S&E Glossary

Schützen & Erhalten · März 2010 · Seite 18 zu können, ohne dem Sachverständigen einen bestimmten Auftrag zu erteilen. Oft möchten die Parteien durch diese Vorgehensweise Sach- verständigenkosten sparen. Hierdurch handelt sich der Sachverständige oft Haftungsprobleme ein. Der Sachverständige sollte auf Klarstellung seines Auftrages drängen und dies entsprechend schriftlich vereinbaren. 2. Der Architekt kann sich grundsätz- lich auf das Sonderwissen eines Statikers verlassen. Das ändert sich bei groben und offensichtli- chen Mängeln, die auch dem Architekten erkenn- bar sind. In diesen Fällen haften der Architekt und der Statiker als Gesamtschuldner. Entscheidung des OLG Jena in ISR 2008, S. 341 Anmerkung: Dieser Grundsatz gilt auch für den Bausachverständigen, der sich auf das Son- derwissen eines Fachplaners verlassen darf mit der oben genannten Einschränkung. 3. Ein Baugrundgutachter haftet nicht für falsche Schlussfolgerungen des Architekten. Entscheidung des OLG Branden- burg in IBR 2008, S. 343 Anmerkung: In der Praxis sind die oben genannten Fälle nicht im- mer eindeutig; und zwar dann nicht, wenn das Gutachten nicht klar genug gefasst ist, so dass der Architekt zu fehlerhaften Schlussfolgerungen ver- leitet wird. Grundsätzlich ist aber die vorgenannte Aussage zutreffend. 4. In Verkehrswertgutachten müssen Baumängel nicht festge- stellt werden. Entscheidung des OLG Schleswig in ISR 2008, S. 364 Anmerkung: Verkehrswertgut- achten dienen in erster Linie dazu, den Wert einer Immobilie zu ermit- teln. Dabei müssen auch die Mängel der Immobilie in die Wertermittlung einfließen. Eine Haftung aus einem Baumangel lässt sich nach der oben zitierten Entscheidung aus einem Verkehrswertgutachten nicht her- leiten. Das Urteil des OLG Schleswig ist insoweit zu begrüßen, da es den Verkehrswertsachverständigen ge- recht wird. Diese kommen nicht nur aus dem Baubereich, sondern auch aus den Maklerberufen und den Im- mobilienkaufleuten. Diese sind von der Ausbildung nur eingeschränkt geschult auf Mängelfeststellung. Aber auch der Verkehrswertgutachter mit einer Ausbildung aus dem Baubereich wird durch jahrelange Verkehrswer- termittlung nicht mehr ausreichend sensibel sein für Baumängel. Dies ist auch nicht seine primäre Aufga- be. Bekanntlich haben wir es heute überwiegend mit Berufssachverstän- digen zu tun. 6. Der Sachverständige haftet nicht bei Beachtung des Standes der Technik. Entscheidung des OLG München in NJW RR 2008, S. 334 Anmerkung: Der oben genannte Leitsatz ist einfach und jedermann geläufig. In der Baupraxis ist die Frage des Standes der Technik oft höchst problematisch. 7. Der gerichtliche Sachverständige haf- tet in der Zwangsversteigerung nur bei grob fahrlässigem Verschulden. Gibt der Sachverständige z. B. in seinem Gutachten an, dass die Immobilie über Kanal- anschluss verfügt, während ein Kanalanschluss tatsächlich nicht vorhanden ist, hat das Gericht ein grob fahrlässiges Verschulden verneint, da der Sachverständige sich in seinem Gutachten verschrieben hatte. Entscheidung des OLG Koblenz in IBR 2007, S. 588 Anmerkung: Die Frage des grob fahrlässigen Verschuldens, das für die gerichtlichen Sachver- ständigen über §839 a BGB von be- sonderer Bedeutung ist, wurde früher recht zurückhaltend angewandt. Ich verweise dazu auf das bekannte Ur- teil des OLG Rostock DS 2006, Seite 381, wonach Fahrlässigkeit allmäh- lich immer tiefer gesetzt wird. Zwi- schenzeitlich erscheint allerdings in der Praxis eine Entwicklung erkennbar zu sein, dass die Messlatte der gro- ben Fahrlässigkeit allmählich immer etwas tiefer gesetzt wird. Dies kann sich zukünftig für gerichtliche Sach- verständige zum Problem entwickeln bei ihrer Haftung. 8. Der Antrag auf Gutachtener- läuterung in einem gerichtlichen Verfahren wird vom Bundesgerichts- hof praktisch als „Rechtsmittel“ im Sinne des § 839 a Abs. 2 BGB angesehen. Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen ist nur dann durch- setzbar, wenn das Rechtsmittel ausge- schöpft worden ist. Hier hält der BGH eine Anhörung bzw. Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständi- gen in erster Instanz für ausreichend, so dass dann das Rechtsmittel nicht mehr eingelegt werden muss. Entscheidung des BGH in IBR 2007, S. 528, gleich BGH in BauR 2007, S. 1774 Anmerkung: Die Anhörung eines Sachverständigen zu seinem Gutach- ten erscheint nicht vergleichbar mit einem Rechtsmittel, da erfahrungs- gemäß ein Sachverständiger bei sei- ner Meinung bleibt; und zwar auch dann, wenn er sein Gutachten erläu- tern muss. 5. Eine Haftung für unrichtige Bauten- standsberichte bei einer zu errichtenden Im- mobilie gegenüber der kreditgebenden Bank führt zu einem Haftungsanspruch der Bank. Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Az.: VII ZR 35/07 Anmerkung: Der Sachverständige kann be- kanntlich bei Fehlern nicht nur von seinem Ver- tragspartner in Anspruch genommen werden, sondern auch von dritten Personen, die in den Schutzbereich des Sachverständigenvertrages fallen, was der Sachverständige erkennen konn- te und die auf das Gutachten vertraut haben. Diese Haftungsansprüche sind für den Sachver- ständigen gefährlich, da diese Drittschadensan- sprüche oft außerhalb seines Einflussbereiches liegen und oft Probleme darin bestehen, inwie- weit ein Dritter auf diese Gutachten tatsächlich vertraut hat bzw. vertrauen durfte. Fachbereiche Sachverständige Foto: www.absolutvision.com

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