S&E Glossary
Schützen & Erhalten · Dezember 2005 · Seite 14 Beurteilungen zu verfälschen (Weisungsfreiheit). (3) Der Sachverständige hat sei- ne Aufträge unter Berücksich- tigung des aktuellen Standes von Wissenschaft, Technik und Erfahrung mit der Sorgfalt ei- nes ordentlichen Sachverstän- digen zu erledigen. Die tatsäch- lichen Grundlagen seiner fach- lichen Beurteilungen sind sorg- fältig zu ermitteln und die Ergebnisse nachvollziehbar zu begründen. Er hat in der Re- gel die von den Industrie- und Handelskammern herausgege- benen Mindestanforderungen an Gutachten und sonstigen von den Industrie- und Han- delskammern herausgegebenen Richtlinien zu beachten (Ge- wissenhaftigkeit). [ Solche Min- destanforderungen und Richt- linien sind vergleichbar auch von den Handwerkskammern heraus- gegeben. – G. Brückner ] (4) Der Sachverständige hat bei der Erbringung seiner Leistung stets darauf zu achten, dass er sich nicht der Besorgnis der Be- fangenheit aussetzt. Er hat bei der Vorbereitung und Erarbei- tung seines Gutachtens strik- te Neutralität zu wahren, muss die gestellten Fragen objektiv und unvoreingenommen beant- worten (Unparteilichkeit). Insbesondere darf der Sachverstän- dige nicht – Gutachten in eigener Sache oder für Objekte und Leistun- gen seines Dienstherren oder Arbeitgebers erstatten. – Gegenstände erwerben oder zum Erwerb vermitteln, eine Sa- nierung oder Regulierung der Objekte durchführen, über die er ein Gutachten erstellt hat, es sei denn, er erhält den ent- sprechenden Folgeauftrag nach Beendigung des Gutachtenauf- trags und seine Glaubwürdig- keit wird durch die Übernah- me dieser Tätigkeiten nicht in- frage gestellt. Analoge Ausführungen finden sich in den „Rechten und Pflichten“ von zertifizierten Sachverständigen. Die Anforderungen gelten damit gene- rell für das gesamte Leistungs- spektrum des Sachverständigen. Die Sachverständigenordnungen der Kammern sehen allerdings nicht nur die Gutachtenerstellung als aus- schließliche Tätigkeit des Sachver- ständigen vor. Vielmehr ist in § 2 „Öffentliche Bestellung“, Absatz 2, festgelegt, dass die öffentliche Bestellung die Erstattung von Gut- achten und andere Sachverständi- genleistungen wie Beratungen, Überwachungen, Prüfungen, Ertei- lung von Bescheinigungen sowie schiedsgutachterliche und schieds- richterliche Tätigkeiten umfasst [ Für Sachverständige des Handwerks ist das ähnlich geregelt. – G. Brück- ner ]. In den dazugehörenden Richt- linien wird darüber hinaus ausge- führt, dass es sich hierbei nicht um eine abschließende Aufzählung handelt. Damit ist einerseits klar- gestellt, dass der Sachverständige für alle Leistungen gewissen Pflich- ten unterliegt, andererseits aber auch unterschiedliche sachverstän- dige Leistungen anbieten kann. Wenn diese Leistung ein Gutach- ten ist, hat er sich an die von den Bestellungskörperschaften heraus- gegebenen Mindestanforderungen zu halten. Sind es andere Produk- te, gelten andere Standards. 3. Standards für Produkte und Dienst- leistungen von Sachverständigen Der Begriff Gutachten ist ge- setzlich nicht definiert. Es ist je- doch zu unterscheiden zwischen einem „vollwertigen“ Gutachten und anderen sich an den Wünschen des Marktes orientierenden Leistun- gen von Sachverständigen (z.B. Kurzberichte, Schadenkalkula- tionen, Schadenberichte Werter- mittlung, Stellungnahmen, Prüfbe- richte). Während an erstere die vorgeschriebenen Anforderungen gestellt werden, sind die Anforde- rungen an letztere flexibler und sind im Zweifel im Auftrag klar zu spezifizieren. Für andere Produk- te gilt jedoch auch, dass hier nicht