S&E Glossary

Etwa 60% aller bauaufsicht- lich zugelassenen Holzschutz- mittel enthalten Borverbin- dungen oder sind sogar rei- ne Lösungen von Borsalzen. Borsalze haben sich seit Jahr- zehnten in der Praxis bewährt und sind besonders für Innen- räume geeignet, da eine Auf- nahme der Verbindungen in den menschlichen Organismus fast unmöglich ist. Schwammsperrmittel bestehen so- gar nach den aktuellen Angaben des Holzschutzmittelverzeichnisses bis auf eine Ausnahme nur aus Borsal- zen oder Quaternären Ammonium- verbindungen (Quats) oder stellen Kombinationen aus beiden dar. Borsäure und Borax, die fast ausschließlich verwendeten Aus- gangsprodukte von Borpräparaten, sind so reaktionsträge, dass Schä- digungen an anderen Stoffen in der Regel nicht vorkommen. Eine Aus- nahme stellen jedoch Wechselwir- kungen mit selber noch nicht aus- reagierten Baustoffen, wie frischem Mörtel oder auch Chemikalien zur nachträglichen Mauerwerksabdich- tung dar. Hier können Reaktionen auftreten, die zu unliebsamen Über- raschungen führen. 1. Bor Die Bezeichnung „Bor“ benennt ein chemisches Element, das in der Natur nicht frei vorkommt, und ist somit nicht ganz korrekt. Elemen- tares Bor reagiert meist zu Oxiden, die in Form der Borsäure und Bo- rax (Borsalze) in der Industrie viel- seitig verwendet werden. Aufgrund ihrer geringen Human- toxizität (Streit 1991) und der nicht erfolgenden Ausgasung von Kom- ponenten aus diesem anorganischen Salz bei gleichzeitig hoher Effek- tivität (Bavendamm; Drysdale 1994) und guten technischen Eigenschaf- ten haben sich Borverbindungen in den letzten Jahren weltweit bewährt (Peylo 1998; Peylo, Willeitner 2001). Auch die auf EU-Ebene im Zuge der Bewertung von Holzschutzmittel- wirkstoffen als Folge der Biozid- Richtlinie zur Zeit noch stattfinden- de Diskussion über mögliche Wir- kungen (Peylo 2000), die vermutlich zu einer Kennzeichnungspflicht als gesundheitsschädlich führen wird, kann diese Bewertung nicht ändern (reine Borsäure/Borax sind bisher nicht kennzeichnungspflichtig). Denn die aktuelle Diskussion ver- kennt den entscheidenden Aspekt, dass Bor die ihm zugesprochenen Gefährdungen nur auslösen kann, wenn es über längere Zeit in hö- heren Dosen kontinuierlich durch die Nahrung aufgenommen wird. Beim bestimmungsgemäßen Ge- brauch eines Holzschutzmittels kann dies jedoch nicht geschehen. Für eine sichere vorbeugende Wirkung als Biozid ist eine Kon- zentration von 0,1% Borsäure/Holz erforderlich. In Mauerwerk ist ge- gen das Durchwachsen von Ech- tem Hausschwamm etwa 0,2–0,4% Borsäure bezogen auf das Trocken- gewicht der Wand erforderlich (Bech-Anderson 1987). In wäßriger Lösung liegen Bor- salze als Borat-Ionen vor. Diese sind die eigentlich aktiven Teilchen, die für die Wirkung gegen Insekten und Pilze, aber auch für die verschie- denen Wechselwirkungen mit an- deren reaktiven Teilchen verant- wortlich sind. Das Gleiche gilt für die Aus- härtung von Phenolharzen, die durch Bor massiv beschleunigt wird, so dass ein hartes, sprödes Mate- rial ohne Klebewirkung entsteht. Eine fertige Leimverbindung kann dagegen durch Bor nicht beein- trächtigt werden (Dirol). Ähnliche Wechselwirkungen sind für physikalisch härtende Acryl-Farbsysteme möglich. Auch hier kann die fertig ausgehärtete Oberflächenschicht nicht geschä- digt werden. 