S&E Glossary

Fachbereiche Schimmelpilze zuständigen Landesgesundheitsämter, Landeshy- gieneinstitute bzw. Landesämter für Gesundheit und Soziales (LAGUS) vertreten. Diese legen also die dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Maßnahmen fest, überwachsen diese und nehmen letztendlich auch die Baulei- stung unter diesem Aspekt ab. (7) Dabei gilt auch hier: sorgsamer und mit den Verantwortlichen abgesprochener Einsatz von Desinfektionsmit- teln, eine fachkundig durchgeführte Feinreini- gung, die Verwendung emissionsarmer Baustoffe und Schaffung hochglatter, leicht zu reinigender Oberflächen, welche zudem chemikalien- und desinfektionsmittelstabil sein müssen. Auch hier nun die Frage: Wie sieht es denn mit niedergelassenen Praxen aus? Auch diese ha- ben einen öffentlichen Versorgungsauftrag und unterliegen ebenfalls der Krankenhaushygiene- verordnung, welche dann landesrechtlich umge- setzt wird. In Mecklenburg Vorpommern unter- liegen alle niedergelassenen Heilberufe den An- ordnungen des LAGUS, in NRW der hauseigenen Hygienekommission. In einem Gespräch mit dem bereits zitierten Rechtsanwalt Lerch (2) habe ich genau diese Frage gestellt und mir erklären lassen, wie das denn so läuft mit den niedergelassenen Praxen: Die Bewertung der Schimmelpilzschäden hat analog der Begutachtung von Wohnräumen zu erfolgen (also vergleichbar mit der Situation in Kindergärten). Damit ergibt sich auch (für den Sachverständigen oder Ausführenden) keinerlei Handlungsspielraum, um erkennbare Missstän- de, z. B. beim Gesundheitsamt, anzuzeigen. Es bleibt nur die Bedenkenanmeldung beim Auftrag- geber. Ein Tipp von Herrn Lerch war, ordentlich mit Anzeige zu drohen, dies aber nicht in die Tat umzusetzen, weil man damit die sich aus dem Werkvertrag ergebenen Pflichten verletzt. Eine äußerst unbefriedigende Situation. Zumal gera- de in niedergelassenen Praxen (und das scheint nicht nur meine Erfahrung zu sein) häufig sehr lax mit Schimmelpilzschäden umgegangen wird. Eine Möglichkeit, dies zu umschiffen, ist von vorneherein auf den Auftraggeber einzuwirken, die Gesundheitsämter etc. mit einzubeziehen. Sonderfall Lebensmittelindustrie Jetzt wird’s endlich mal einfach, denn in diesem Sektor ist alles ganz wunderbar geregelt. Das fängt auf EU-Ebene an mit der sog. Maschi- nenrichtlinie: 98/37/EG (vom 22. Juni 1998, ab 29.12.2009: 2006/42/EG) sowie die zugehörigen Verordnungen (EG) 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der europä- ischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und der Festlegung der Verfahren zur Lebensmittelsi- cherheit, Verordnung (EG) 852/2004 über Lebens- mittelhygiene, Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu be- stimmt sind mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen; Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (Geräte- und Produkt- sicherheitsgesetz – GPSG, 9. Verordnung – Ma- schinenverordnung) Lebensmittel-, Bedarfsge- genstände und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), Le- bensmittel-Hygieneverordnung (LMHV) sowie den DIN EN 1672-2: 2005 Nahrungsmittelma- schinen, Allgemeine Gestaltungsleitsätze, Teil 2: Hygieneanforderungen und DIN ISO 14159: 2008, Sicherheit von Maschinen – Hygienean- forderungen an die Gestaltung von Maschinen. Doch, doch: Wir sind noch bei Schimmelpilz- schäden. Auch wenn bei der Hygienebewertung und somit auch bei Schimmelpilzbefällen im Lebensmittelbereich oftmals das Veterinäramt der behördliche Ansprechpartner ist. Der Vorteil der ganzen Verordnungen, Normen etc. ist, dass detailgenau vorgeschrieben ist, wie hygienische