S&E Glossary

Einem gerichtlichen Sachverständigen sollte im Nachhinein das Honorar auf „null“ gekürzt werden Sachverständige in gerichtlichen Verfahren sind immer häufiger Zielscheibe, wenn es darum geht, dem Ausgang des Verfahrens noch einen „positiven Anstrich“ zu geben. Im nachfolgend wiedergegebenen Fall hat 1,5 Jahre nach Abgabe des Gutachtens und der Stellung der Honorarrechnung durch den beauftragten SachverständigenB. die Klägerin beantragt, wegen grober Fahrläs- sigkeit des SachverständigenB. in seinem Gutachten seine Rechnung auf „null“ festzusetzen. Das zuständige Amtsgericht in Münster (Az.: 28 C 391/11) hat diesen Antrag abgelehnt, da die Vergütung des Sachverständigen B. den gesetzlichen Vorschriften des JVEG entspricht. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Beschwerde beim zuständigen LG Münster ein. Die Unzulässigkeit des Antrages der Klägerin wurde vom LG Münster (Az.: 05 T 182/15) bestätigt. Zur Sache: Begründet wurde der Antrag an das AG Müns­ ter durch die Klägerin damit, dass das Gutachten des Sachverständigen B. aufgrund einer groben Fahrlässigkeit unbrauchbar sei. Die grobe Fahr- lässigkeit sei begründet in der Anzahl bei der Probenauswahl von Parketthölzern, die labor- technisch auf Schimmelbelastungen untersucht werden sollten. Die Klägerin hatte die Parketthölzer von der Beklagten gekauft und bei einer Kundin verlegt. Bei der Oberflächenbehandlung nach dem Verle- gen wurden an mehreren Parketthölzern Verfär- bungen auf den Oberflächen sichtbar. Aufgrund dieser Verfärbungen kam es zur Klage. Im Be- weisbeschluss wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob die Parketthölzer schimmel- belastet sind. Diese Teilfrage sollte durch den SV beantwortet werden. Eine Probennahme an dem verlegten Parkett war nicht möglich, da der Kunde der Klägerin dieses verweigerte. Er hatte sich im Vorfeld mit der Klägerin geeinigt und somit kein Interesse an weiteren, wahrschein- lich auch zerstörerischen Untersuchungen an den verlegten Hölzern. Für die Untersuchungen blieben 30 Parkett- stäbe übrig, die als Restbestand bei der Klägerin verblieben waren. Nach Erhalt der Parkettstäbe hat der Sachverständige zuerst eine optische Untersuchung durchgeführt, bei der keine Hin- weise auf Schimmelbewuchs erkennbar waren. Zur Überprüfung und Absicherung dieses Ergeb- nisses hat er dann zusätzlich 3 Proben aus den 30 Stäben nach dem Zufallsprinzip ausgesucht und durch ein auf Schimmel spezialisiertes Labor weitergehend auf Schimmelbelastungen untersu- chen lassen. Bei diesen Untersuchungen wurden keine Hinweise auf Schimmelbelastungen fest- gestellt. Diese Vorgehensweise hat der Sachver- ständige in seinem Gutachten auch so dargelegt, gleichzeitig aber auch angeboten, wenn es von den Verfahrensbeteiligten gewünscht wird, auch die anderen Proben labortechnisch untersuchen zu lassen. Ein solcher Wunsch wurde von keiner Partei geäußert. 1,5 Jahre nach Abgabe des Gutachtens ist dann o. g. Antrag der Klägerin beim AG Münster eingegangen. Die Klägerin bezieht sich in ihrer Antragsbegründung ausschließlich auf die Pro- benauswahl (3 von 30 nach dem Zufallsprinzip) für die weitergehenden Laboruntersuchungen, die nach ihrer Auffassung keine Aussagekraft haben, da die Fehlerwahrscheinlichkeit bei 25% liege. „Auch ohne mathematische Kenntnisse liegt es auf der Hand und ist einleuchtend, dass eine Ver- suchsreihe mit drei Beprobungen ohne Aussage- kraft ist.“ Diese Fehlerwahrscheinlichkeit sei mit Schulwissen belegbar. Weiterhin wurde von Klä- gerinnenseite ausgeführt: „Es gehört zum kleinen 1×1 der Sachverständigentätigkeit, Versuchsreihen mit einem aussagekräftigen Stichprobenvarianz durchzuführen. Verkennt ein Sachverständiger, dass eine von ihm durchgeführte Versuchsreihe eine Fehlerwahrscheinlichkeit von 25% aufweist, stellt dieses einen gravierenden handwerklichen Mangel dar und führt zu einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung.