S&E Glossary
Empfehlungen zum Aufbau eines Sachverständigen- gutachtens Zu diesem Thema erhalte ich von den Mitgliedern des Fach- bereiches und Teilnehmern von Fortbildungsveranstaltun- gen immer wieder Anfragen. Es besteht bezüglich des rich- tigen Aufbaus von Gutachten und Untersuchungsberichten ein z.T. größere Verunsiche- rung. Grundsätzlich ist anzumerken, dass sich Aufbau und Aussehen der Gut- achten und Berichte bei den meis- ten Sachverständigen in einem Prozess über mehrere Jahre der praktischen Sachverständigentätig- keit entwickelt haben. Was häu- fig so einfach und logisch aussieht, ist mit viel Entwicklungsarbeit und erworbenen Know-how verbunden. Aus diesem Grunde geben erfahre- ne Sachverständige ihre entwickel- ten Unterlagen auch nicht so gerne einfach an Kollegen, die mit der Sachverständigentätigkeit be- ginnen, weiter. Dieses wird dann häufig als unkollegial usw. bezeich- net, was aber bei weitem nicht so ist. Kein Unternehmen, egal in welchem Wirtschaftsbereich es tätig ist, wird freiwillig seine eigenen Entwicklungen zum Kopieren frei- geben, wenn hierdurch der Wett- bewerb gestärkt und die eigene Position evtl. geschwächt wird oder wenn hierfür nicht Lizenzen usw. erworben werden (siehe Software- produkte). Es gibt aber allgemeine Ein- führungen und Grundlagen, die als Hilfe herangezogen werden kön- nen, wenn die ersten Schritte zur Gutachtenerstellung beschritten werden. Neben den zahlreichen Rechts- und Ausbildungsseminaren für beginnende Sachverständige bietet das IfS (Institut für Sach- verständigenwesen) auf seiner In- ternetseite www.ifsforum.de hier- zu eine 7-seitige Empfehlung, die als pdf-Datei frei herunter geladen werden kann. Es lohnt sich und dies nicht nur für Anfänger, auch schon „län- ger“ am Markt agierende Sachver- ständige können hier den ein oder anderen wichtigen Hinweis bekom- men. Anzumerken ist hier noch, dass vom DHBV in Absprache mit den bestellenden Handwerkskammern Vorbereitungskurse für die ö.b.u.v. angeboten werden, die schwer- punktmäßig die fachlichen Anfor- derungen herausstellen, nicht die rechtlichen. Näheres hierzu ist im Protokoll des Sachverständigentagung 2006 DIE FACHBEREICHE Sachverständige des DHBV nachzulesen, welches auf der Internetseite des DHBV im geschützten Bereich für Mitglieder des Fachbereichs Sachverständige einzusehen ist. Online 24 Stunden geöffnet! www.dhbv.de Die Streitverkündung ge- genüber dem gerichtlichen Bausachverständigen von Rechtsanwalt und Notar Dr. Harald Volze, Frankfurt am Main Das derzeit aktuellste Thema im Sachverständigenrecht bei Bauprozessen ist die Streitver- kündung gegenüber dem ge- richtlichen Sachverständigen. Die Häufung derartiger Fälle ist auf den am 1. 8. 2002 neu eingeführ- ten § 839 a BGB zurückzuführen. Danach haftet ein gerichtlicher Sachverständiger, wenn er vorsätz- lich oder grob fahrlässig ein Gut- achten falsch erstellt und das Ge- richt aufgrund des unrichtigen Gut- achtens falsch geurteilt hat. Durch die Streitverkündung ge- genüber dem gerichtlichen Sach- verständigen soll dieser bereits während seiner gutachterlichen Tä- tigkeit vor dem Gericht von einer Prozesspartei unter Druck gesetzt werden. Der gerichtliche Sachverstän- dige soll veranlasst werden, eine angeblich unrichtige Meinung zu revidieren, da er andernfalls in Regress genommen wird. Mit der Streitverkündung soll ein Sachverständiger mit seinem Gut- achten so prozessual eingebunden werden, dass er von diesem Gut- achten in einem späteren Regress- prozess nicht mehr abrücken kann. I. Der Fall Ein Bauunternehmer wurde wegen eines Baumangels an dem Wohngebäude seines Bauherrn von diesem zunächst mit einem selb- ständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht überzogen. In dem selbständigen Beweisverfahren sollte festgestellt werden, ob Män- gel vorhanden sind, wer die Mängel verschuldet hat und mit welchen Kosten bei der Mängelbeseitigung gerechnet werden muss. Der Bausachverständige X wur- de beauftragt und erstellt sein Gutachten. Er kam zu dem Ergebnis, dass der Bauunternehmer den Mangel verschuldet hat und Män- gelbeseitigungskosten in Höhe von 250.000,00 anfallen werden. Dem Bauunternehmer und sei- nem Rechtsanwalt hat das nicht gefallen. Im Hinblick auf das Ergebnis des Beweisverfahrens erhebt der Bauherr anschließend Klage auf Schadenersatz und klagt die Ko- sten der Mängelbeseitigung ein. In dem Hauptsacheprozess wird der Bausachverständige X erneut von dem Gericht als Gutachter be- stellt. Daraufhin wird dem gericht- lichen Sachverständigen X von dem Rechtsanwalt des Bauunternehmers der Streit verkündet. Der Sachverständige X fragt seinen Anwalt, was er tun soll. Dieser erläutert die Vor- und Nach- teile des weiteren Vorgehens. Bleibt der Sachverständige neutral und verhält sich so, als ob es eine Streitverkündung nicht gegeben habe, läuft er Gefahr, dass ein Prozess weitergeführt wird ohne ihn. Der Bausachverständige X bleibt in diesem Fall aus dem gesamten Verfahren draußen. Das ist mit einem Risiko ver- bunden. Der Sachverständige hört und sieht nämlich nichts mehr von dem Fortgang des Verfahrens. Nach mehreren Jahren wird der Sachver- Schützen & Erhalten · Juni 2006 · Seite 16
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