S&E Glossary
Beide Parteien müssen zur Ortsbesichtigung geladen werden Gründe Das gemäß 99 492 Abs. 1, 406 ZPO zulässige Ablehnungsgesuch hat in der Sache Erfolg, weil die Stellungnahme des Sachverständi- gen vom 2. November 2006 geeig- net ist, Misstrauen gegen seine Un- parteilichkeit zu rechtfertigen. 1. Nach § 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO rechtfertigt schon der bei der Partei erweckte An- schein der Parteilichkeit die Ablehnung, ohne dass es darauf ankommt, ob der Sachverständige tatsächlich parteilich ist, oder das Ge- richt Zweifel an seiner Un- parteilichkeit hat; es ist auch ohne Bedeutung, ob sich der Sachverständige selbst für befangen hält oder nicht. Ausreichend ist bereits, dass vom Standpunkt der ableh- nenden Partei aus ein objek- tiver Grund gegeben ist, der in den Augen eines vernünf- tigen Menschen geeignet ist, Zweifel an der Unparteilich- keit des Sachverständigen zu erregen (OLG Düsseldorf, Beschl. V. 31. Januar 1995, 23 W 3/95). Von diesen Grundsätzen ist das Landge- richt zutreffend ausgegangen. 2. Entgegen der Annahme des Landgerichts erweckt die Stellungnahme des Sachver- ständigen vom 2. November 2006 den Anschein der Par- teilichkeit. Den Parteien ist im selbstständigen Beweis- verfahren gestattet, der Be- weisaufnahme – auch einer Ortsbesichtigung durch den Sachverständigen – beizu- wohnen (§ 491 Abs. 1 ZPO, § 492 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 357 ZPO) und nach Mittei- lung des schriftlichen Gut- achtens eine Ergänzung des Gutachtens zu beantragen oder in einer mündlichen FACHBEREICHE Sachverständige Schützen & Erhalten · September 2007 · Seite 13 Es ist besonders wichtig, dass der Sachverständige zur Orts- besichtigung beide Prozess- parteien einlädt. Unterlässt er dies, kann er wegen Besorg- nis der Befangenheit abge- lehnt werden und seinen ge- samten Vergütungsanspruch verlieren. In dem vom OLG Celle (22. 1. 2007, AZ: 13 W 101/06) entschie- denen Fall hatte der Sachverstän- dige mehrfach gegen seine Neu- tralitätspflichten verstoßen. Er hatte zunächst nur eine Prozesspar- tei zur Ortbesichtigung geladen. Als ihn dann das Gericht aufforderte, die Ortsbesichtigung mit beiden Prozessparteien zu wiederholen, ließ er das Gericht wissen, eine Wiederholung würde zu keinem anderen Ergebnis führen und es sei ,,abwegig“, sein vorgelegtes Gut- achten in Frage zu stellen und gänzlich zu verwerfen. Dieses nicht nachvollziehbare Verhalten des Sachverständigen führte zur Ableh- nung wegen Besorgnis der Befan- genheit. Ob der Sachverständige auch seinen Vergütungsanspruch versagt bekam, geht aus den Ent- scheidungsgründen nicht hervor. Leitsatz der Ent- scheidung Es rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständi- gen, wenn der Sachverständige, nachdem er eine Partei zu dem von ihm durchgeführten Ortstermin nicht geladen hat, auf den Hin- weis des Gerichts, es sei zu erwä- gen, einen erneuten Ortstermin mit allen Parteien durchzuführen, er- klärt, eine Wiederholung des Orts- termins werde zu keinem anderen Ergebnis führen und es sei ,,ab- wegig“, das vorliegende Gutach- ten in Frage zu stellen und gänz- lich zu verwerfen.
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