mit verminderter Sorgfalt, allein schon aus Haftungsgründen, ge- arbeitet werden kann. Aus diesem Grund sollte bei der Bezeichnung (Überschrift) der Leistung anhand des Inhalts differenziert werden. Sonst kann es passieren, dass ein so genanntes Gutachten, das in Wirklichkeit eine kurze und gemäß den Wünschen des Auftraggebers in erster Linie ergebnisorientier- te Wertermittlung mit verkürzter Begründung darstellt, vor Gericht oder bei der Gutachtenüberprüfung als fehlerhaft angesehen wird. Auch im Bereich der Haftung des Sach- verständigen dürfte diese Unter- scheidung eine Rolle spielen. 3.1 Rechtliche Grund- lagen für die Erstel- lung von Gutachten Für die Erstellung eines Gutach- tens gelten folgende Grundsätze: Es existiert keine gesetzliche Regelung . In der Rechtsprechung haben sich aber Grundsätze hier- zu entwickelt (insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Entschädi- gung bei fehlerhaften Gutachten und Haftungsfragen): – KG Berlin, 5. Strafsenat, Be- schluss vom 11. 12. 1998, AZ.: 5 Ws 672/98: „Ein Gutachten erfordert eine umfassende und in sich nachvollziehbare Dar- stellung des Erkenntnis- und Wertungsprozesses des Begut- achtenden. Hierzu gehören die Angaben der von ihm heran- gezogenen und ausgewerteten Erkenntnismittel sowie die hier- durch erlangten Informationen [...]“ – VG Stade, Urteil vom 9.6.1988, AZ.: 1 VG A 48/86: „Gutach- ten [...], die nicht den Min- destanforderungen entspre- chen, die DIHT und Kammern an die Fertigung solcher Gut- achten aufgestellt haben, [sind fehlerhaft]“ – OLG Düsseldorf, 10* Zivilsenat, Beschluss vom 6. März 1997, AZ.: 10 W 33/97: „Die Verwert- barkeit des Gutachtens ist entscheidend von dessen Nach- prüfbarkeit abhängig. Von daher besteht ein Entschä- digungsanspruch des Sach- verständigen nicht, wenn er pflichtwidrig grob fahrlässig die Unbrauchbarkeit des Gut- achtens herbeiführt, indem er lediglich ein Ergebnis mit- teilt, das nicht nach vollzieh- bar dargestellt ist.“ Neben der Rechtsprechung sollte auch beachtet werden, dass sofern ein Gutachten mit dem Ziel Ver- kehrswert nach § 194 BauGB zu erstellen ist, Regelungen der WertV für die Wertermittlung und damit für das Gutachten einzuhalten sind. Als Auszug sei hier beispielhaft erwähnt: – § 7, Ermittlung des Verkehrswer- tes, Absatz 2, die Wahl (Ver- fahren) ist zu begründen. – § 11, Absatz 1, ...Liegen- schaftszins ist auf der Grund- lage geeigneter Kaufpreise zu ermitteln – § 18, Absatz 6, „Bewirt- schaftungskosten“ ...Soweit sie sich nicht ermitteln lassen, ist von Erfahrungsgrundsätzen auszugehen. Diese rechtlichen Grundlagen soll- ten dann auch für Zwangsverstei- gerungsgutachten anzuwenden sein, da ja auch hier das Ziel des Verkehrswertes nach § 194 BauGB vorgegeben ist. 3.2. Richtlinien und sonstige Standards Um sicherzustellen, dass die Anforderungen vom Sachverstän- digen eingehalten werden, haben die Bestellungskörperschaften und das IfS für bedeutsame Sachgebiete (z.B. Bewertung von Grundstücken, Schäden an Gebäuden, Kraftfahr- zeugschäden- und Bewertung) so genannte Mindestanforderungen an Gutachten erarbeitet, die von den entsprechenden Kreisen als verbindlich angesehen werden, (s. z. B. auch 1.3.5 der Allgemeinen Informationen und Bedingungen zur Zertifizierung von Sachverstän- digen für die Bewertung von be- bauten und unbebauten Grundstük- ken der IfS GmbH). Als erster Grundsatz ist dort Folgendes fest- gehalten: „Sachverständigengut- achten müssen nachvollziehbar, begründet und vollständig sein“. DIE FACHBEREICHE Sachverständige
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