S&E Glossary

Befallsursache Im Rahmen der Gesamtsanierung einer grö- ßeren Schlossanlage wurde auch ein separat ste- hendes Nebengebäude, dieses ist mit einer Holz- brücke mit dem Schloss verbunden, etwa zwei Jahre später saniert. Im Zuge der Bauarbeiten wurde das Dach repariert, neu eingedeckt und der Außenputz erneuert (Bild 1). Leider kam es während der Bauarbeiten in den niederschlags- reichen Jahreszeiten zu massiven Durchfeuch- tungen infolge ungenügender Baustellenabsiche- rung. Die provisorische Folienabdeckung erfüllte nicht ihre Schutzfunktion. Die Feuchtebelastung in einer der Gebäude- ecken hatte ausgereicht, um eine Reaktivierung eines schon vor einigen Jahren festgestellten Hausschwammbefalls auszulösen. Innerhalb we- niger Monate war es dem Echten Hausschwamm möglich, große Teile der Holzbalkendecke zu durchwachsen (Bild 2). Ausgehend von den Balkenkopfauflagern hatte er die Fußleisten, den Einschub, die Dielung und die Deckenbal- ken befallen und zerstören können. Weiterhin konnte sich das Myzel hinter den Wandfliesen im Mauerwerk nach oben ausbreiten. Fruchtkör- perbildungen waren dann an der Fensterbank sichtbar (Bild 3). Sanierungsschritte Durch das Vorhandensein historischer nieder- ländischer Fliesen und die daraus resultierenden denkmalpflegerischen Auflagen war klar, dass eine Schwammbekämpfung in vielen Bereichen des Gebäudes nicht nach den Regeln der Tech- nik durchzuführen ist. Mit einem Schwamm- sperrmittel konnte das Myzel hinter den Flie- sen nicht erreicht werden. Aus diesem Grund mussten flankierende Arbeiten, um überhaupt einen Bekämpfungserfolg zu erzielen, sehr um- Eine beispielhafte Schwammbekämpfung in Abweichung der Norm 68800 – Teil 4 – fangreich und penibel ausge- führt werden. Beispielsweise wurde die Wandoberfläche nach versteckt eingebauten Holzdübeln abgesucht und diese entfernt. Wie wichtig die Beseitigung der zellulose- haltigen Holzdübel ist, zeigt das Bild 4. Der Echte Haus- schwamm ist in der Lage die unter dem Putz befindlichen Holzbauteile zu erreichen, die Zellulose enzymatisch aufzu- spalten und von dort weiter zu wachsen. Eine Sanierung der Holzbalkendecke war aus fachlicher und konstruktiver Sicht kaum möglich. Seitens der Denkmalpflege bestanden auch kei- ne Bedenken die Holzbalkendecke komplett aus- zubauen und zu ersetzen – was auch geschah. Die Mauerwerksbehandlung im Bohrloch- verfahren gestaltete sich jedoch als äußerst schwierig. Denkmalpflegeauflagen verboten das Abnehmen der niederländischen Fliesen an der Innenseite der Außenwände. Zudem war die Haftung der Fliesen am Untergrund sehr mangel- haft. Jegliche Art der Erschütterung, ob bei den Bohrarbeiten oder beim Putz abstemmen, hätte zum Verlust weiterer Fliesen geführt. Lediglich das Mauerwerk unterhalb der Holzbalkendecke im Erdgeschoss konnte in traditioneller Art und Weise gebohrt werden. In der Nähe der Fliesen, beispielsweise an den Fensterbrüstungen und im Bereich der ehemaligen Fußleiste, musste mit langsamen Umdrehungen gebohrt werden. Insbesondere die Bohrarbeiten an den Fenster- leibungen, um in die Nähe der vom Myzel durch- wachsenen Ecke zu gelangen, mussten sehr vor- sichtig ausgeführt werden (Bild 5). Voraussetzung für weitere Arbeiten war die Beseitigung aller losen Mörtel und Mauerwerks- bestandteile. Alle zugänglichen Fugen und Rit- zen wurden mit einem Indus- triestaubsauger gereinigt. Die Flammarbeiten führten zur Zerstörung der Oberflächen- myzele. Die Verpressarbeiten erfolgten über Packer. Bei dem sehr klüftigen Mauerwerk fand jedoch kein Druckaufbau statt. Vereinzelt gab es auch Scha- lenbildung im Bereich der Brü- stungselemente. Diese Hohl- räume, wie auch alle zugäng- lichen Mauerwerksoberflächen wurden mehrmals mit einem Schwammsperrmittel im Schaumverfahren behandelt (Bild 7). Resümee Unter Berücksichtigung der voraussichtlich Anfang 2012 erscheinenden neuen DIN 68800, Teil 4 sowie unter Beachtung des Denkmalwertes wurden alle möglichen und praktikablen Maß- nahmen eingeleitet, um den Pilz zu bekämp- fen. Selbstverständlich konnte die Norm nicht allumfassend umgesetzt werden. Aus diesem Grund ist der Auftragnehmer gut beraten, Ge- währleistungseinschränkungen zu vereinbaren. Dies ist umso wichtiger, da der Pilz ohnehin mit den Schwammsperrmitteln nicht sofort „abge- tötet“ werden kann. An dieser Stelle verweise ich auf den Artikel in der Schützen & Erhalten, Heft 2006-1. Der Auftragnehmer schuldet letzten Endes den Erfolg der Leistung und nicht die Einhaltung der DIN. Die DIN ist jedoch ein probates Mittel, eine erfolgversprechende Leistung abzuliefern. Kommt es zu Abstrichen und soll trotzdem ein Erfolg erzielt werden, ist die Einschaltung des gesunden Menschenverstandes dann effektiv, wenn dieser mit entsprechender Sach- und Fach- kunde gepaart ist. Es schreibt für Sie: Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr Fachbereichs- leiter Holz- schutz An der Hohen Lache 6 06846 Dessau Telefon: (0340) 6611884 Telefax: (0340) 6611885 E-Mail: flohr@dhbv.de Schützen & Erhalten · Dezember 2011 · Seite 8

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