Oberflächen auszusehen haben und zwar gilt dies für den umhüllenden Baukörper in gleicher Wei- se wie für die Lebensmittelmaschinen an sich. Das Ganze nennt sich dann HYGIENIC DESIGN. Teil des Hygienic Designs ist die Vermeidung von mikrobiellen Belastungen durch bauliche/ konstruktive, organisatorische und persönliche Maßnahmen. Genau – das TOP-Prinzip. Unter organisatorischen Maßnahmen sind hier das Betriebsregime, Reinigungs- und Wartungsvor- gaben, Monitoring, aber auch Wege- und Lüf- tungskonzepte zu verstehen. Die persönlichen Maßnahmen umfassen die Aus- und Weiterbil- dung der Mitarbeiter sowie deren persönliche Hygiene und Schutzausrüstung. Bleibt der bauliche Teil. Und hier ist dann alles ganz einfach. Bauteiloberflächen müssen so konzipiert und gebaut sein, dass (10,11) „sie reinigungsfähig, frei von Defekten wie Löchern, Falten, Rissen und Spalten sind. Sie müs- sen leicht reinigbar und erforderlichenfalls desin- fizierbar und zur Reinigung zugänglich sein. Sie haben eine glatte Oberfläche, sind durchgehend oder versiegelt und derart ausgeführt, dass kei- ne, das Lebensmittel nachteilig beeinflussende Stoffe (Biofilme und Mikroorganismen), in klei- nen Spalten oder Vertiefungen verbleiben können, aus denen sie schwer zu entfernen sind und die so die Gefährdung einer Kontamination darstellen“. Die baulichen Anforderungen richten sich nach der „Sensibilität“ der Produkte, also nach dem Produktionsprozess und den damit verbun- denen Bedürfnissen an steriler Umgebung und keimarmer Luft. Da in der Lebensmittelindustrie gern bei hohen Temperaturen, extrem hohen Luftfeuchten und verständlicherweise mit genü- gend Futterquellen produziert wird, sind Schim- melpilzbefälle keine Seltenheit. Auch wenn das Hygienemanagement insgesamt stimmt. Deshalb kommt den baulichen Gegebenheiten besondere Bedeutung zu. So ist geregelt, dass Türen, Tore etc. so zu gestalten sind, dass kein Regenwasser eindringen kann, also mit einem Gefälle auszu- statten sind. Das Gebäude selbst muss luftdicht sein. Um kleinere Undichtigkeiten auszugleichen, werden hochsensible Bereiche unter Überdruck gesetzt, damit von außen keine Mikroorganis- men eindringen können. Also genau entgegen- gesetzt zur Unterdruckhaltung im Sanierungsfall. Anforderungen an den Baukörper sind un- ter anderem glatte, versiegelte bzw. geschlos- sene Oberflächen. Unverputztes Mauerwerk oder offenporige Putze sowie Sichtbeton sind nicht (mehr) zulässig. Gleiche Anforderungen gelten für Fußböden, diese sind nicht mehr mit Fließen, sondern mit Industriefußböden auszustatten. Ein besonderes Problem ist die Kondensatbildung an Rohrleitungen. Ergo müssen diese isoliert wer- den. Allerdings dürfen dabei keine aluminium- kaschierten Mineralwolldämmungen verwendet werden. Die Rohre müssen vollständig mit Edel- stahl verkleidet sein bzw. es sollen vakuum-iso- lierte Doppelrohre eingesetzt werden. Wird ein Bild 3: Undichtigkeiten in der Gebäudehülle sind häufige Ursache für Schimmelpilzschäden im Lebensmittelbe- reich. Durch eine leichte Überdruckhaltung soll verhindert werden, dass Mikroorganismen über die Luft in das Gebäudeinnere eindringen können. Hier konnte dennoch Wasser eindringen und einen großflächigen Schimmel- pilzschaden verursachen. Dabei ist der Mangel auch dann gegeben, wenn bisher kein Schimmelpilzwachstum augenscheinlich ist. Es gilt das Hygienerisiko gering zu halten, wie man sieht auch hier mit einer gewissen Kreativität. Leider nicht zulässig nach der EU-Maschinenrichtlinie. Schützen & Erhalten · Juni 2014 · Seite 26

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