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Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 10 Fachbereiche Holzschutz Der Gescheckte Nagekäfer ( Xestobium rufovillosum) – ein Trockenholzinsekt oder ein Feuchtholzinsekt? Fast alle Holzinsekten zeichnen sich durch ein ausgeprägtes Wahlvermögen gegenüber dem Zustand des Holzes aus. Nach VITÉ (1952) lassen sich mit den Frischholzinsekten, Trockenholzinsekten, Feuchtholzinsekten und Faulholzinsekten vier ökologische Gruppen voneinander unterscheiden (Bild 1). Zu berücksichtigen ist, dass es hierbei etliche Übergänge gibt und zahlreiche Holzinsekten in ihrer Substratbindung recht plastisch sind. Im Einzelnen lassen sich die Gruppen wie folgt charakterisieren: Bei den Frischholzinsekten handelt es sich um Waldinsekten, die zu ihrer Entwicklung die na- türliche Saftfrische des Holzes benötigen. Zudem sind sie bis auf wenige Ausnahmen auf berindetes Holz angewiesen. Artabhängig leben die Larven in lebenden gesunden Bäumen, geschwächten, kränkelnden (= anbrüchigen) Bäumen (primäre Frischholzinsekten), im frisch gefällten Holz so- wie im abtrocknenden, aber noch ausreichend saftfrischen Holz der Lagerplätze (sekundäre Frischholzinsekten). Nach dem Austrocknen des Holzes finden die Larven der Frischholzinsekten – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine geeigneten Lebens- bedingungen mehr vor. Auch kann einmal abgetrocknetes Holz nach Verlust seiner natürlichen Saftfrische selbst bei Wiederbe- feuchtung nicht erneut befallen werden. Trockenholzin- sekten befallen das lufttrockene Werk- und Bauholz und können im Unterschied zu den Frischholzinsek- ten mehrere bis viele Generationen hindurch in demselben Holz bis zu seiner weit- gehenden oder völ- ligen Zerstörung tätig sein. Sie stellen so- mit die eigentlichen technischen Schäd- linge des Holzes dar. Artabhängig sind für das Larvenwachstum Holzfeuchten von 7–12% ausreichend. Jedoch entwickeln sich die Larven umso rascher, je hö- her die Luftfeuchtigkeit und damit die Holz- feuchte sind. Zumeist liegen die optimalen Be- dingungen im Bereich der Fasersättigung, d. h. bei Holzfeuchten von 28–30%. Feuchtholzinsekten sind grundsätzlich auf nachhaltig höhere Holzfeuchtegehalte oberhalb des Fasersättigungsbereiches angewiesen. Damit verbunden ist ein beginnender, zumeist aber ein fortgeschrittener Befall durch holzzerstörende Pilze, womit das Holz bereits mehr oder weni- ger stark vorgeschädigt ist. Feuchtholzinsekten tragen damit weniger zur technischen Entwer- tung des Holzes bei, als dass sie vielmehr den Abbau des Holzes beschleunigen. Das heißt, die eigentliche Ursache der Zerstörung liegt in den Bedingungen, die erst die Entwicklung holzzer- störender Pilze ermöglicht haben. Auf die Feuchtholzinsekten folgen schließ- lich in der Finalphase der Holzzersetzung als ausgesprochene Faulholz- und Moderfresser die Faulholzinsekten . Eine eindeutige Abgrenzung zwischen Feuchtholzinsekten und Faulholzin- sekten ist allerdings nicht immer möglich, da verschiedene Käfer dieser beiden ökologischen Gruppen sich durch eine recht große Plastizität auszeichnen. Nach allgemein gültiger Lehrmeinung war der Gescheckte Nagekäfer (Bilder 2 und 3) gleich verwandten Nagekäfern, wie dem Gemeinen Na- gekäfer und dem Gekämmten Nagekäfer, seit dem von VITÉ (1952) verausgabten Buch über die holzzerstörenden Insekten Mitteleuropas − zweifellos eines der fundiertesten Fachbücher über Holzinsekten − den Trockenholzinsekten zugeordnet. Abweichend hiervon wird in jün- geren Fachveröffentlichungen (u. a. HAUSTEIN und HAUSTEIN 2015) wie auch im Handbuch zur Sachkundeausbildung Holzschutz am Bau, Kapi- tel 2B Holzschäden durch Insekten (6. Auflage, Stand 2016), der Gescheckte Nagekäfer zu den Feuchtholzinsekten gestellt. Vermehrt findet sich diese Darstellung zwischenzeitlich auch im In- ternet, wo einer vom anderen ohne Kenntnis der Fachliteratur abschreibt. Dieser Zuordnung ist in Frischholz insekten Holzbrütende Borkenkäfer, Kernholzkäfer, Holzwespen, Fichtenböcke, Scheibenböcke Trockenholz- insekten Hausbockkäfer, Nagekäfer (Anobiiden), Splintholzkäfer, Scheibenböcke Feuchtholz- insekten Rothalsbock, Mulmbock Holzbohrrüssler Scheinbock- käfer Faulholz insekten Balkenschröter Schnellkäfer Bau- und Werkholz- Schädlinge in stehenden Bäumen im lagernden, noch saftfrischen Holz im verbauten, trockenen Holz im verbauten, trockenen, pilzgeschädigten Holz im verbauten, nachhaltig der Nässe ausgesetzten Holz; mit beginnender bis fortgeschrittener Fäule im faulen, schon stark zersetzten (= vermorsch- ten) Holz mit hoher Feuchte Bild 1. Einteilung der Holzinsekten in ökologische Gruppen nach ihrem Auftreten in Abhängigkeit von der Zustandsform des Holzes und ihre Bedeutung als Bau- und Werkholzschädlinge. Quelle: D. Grosser Es schreibt für Sie: Dr. Dietger Grosser Akadem. Direktor i. R. Jean-Paul-Richter-Str. 29 81369 München Telefon: 089-7140889 E-Mail: id.grosser@t-online.de Bild 2. Gescheckter Nagekäfer, geschlüpft aus einem lufttrockenen Befallsholz. Mit einer Körperlänge von 5 bis 9 mm ist er die größte Art unter den einheimischen Nagekäfern.
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