2. Zusatz zum Mörtel Bei der Neuerstellung oder Er- gänzung von Mauerwerk im Zuge einer Bekämpfungsmaßnahme ge- gen Echten Hausschwamm (Serpula lacrymans) ist das Zumischen von Schwammsperrmitteln zum Mörtel eine historisch überlieferte und in der Praxis noch übliche Maßnah- me. Fragen aus der Praxis und Be- richte über Probleme gaben Anlaß dieses Verfahren zu überprüfen. 2.1 Regelwerke DIN 68 800-4 (Holzschutz, Bekämpfungsmaßnahmen gegen holzzerstörende Pilze und Insek- ten, November 1992) macht kei- ne Angaben zu dieser Methode. Die Norm ist zwar ([noch]) nicht (siehe Neubearbeitung und Umstrukturierung der gesamten DIN 68 800) bauaufsichtlich eingeführt, genießt aber fraglos den Rang ei- ner „allgemein anerkannten Regel der Technik“. In demselben Rang steht der ergänzende Beuth-Kommentar (1998), der auf die Möglichkeit des Zusatzes von Schwammsperrmitteln zum Anmachwasser hinweist. Das WTA-Merkblatt „der Echte Hausschwamm“ geht weder in der alten Fassung (1-2-91), noch in der Überarbeitung (1-2-05) auf diese Methode ein. Die Bauaufsichtlichen Zulassun- gen einiger Schwammsperrmittel haben vermutlich bis zum Jahre 2000 den Anwendungsbereich „Zu- gabe zum Anmachwasser für Mauer- und Putzmörtel“ enthalten. Im Holzschutzmittelverzeichnis 1997 sind mehrere Präparate entspre- chend bezeichnet. Bereits im fol- genden Holzschutzmittelverzeichnis von 1999 ist dieser Anwendungs- bereich jedoch nicht mehr aufge- führt. Alle genannten Regelwerke weisen darauf hin, dass es nicht zulässig ist, ein Schwammsperrmit- tel in der Putzschicht zu verwen- den. Auch für Holzschutzmittel wird generell, ohne Ansehen der Zusam- mensetzung eine verdeckte Anwen- dung gefordert. Die behandelten Flächen sind grundsätzlich zu Wohnräumen hin abzudecken. Damit ist ein Zusatz von Schwammsperrmitteln zum Mörtel zwar nicht ausdrücklich verboten, wird aber von den Regelwerke nicht gedeckt. 2.2 Mörtel Mörtel sind ein Gemisch un- terschiedlicher Anteile von Zement, Sand, Kalk und verschiedener Zu- schlagstoffe, die entsprechend gebrannt, bei Zusatz von Wasser hydraulisch aushärten. Die Aushärtung von Mörtel beruht auf der Verzahnung der hydratisierten Zementteilchen (Cal- cium- und Siliziumoxide sowie Eisen- und Aluminiumoxide) un- tereinander und mit den Zuschlag- stoffen. Letztlich entsteht ein Kri- stallgitter, dessen einzelne Kom- ponenten über elektrostatische Wechselwirkungen miteinander verbunden sind. Die Struktur ist dabei nicht dauerhaft, sondern kann durch äußere Kräfte verän- dert (geschwächt) werden. 2.3 Wechselwirkungen mit Mörtel Aufgrund seiner Reaktivität kann Bor die Ausbildung eines Kri- stallgitters verzögern. So wurden Borate lange als Fließmittel bei der Betonverarbeitung eingesetzt (Czernin 1977). Ihre Wirkung be- ruht in der Verminderung der Vis- kosität des Betons durch Herab- setzen der zwischenmolekularen Kräfte. Haben sich jedoch die Teil- chen einmal abgesetzt und mitein- ander verbunden, ist die Packungs- dichte der Teilchen und somit die Festigkeit des Verbundes sogar er- höht. Die entstandenen Bindungen können durch Borate auch nicht mehr gelöst werden. AUS DER PRAXIS Wechselwirkungen von Borsalzen mit Mörtel und Horizontalsperren Bild 1: Druckfestig- keiten der Mörtel- proben nach ver- schiedenen Zeiten. Zugabe des Schwammsperr- mittels als Borsäure berechnet. Schützen & Erhalten · März 2007 · Seite 26

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