S&E Glossary

Fachbereiche Schimmelpilze nach Methoden der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Medizin (DGHM) bzw. des Robert Koch-Instituts (RKI). 5,7,10 Diese Verfahren wer- den üblicherweise nicht an Baustoffen, son- dern an einzelnen Zellkulturen in Flüssigkultur oder auf OP-Fliesen, Metall- und Glasplättchen (hygienische Oberflächen) durchgeführt. Einzig bei der DGHM wird zusätzlich auf unbehandel- tem sägerauem Holz geprüft (mit dem Ergebnis, dass hier den überwiegenden Anteil an Produkten keine Wirksamkeit bestätigt wird). Im Vergleich zu mineralischen oder minera- lisch-organischen Baustoffen sind keramische Oberflächen hochdicht, Mikroorganismen drin- gen nicht in obere Schichten ein und die che- mische Inertheit der OP-Fliese sorgt dafür, dass die Wechselwirkung zwischen Desinfektionsmit- tel und Mikroorganismen auf diese beschränkt bleibt und nicht durch Fremdstoffe inhibiert wird (es sei denn, dies wird gezielt, z. B. durch das Auftragen von Albumin (DGHM) oder Schafsblut (RKI), provoziert). Genau! Wo an der Wand ha- ben wir Albumin? Auch die Auswahl der Testkeime (Candida al- bicans, Aspergillus niger, von letzterem nur die Sporen) geht an den üblichen Verdächtigen der Baupraxis vorbei. Es wird nicht gegen „Lang- zeitbefälle“, also etablierte ausgeprägte vitale Myzele, geprüft. Die besonderen Eigenschaften von Biofilmen bzw. Schimmelrasen, Desinfekti- onsmitteln zu trotzen, können somit nicht erfasst werden. 2,6 Daher sind die Angaben zur Sterili- sationswahrscheinlichkeit bei der Desinfektion mit Vorsicht zu betrachten. Was ist nun für die praktische Anwendung zu beachten? Grundsätz- lich gilt: RKI und DGHM geben regelmäßig ak- tualisierte Desinfektionsmittellisten heraus, die dort geprüften Mittel mit Herstellerangaben sind nach Wirkstoff, Anwendung (z. B. Flächendesin- fektion) und Wirkung gegen die Zielorganismen klassifiziert. 5,10 Die Wirkung wurde durch Prüfung in beiden Institutionen nachgewiesen. (Anmer- kung: Einige Hersteller geben an, dass nach den Methoden der DGHM bzw. RKI geprüft wurde, das Produkt ist damit aber noch nicht gelistet. Gegen Pilze und ihre Sporen wirksame Mittel gehören zum Wirkungsbereich A). Man ist also auf der sicheren Seite, wenn man sich für ein gelistetes Desinfektionsmittel entscheidet (Die Liste kann über die Internetseiten des RKI in der Fassung von 2007 heruntergeladen werden, gleichzeitig ist dort auch eine Aktualisierung/Nachtrag von 2012 verfügbar. Aufpassen: Die Liste der DGHM gibt es nur im Abo… oder veraltete Versionen im Netz). Zu beachten ist jedoch, dass die nachge- wiesene Wirkung für die bereits beschriebenen Testbedingungen und somit für hygienische Be- reiche gilt. Eine Anwendung auf Baustoffen ist natürlich möglich, jedoch ist aufgrund der stoff- lichen Zusammensetzung, der Heterogenität der Materialien, Porosität und der vergleichsweise hohen Zelldichte im Schadensfall mit einer ein- geschränkten Wirksamkeit zu rechnen. 2,7 Veränderte Rahmenbedingungen bei der Desinfektion von Bauteilen mit Schimmelpilzbefall Nun sind Baustoffe in den seltensten Fäl- len mit hygienischen Oberflächen vergleichbar, von gefliesten Oberflächen mal abgesehen. Hy- gienische Oberflächen zeichnen sich unter an- derem dadurch aus, dass sie leicht zu reinigen sind, Biofilme nur wenig Möglichkeit zur Etablie- rung finden und was sie massiv von der innen- seitig befallenen Außenwand unterscheidet – sie werden gereinigt, auch ohne dass ein sichtbarer Befall vorliegt! Desinfektionsmittel auf Bautei- loberflächen, ob nun im Do-it-yourself-Bereich oder in der Profi-Anwendung, kommen dann zum Einsatz, wenn ein sichtbarer Befall vorliegt. Damit man einen Schimmelpilzbefall (als Spot) mit bloßem Auge sehen kann, müssen hochgerechnet mehr als ca. 200.000 Zellen pro cm² (vitale Pilzzellen und Myzel, Sporen nicht eingerechnet) vorhanden sein. Als Schaden bzw. als „Befall“ erkennbare Zelldichten liegen bei 750.000 bis 1.000.000 Pilzzellen pro cm² und höher. 6 Da kommen dann noch die Sporen dazu… Da hat ein Desinfektionsmittel ganz schön zu tun. Kurz um, die zu inaktivierende Biomasse liegt um ein Deutliches höher als auf hygienischen (Prüf-) Oberflächen. Ergo müssen auch höhere Konzentrationen angesetzt werden, denn (stark vereinfacht!) kann ein Molekül Des- infektionsmittel auch immer nur eine Zelle inak- tivieren. Wirksame gelistete Mittel müssten dann bei der Flächendesinfektion in Konzentrationen Einfluss der Ausgangskeimzahl 100.000 10.000 1.000 100 Zeit Je höher die Zahl der KBE im zu behandelnden Gut ist, desto länger muss die Einwirkungszeit sein. Einfluss der Temperatur Mikroorg.- zahl t 1 t 2 t 3 Zeit Je niedriger die Temperatur ist, desto länger ist die Einwirkungszeit. Bild 2: Abhängigkeit der Wirkung über die Zeit von der Zelldichte sowie von der Oberflächenrauhigkeit und Temperatur (aus Schwebke 2009). Schützen & Erhalten · Dezember 2012 · Seite 25

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