“ Der Sachverständige B. wurde vom AG Mün- ster aufgefordert, zu dem Antrag der Klägerin Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme wies der Sachverständige B. darauf hin, dass die eigentlichen Untersuchungen an den Pro- ben seine optischen Inaugenscheinnahmen ge- wesen sind. Die Laboruntersuchungen an drei zufällig ausgewählten Proben durch ein Spezi- allabor dienten nur der Absicherung der zuvor erhaltenen Ergebnisse. Weiterhin wies der SV daraufhin, dass aus seiner fachlichen Sicht die Auswahl von drei Proben im vorliegenden Fall ausreichend ist. Eine Berechnung der Probenan- zahl nach statisch mathematischen Grundlagen durchzuführen, hält er im vorliegenden Fall (Ab- sicherung der Ergebnisse der eigentlichen Unter- suchung) für nicht erforderlich und auch nicht für zielführend. Weiterhin führte er an, dass er in seinem Gutachten die labortechnische Un- tersuchungen auch der anderen 27 Parkettstä- be angeboten habe, was aber von den Parteien nicht gefordert wurde. Das AG Münster (wie später auch das LG Mün- ster) hat dem Antrag des SachverständigenB. (die Stellungnahme des SachverständigenB. wurde als Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung gewer- tet) entsprochen. In der Begründung heißt es: „Die Vergütung des Sachverständigen B. entspricht ebenfalls [Anmerkung des Autors: In gleicher Sache wurde von der Klägerin auch beantragt, die Rechnung eines anderen Sachverständigen auf „null“ festzusetzen, was ebenfalls abgelehnt wurde.] den gesetzlichen Vorschriften des JVEG. Die abgerechneten Zeiten sind nachvollziehbar. Das Gutachten ist auch nicht unverwertbar. Die von der Klägerin vorgetragene Fehlerwahrschein- lichkeit, die mit Schulwissen belegt wurde, sowie die eingewandte grobe Fahrlässigkeit überzeugen nicht. Die Klägerin hat regelmäßig auf das Wirt- schaftlichkeitsgebot und kostenreduzierende Maß- nahmen hingewiesen, so z. B., dass die aus der Charge vorhandenen Hölzer auf Schimmelspuren untersucht werden sollen, vgl. Bl. 130 d. A. Der Sachverständige hat sodann ausführlich über sei- ne Vorgehensweise und das Kostenrisiko aufge- klärt. Es erscheint nicht sachgerecht, später den Umfang der vorher abgeklärten Untersuchung zu rügen und aus dem Gebot, die Kosten möglichst niedrig zu halten, eine nicht ausreichende und daher mangelhafte Begutachtung zu konstruie- ren. In seiner in diesem Verfahren erfolgten Anhö- rung hat der Sachverständige mit Schreiben vom 09.02.2015 nochmals ausgeführt, dass [die] vor der chemischen Prüfung von 3 Parkettstäben eine Sichtprüfung aller Stäbe erfolgt ist, die keinerlei Hinweis auf eine Schimmelbildung geliefert hat, wie sie bei einer Belastung erwartbar gewesen wäre. Zudem war bereits im schriftlichen Gut- achten eine weitere Untersuchung angeboten, allerdings von keiner Partei gefordert worden.“ Es ist gut zu wissen, dass die Gerichte sich nicht von solchen Anträgen beirren lassen. Der Vorwurf der „groben Fahrlässigkeit“ ist so erheb- lich, dass man im Vorfeld sehr genau abschätzen sollte, ob er denn auch zutreffen kann. Ihn ein- fach ohne große Substanz ins „Feld zu werfen“, gibt einem doch schon zu denken, was zukünf- tig noch zu erwarten ist. Fachbereiche Sachverständige Es schreibt für Sie: Dipl. Holzwirt Georg Brückner Fachbereichsleiter Sachverständige Roggenkamp 7a · 59348 Lüdinghausen Telefon: (0 2591) 949653 Fax: (02591) 949654 E-Mail: brueckner@dhbv.de Schützen & Erhalten · Juni 2015 · Seite 20

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