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Fachbereiche Sachverständige Zur Diskussion… ... nachfolgender Artikel von Dr.-Ing. Manfred Wolf, Ingenieurbüro Dr.-Ing. Wolf Energie-Umwelt-Bautenschutz, Zum Lindenhof 12, 09212 Limbach- Oberfrohna, Telefon (03722) 818998, E-Mail: manfred.wolf2@gmx.de. Der Artikel ist ein gekürzter Nachdruck aus der Zeitschrift B+B Bauen im Be- stand, Ausgabe 3.2012 (Seite 55–57). Der Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Chefredakteurs der Zeitschrift B+B Bauen im Bestand (Rudolf Müller Verlag). Trauen Sie sich… Schreiben Sie… Diskutieren Sie… Die Normenwerke der DIN 4108 beinhalten zum Themenkreis Schimmelbildung gravierende Unzulänglichkeiten. Diese erlauben es nicht, sie bezüglich der Bewertung und Verhinderung von Schimmelbefall in den Rang „allgemein aner- kannter Regeln der Technik“ zu erheben. Es ist höchste Zeit in der Prävention von Schimmel- befall, der Oberflächentemperierung gebührliche Aufmerksamkeit zu schenken und auch die bau- physikalische Forschung entsprechend auszu- richten. Dabei sollte auch die Anlagentechnik in den Blick genommen werden, und zwar nicht nur die Lüftung, sondern auch die Raumheizung. Da einige in Wohnungen häufig vorkom- mende Schimmelpilzarten ein großes Gefähr- dungspotenzial für die Gesundheit haben, spielt die Sicherheit in der Bau-Diagnose und -Thera- pie eine besonders wichtige Rolle. Hierbei will man gern auf Normen zurückgreifen, in diesem Fall insbesondere auf die DIN 4108 Teil 2 „Min- destanforderungen an den Wärmeschutz“. Doch eine sichere Berechnung und Diagnose der Be- dingungen ist mit deren Hilfe nicht gegeben. Analysiert man nämlich ihre Aussagen, stößt man auf eine Reihe von Merkwürdigkeiten und Widersprüchen. Einige davon sollen im Folgenden hergeleitet und zur Diskussion gestellt werden. Was sagt die DIN 4108 zur Verhinde- rung von Schimmelbefall? Normative Aussagen zum Schimmelproblem findet man in der DIN-Reihe 4108 „Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden“ allein im Teil 2 „Mindestanforderungen an den Wärme- schutz“ [2] und seit 2010 auch im DIN-Fachbe- richt 4108, Teil 8 „Vermeidung von Schimmel- wachstum in Wohngebäuden“ [3] . Für rechnerische Nachweise verweist dieser Bericht wiederum auf die DIN 4108-2 [4] . Die DIN 4108-2 unterstellt in Nr. 6.1, dass am Regelquerschnitt der Bauteile keine Schimmelbil- dung stattfinden kann, sondern allenfalls an den Wärmebrücken, wenn die im Regelwerk genormten Mindestanforderungen an den Wärmeschutz ein- gehalten werden. Dieses Risiko ließe sich außer- dem mithilfe der im Anschlussabschnitt 6.2 for- mulierten Anforderungen verringern. In DIN 4108-2 Nr. 6.2 werden diese auf die Mindestanforderung an einen Temperaturfaktor f Rsi an der ungünstigsten Stelle von Wärmebrücken reduziert: f Rsi ≥ 0,7. Dieser Temperaturfaktor wird als Verhältnis von Temperaturdifferenzen defi- niert und zu einer bautechnischen Kenngröße für Wärmebrücken erhoben. Am Regelquerschnitt eines Außenbauteils lässt sich der bauphysikalische Hintergrund dieser Idee relativ leicht erkennen. Nach der Berech- nung der Temperatur an einer beliebigen Stel- le im (ungestörten) Bauteilquerschnitt kommt man zu einer aufschlussreichen Formel für f Rsi (vergleiche mit Kasten „Formeln für Tempera- turfaktor f Rsi “). Für genormte Randbedingungen wird die Anforderung übergeleitet an eine Forderung an die innere Oberflächentemperatur θ si . Sie muss danach an der ungünstigsten Stelle der Wärme- brücke mindestens 12,6°C betragen. Verhindert ausreichendes Heizen den Schimmelbefall? Im DIN-Fachbericht 4108-8 wird in den Lüf- tungs- und Heizungsempfehlungen an mehreren Stellen davon gesprochen, Schimmelbefall durch verstärktes Heizen zu verhindern (siehe auch [4] ). Was passiert aber tatsächlich an der Bauteil- oberfläche? Als Beispiel soll eine Situation die- nen, in der die normativen Bedingungen nach DIN 4108-2 Nr. 6.2 grenzwertig erfüllt sind: θ i = 20°C, φ i = 50%, θ e = –5°C, f Rsi = 0,7 bzw. φ si = 80% und θ si = 12,6°C. Folgt man in dieser Situation dem häufig ge- hörten Rat und heizt stärker, steigt die Raum- lufttemperatur θ i zum Beispiel auf 23 °C. Da an der Baukonstruktion nichts verändert wird, bleibt auch f Rsi unverändert (vergleiche im For- melkasten die untere Formel). Nach der Defini- tionsformel für f Rsi aus DIN 4108-2 Nr. 6.2 folgt dann: θ i = 23°C, φ i = 50%, θ e = –5°C, f Rsi = 0,7 und θ si = 14,6°C. Die Oberflächentemperatur ist also wie ge- wünscht angestiegen. Und zwar auf einen Wert deutlich über 12,6°C. Das h-x-Diagramm (siehe hierzu den Originalartikel unter gleichen Namen in der Zeitschrift B+B Ausgabe 3.2012, Seite56) veranschaulicht aber noch einen anderen, un- erwünschten Effekt in dieser Situation: Die re- lative Luftfeuchte φ si steigt ebenfalls an, und zwar auf 85%. Dieser Wert liegt aber deutlich jenseits der 80-Prozent-Marke, die in DIN 4108-2 Nr. 6.2 als „sichere Seite“ bezeichnet wird. Das Schimmelrisiko wurde also deutlich erhöht, statt es zu senken! Noch deutlicher wird dies, wenn man den mesophilen Charakter vieler in Gebäu- den heimischer Schimmelpilzarten berücksich- Dem Schimmel keine Chance geben Planungsgrundsätze zur Beurteilung und Verhinderung von Schimmelpilzschäden Dr.-Ing. Manfred Wolf Schützen & Erhalten · Juni 2012 · Seite 20

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