S&E Glossary

Fachbereiche Schimmelpilze Mikrobiologische Belastung von Baustoffen vor/oder kurz nach deren Einbau Es schreibt für Sie: Dipl. Ing. Norbert Becker Fachbereichs- leiter Schimmelpilze Diepeschrather Weg 3 51469 Bergisch Gladbach Telefon (02202) 86853 Telefax (02202) 863854 E-Mail: becker@dhbv.de Sachverständige, die in ihrem Alltag mit Schimmelpilzen und Wohngiften konfron- tiert werden, müssen sich auch hin und wieder mit undefinierbaren Gerüchen aus- einandersetzen. Diese Gerüche führen bei den Nutzern nicht selten zu körperlichen Beschwerden, welche bei nicht Nutzung der betroffenen Räumlichkeiten, z. B. im Urlaub, abklingen. Der Fall In einem Kindergarten wurden an der Nord- und Südseite zwei Anbauten errichtet, um jeweils einen zusätzlichen Gruppenraum zur Verfügung zu stellen. Kurz nach der Fertigstellung kam es im südlichen Anbau zu zwei Feuchtigkeitsschä- den. Zum einen im Bereich der Bodenkonstruk- tion (durch eine nicht ausreichende Anbindung der Sockelabdichtung an den Bestand) sowie eine Undichtigkeit im Bereich der Flachdachkonstruktion (be- grüntes Dach). Auch bei dieser Flachdachkonstruktion wurde die Anbindung der Anbauten an den Bestand nicht fachge- recht ausgeführt. 1 Zusätzlich wurden undefi- nierbare Gerüche in den zwei Anbauten wahrgenommen, wel- che keinem Baustoff zugeord- net werden konnten. Es wurden umgehend Maß- nahmen eingeleitet, um die Ur- sache für diesen Feuchtigkeitseintritt nachhaltig zu beheben. Des Weiteren wurden technische Trocknungsmaßnahmen in den Räumlichkeiten durchgeführt. Parallel dazu wurden aus den durch die Feuchtigkeit geschädigten Bereichen Materi- alproben entnommen, um einen mikrobiellen Be- fall ausschließen zu können. Bei der Öffnung der Dachkonstruktion von innen musste festgestellt werden, dass sich an der Bestandskonstruktion der „Echte Hausschwamm“ ausgebreitet hatte. Auch wurden Schimmelpilze und Bakterien in den Materialproben durch das Labor festgestellt. Die Materialproben aus der Bodenkonstruktion waren hingegen unauffällig. 2 3 4 Trotz umfangreicher Sanierungsmaßnahmen, mussten die Nutzer weiterhin einen undefinier- baren Geruch in den zwei unabhängig voneinan- der hergestellten Anbauten feststellen. Auffallend war dabei, dass lediglich der südlich gelegene Anbau Feuchtigkeitsschäden aufwies. Der nörd- lich gelegene Anbau wies keinerlei Schäden auf. Die Geruchsbelästigung war in beiden Anbauten nach wie vor vorhanden und gleich intensiv. Daraufhin wurden in den Räumen MVOC- Messungen durchgeführt. Es wurden dabei unterschiedliche Werte fest- gestellt, wobei insbesondere Alkohole nachge- wiesen wurden, die auf die regelmäßige Anwen- dung von Desinfektionsmittel schließen ließen. Da auf der Bodenkonstruktion ein vollverklebter PCV-Boden verlegt war, wurden die Hersteller des Klebers und des PVC-Belages zu einem Ortster- min gebeten. Auffällig war hier, dass bereits zu diesem Ortstermin Unbedenklichkeitsbeschei- nigungen hinsichtlich der Entwicklung von Ge- ruchsstoffen übergeben wurden. Daraufhin wurde eine Probeentnahme am vorhandenen Bodenbe- lag durchgeführt und einem chemischen Labor zur Verfügung gestellt, mit der Bitte um Prüfung auf „flüchtige Stoffe“. Diese Messungen verliefen negativ, sodass der Bodenbelag als ursächlich für diese Geruchsbelästigung ausgeschlossen werden musste. Bei näherer Betrachtung des Probenma- terials wurde jedoch festgestellt, dass der PVC- Belag eine Fasereinlage vorwies. 5 Daraufhin wurde diese Fa- sereinlage freigelegt und mit dem verwendeten Kleber be- aufschlagt. Bereits kurze Zeit später konnten an dieser Pro- be die gleichen Geruchsstoffe festgestellt werden, die auch in den Anbauten vorhanden waren. Insofern konnte so nachgewiesen werden, dass die organische Fasereinlage des Bodenbelages durch den Dispersionskleber derart be- einträchtigt wird, dass daraus entsprechende Geruchsstoffe in die Umgebungs- atmosphäre abgegeben wurden. Bei der ersten Laboranalyse durch das beauftragte chemische Labor konnten diese flüchtigen Stoffe deshalb nicht nachgewiesen werden, da lediglich ein nach oben hin geschlossener Glaszylinder auf das Pro- bematerial aufgeklebt wurde, um dann die anfal- lenden Dämpfe zu absorbieren und zu messen. Nach dieser Feststellung wurde ein ent- sprechendes Gutachten verfasst und mit den entsprechenden Laborergebnissen untermau- ert, sodass die Hersteller des Klebers und des PVC-Belages sowie die ausführenden Handwer- ker, die zwei Anbauten mit einem neuen Bo- denbelag auslegten. Nach Abschluss dieser Arbeiten waren keine Geruchsbelästigungen mehr zu verzeichnen. Interessant war, dass der seinerzeit verlegte Bodenbelag alle Zertifikate und Unbedenklichkeitsbescheinigungen aufwies, die eine Verlegung in einem Kindergarten als sinnvoll erachteten. Dieses Beispiel soll zeigen, dass es nicht nur nach Feuchtigkeits- bzw. Wasserschäden zu einem mikrobiellen Befall bzw. zu einer Ent- wicklung von Geruchsstoffen, wie z. B. Geosmin 1 3 5 7 Schützen & Erhalten · September 2012 · Seite 20

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