang und rechtliche Verantwort- lichkeitsüberlegungen reduziert. Praxisfolge: Das Gutachten hat sich mit Ursachen und Verantwortlichkeiten nicht zu befassen, sondern lediglich damit, ob der Ist-Zustand vom vertraglichen Sollzustand oder Sollzustand nach den allge- mein anerkannten Regeln der Technik abweicht und ob sich hieraus Beeinträchtigungen im Wert oder in der Ge- brauchstauglichkeit ergeben.
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