S&E Glossary
deutenden Verlängerung der Stand- zeit der Konstruktion geführt. Ein Fußballstadion rüstet sich zur Weltmeisterschaft Im Januar 2006 wurde die Tri- bünenüberdachung des Aggersta- dions in Troisdorf (Baujahr 1977) einer holzschutztechnischen Über- prüfung unterzogen. Mit Hilfe der Endoskopie, der Bohrwiderstands- messung und vor allen Dingen der visuellen Beurteilung durch Holz- schutzsachverständige wurden die Schadstellen im Holz aufgespürt. Bereits für den Laien erkenn- bar, bildeten sich an einigen BSH- Bindern zahlreiche Pilzfruchtkör- per (Bild 4), wie man sie auch im Wald an kranken oder abgestorbe- nen Bäumen findet. Die Funktion der Pilze ist an beiden Orten die- selbe – nämliche Holz zu „zerset- zen“. Dem sind die Pilze auch hier mit aller Gründlichkeit nachgegan- gen. Es wäre illusorisch zu glau- ben, dass die pilzbefallenen Bin- der repariert werden können. Aus konstruktiv-statischer und holz- schutztechnischer Sicht wäre dies nicht vertretbar. Die Binder müs- sen komplett erneuert werden. An anderer Stelle konnten an einem Binderkopf Indizien einer Schädigung beobachtet und nach weiterer Sondierung das Schadaus- maß (Bild 5) ermittelt werden. Als Innenholzzerstörer waren dafür der bereits erwähne Zaunblättling und der seltener vorkommende Balken- blättling (lat. Gloeophyllum trabe- um) verantwortlich. Dass an der Holzsubstanz et- was nicht stimmt, fällt mitunter den Eigentümern und/oder Betrei- bern auf. In Eigenregie werden gut gemeinte Reparaturen mittels Bau- schaum, Fugenmaterial aus Silicon- kautschuk, Mörtel, etc., vorgenom- men (Bild 6). Hiervon profitiert jedoch nur der Pilz! Feuchtigkeit dringt durch feine Fugen in das Holz und die Austrocknung wird behindert. Was Besseres kann den Schaderregern nicht passieren. Leider handelt es sich im vor- liegenden Fall nicht um Schönheits- reparaturen. Hier geht es an die Holzsubstanz – an die tragende Holz- substanz! Deswegen sollten Repa- raturen – soweit diese überhaupt möglich sind – den Bau- und Holz- schutzprofis vorbehalten bleiben. Die meisten Schäden an die- sem Bauwerk entstanden dadurch, dass einzelne Binderkonstruktionen ungeschützt der Witterung aus- gesetzt waren. Diese Bauweise, leider vielerorts noch immer prak- tiziert, halten wir aus holzschutz- technischer Sicht für sehr bedenk- lich. Denn bei direkter Bewitterung konstruktive Schäden zu erkennen. Entsprechende Wartungsverträge könnten beispielsweise probate Mittel zur Früherkennung und Ab- wendung von Katastrophen sein. Man fragt sich, warum solche Ver- träge bis heute keinen Eingang in die zuständigen Behörden gefun- den haben. So kann es auch nicht verwun- dern, wenn man anstatt einer Er- weiterung der baulichen Prophy- laxe die noch vor einigen Jahren festgeschriebene Anzeigepflicht eines Befalls durch den Echten Hausschwamm in den Landesbau- ordnungen, trotz vehement und wiederholt vorgetragener Wider- sprüche kompetenter Fachleute und Verbände, in den verantwortlichen Gremien mit einem Federstrich AUS DER PRAXIS und den Niederschlägen ausgesetzt, wächst die Neigung zu Rissbildun- gen. Diese Risse sind Eintrittspfor- ten nicht nur für Feuchtigkeit, son- dern auch für Pilzsporen. Deshalb sollten Konstruktionen aus Brett- schichtholz grundsätzlich vor Nie- derschlägen geschützt werden. Durch das Anbringen von Verscha- lungen, Abdeckungen o.ä. ist dieses möglich. Fazit Um Unglücksfälle wie in Bad Reichenhall – und inzwischen auch in anderen Orten – möglichst zu vermeiden, bedarf es ständiger Beobachtungen und Sicherheits- kontrollen konstruktiver Bauteile in öffentlichen Gebäuden durch geeignete Spezialisten, die in der Lage sein müssen, in angemesse- nen Zeitabständen sich anbahnende annullierte (Ausnahmen: Sachsen, Hamburg und Thüringen). So ver- bleibt also ein bitterer Nachge- schmack auf der Suche nach den Schuldigen der Bad Reichenhaller Katastrophe: denn nicht dem Holz als unentbehrlicher Baustoff und den Holzschädlingen kann das al- leinige Verschulden aufgebürdet werden. Nur wenn Brettschichtholz unter Beachtung des bautechni- schen Holzschutzes dauerhaft tro- cken eingebaut wird, braucht man sich vor Pilzschäden an der Holz- substanz nicht zu fürchten. Holz- schutzexperten in den verschiede- nen Organisationen, insbesondere im DHBV, kennen die Schwachstel- len und sollten bei der Planung und besonders bei der Diagnose beste- hender Binderkonstruktionen mit einbezogen werden. Ekkehard Flohr Peter Grabow Bild 4: Wenn ein Brettschichtbinder zum Pilzbiotop wird. Bild 6: Bauschaum und Mörtel – ungeeignete Reparaturversuche am bewitterten Brettschichtholz. Bild 5: Ein bewitterter Binderkopf vor und nach der Untersuchung. Schützen & Erhalten · März 2006 · Seite 28
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