S&E Glossary

Schützen & Erhalten · September 2008 · Seite 4 Der Echte Hausschwamm durchwächst Mauerwerk in jede Richtung – dass wissen alle Fachleute, die den Pilz kennen. Der Hausschwamm wiederum weiß nicht, dass er mitunter Grenzen überschreitet – Grenzen, die sich aus unter- schiedlichen Besitzverhältnis- sen ergeben und im Grundbuch manifestiert wurden. Nicht selten findet man genau an den Gebäudegrenzen in einer Rei- henbebauung konstruktive Details, die beim Versagen für erhöhte Feuchte sorgen. Verstopfte Regen- fallrohre, durchlässige Kehlen und undichte Dachanschlüsse an Gie- belwänden (Brandwänden) sorgen dafür, dass sich gerade im „Grenz- bereich“ ein Eldorado für den Pilz einstellt. Schäden entstehen dann an beiden Häusern. Die Suche nach der Verantwor- tung führt nicht selten zu „knall- erbsenstrauchähnlichen“ Nachbar- schaftsverhältnissen und „maschen- drahtzaungemäßen“ Konflikten zwischen den Parteien. Diese zu schlichten – eine Herausforderung für Fachleute, Juristen und Ver- sicherer. Im folgenden Beitrag möchte ich den Schwammbefall an den Ge- bäudegrenzen aus fachlicher Sicht näher beleuchten und an einem rea- len Beispiel die Probleme aufzeigen. Juristische und versicherungsrele- vante Aspekte können hier, wenn überhaupt, nur angedeutet werden. Denn jeder Fall ist einzigartig und bedarf der individuellen Klärung. Dazu ist das spezifische Fachwis- sen von Juristen und Versiche- rungsmaklern notwendig, welches der „Sachkundige für Holzschutz“ nicht besitzen kann. Der Sachkundige für Holzschutz ist jedoch derjenige, der als erster vor Ort den momentanen Zustand dokumentiert, eine Gebäudeanam- nese durchführt und die Ergebnisse den Streitparteien bzw. deren Ver- tretern zukommen lässt. Sein Urteil beeinflusst maßgeblich den Verlauf der Auseinandersetzung. Fallbeispiel Vor ca. 5 Jahren kam es in einer Großstadt zu einem Gebäudebrand. Die Ruine ist bis heute fast unver- ändert geblieben (Bild 1). Bedingt durch den Löschwassereinsatz und die freie Bewitterung hat sich in den Gebäuderesten der Echte Haus- schwamm optimal entwickeln bzw. weiter ausbreiten können. Große Bereiche der Holzbalkendecke sind vom Myzel des Pilzes überwuchert (Bild 2). Das Nachbargebäude ist be- wohnt und wurde vor ca. 3 Jahren, also nach dem Brand, umfassend saniert. Zudem handelt es sich um ein Einzeldenkmal (Baujahr 1750) und der Besitzer hat mit viel Enga- gement und Idealismus das barocke Flair erhalten können. Die Bilder 3 bis 5 belegen dies. Neben der wei- test gehenden Wiederherstellung der originalen Bausubstanz muss- te der Besitzer auch den Echten Hausschwamm bekämpfen. Dieser befand sich jedoch weit ab von der Brandruine an der gegenüberliegen- den Giebelseite. Der Bauherr wusste also, was der Echte Hausschwamm ist und welche Konsequenzen eine Bekämpfung nach sich zieht. Aus diesem Grund war er alles andere als erfreut, als eines Tages an der Scheuerleiste der Giebelwand Myzel des Pilzes entdeckt wurde (Bild 5). Diese Giebelwand trennt das Wohn- haus von der Ruine. Durch den direkten Kontakt der schwammbefallenen Hölzer aus der Ruine, war es dem Echten Haus- schwamm leicht möglich in die Giebelwand zu wachsen und auf der anderen Seite die Wohnung zu be- fallen (Bild 6). Bis zu diesem Zeit- punkt konnte nicht schlüssig bewie- sen werden, woher der Schwamm Fachbereiche Holzschutz Wenn der Nachbar Schuld am Schwammbefall hat Bild 1: Eine Ruine steht seit mehreren Jahren neben einem Wohnhaus. Bild 2: Üppiges Schwammwachstum in einer Holzbalkendecke der Ruine. Im Hintergrund der Giebel des Nachbarhauses. Bild 3: Das Wohnhaus vor der Sanierung im Jahr 2001 – und danach im Jahr 2008 (Bild 4).

RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=