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Schützen & Erhalten · Dezember 2005 · Seite 15 So hat beispielsweise auch „Hyp- Zert“ in ihren Zertifizierungsanfor- derungen unter Punkt 9.3 Mindest- anforderungen an Gutachten für Sachverständige aus dem Zertifi- zierungsbereich „Beleihungswert- ermittiung von Immobilien“ erstellt. Zudem schreiben die Richt- linien zur Mustersachverständigen- ordnung hinsichtlich der Form der Gutachtenerstattung Folgendes vor: – das Gutachten muss systema- tisch aufgebaut und übersicht- lich gegliedert sein, in den Gedankengängen für den Lai- en nachvollziehbar und für den Fachmann nachprüfbar sein; (Nachprüfbarkeit bedeutet, dass die das Gutachten tra- genden Feststellungen und Schlussfolgerungen so darge- stellt sind, dass sie von einem Fachmann ohne Schwierigkei- ten als richtig oder falsch er- kannt werden können) – auf das Wesentliche beschränkt bleiben – unter Berücksichtigung des je- weiligen Adressaten verständ- lich formuliert sein; unvermeid- bare Fachausdrücke sind zu erläutern (Richtlinien zur Mu- ster-SO des DIHK, 11.6). Auch in der Fachliteratur beste- hen allgemein anerkannte Grund- sätze, die Inhalt und Aufbau so- wie die Bezeichnung von Gutach- ten festlegen: – grundsätzlich: das Gutachten muss alle tatsächlichen Anga- ben enthalten, die zum Erfas- sen des Sachverhalts und zum Verständnis der weiteren Aus- führungen erforderlich sind. Außerdem müssen die einzel- nen Gedankengänge und Schlussfolgerungen so lücken- los sein, dass sie in ihrem lo- gischen Zusammenhang für jedermann nachvollzogen und nachgeprüft werden können (siehe Weidhaas in Wellmann: „Der Sachverständige in der Praxis“, 7. Auflage, Abschnitt A, Rndnr. 39) – „Ein Gutachten muss systema- tisch aufgebaut, übersichtlich gegliedert, nachvollziehbar be- gründet, auf das Wesentliche konkretisiert und sachlich rich- tig sein“. Fehlerhaft ist das Gutachten selbst bei richtigem Ergebnis dann, wenn es „in der Begründung erhebliche Darstel- lungsmängel“ hat. (Bleutge in „Die Haftung des Sachverstän- digen für fehlerhafte Gutach- ten“, 1. Aufl. 2002, S. 14, 2.2) – Zur Bezeichnung „Kurzgutach- ten“: „Der Sachverständige ist nicht berechtigt mit einer blo- ßen Ergänzung zur Bezeich- nung seiner Gutachten sich der Verpflichtung zur Gewissenhaf- tigkeit zu entziehen. Vertrag- lichen Gestaltungsspielräumen sind deshalb enge Grenzen gesetzt, zumal der Sachverstän- dige die Drittwirkung seiner Tätigkeit im haftungsrecht- lichen Kontext [...] nicht ver- nachlässigen kann; schließlich verstehen die Auftraggeber unter einem Kurzgutachten üblicherweise eine verkürzte Begründung zu geringeren Ko- sten, aber mit einem dessen ungeachtet präzisen Ergebnis. Da die Begründung eines Gut- achtens den Ergebnisfindungs- prozess dokumentiert, wird dem Sachverständigen in solchen Fällen entweder die Übernah- me eines erhöhten Risikos zur Ergebnisrichtigkeit oder ein Honorarverzicht abverlangt. Der Sachverständige sollte deshalb in solchen Fällen auf seine öf- fentlich rechtliche Verpflich- tung zur gewissenhaften Tä- tigkeit verweisen und die Über- nahme von Kurzgutachten ablehnen.“ (Bock in Bayerlein, 3. Aufl., § 3, Rdnr. 21) – „Es stellt sich [...] die Frage, ob die Art und Weise, insbe- sondere der Umfang der Dar- stellung der fachlichen Würdi- gung zulässigerweise durch den Auftraggeber beeinflusst wer- den kann, z.B. durch die Art des Auftrags oder den Zweck der Leistung des Sachverständi- gen. Stichworte in diesem Zusammenhang sind Erschei- nungsformen der Sachverstän- digenleistungen wie Formular- und Standardgutachten und Kurz- und Pauschalgutachten. [...] Fraglich erscheint aller- dings, ob derartige Leistungen, die bisher weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung definiert sind, noch als Gut- achten im eigentlichen Sinn be- zeichnet werden können.“ (Roeßner in Bayerlein, 3. Aufl., § 10 Rdnr. 16) – „Standardisierte und Formular- gutachten dienen vor allem der raschen und kostengünstigen Verfahrensabwicklung und sol- len darüber hinaus die Ver- gleichbarkeit von Gutachten bei häufig vorkommenden gleichartigen Geschäftsvorgän- gen erleichtern. [...] Die Tat- sache, dass es diese Sonder- formen der Gutachtenerstat- tung gibt, muss als Indiz dafür angesehen werden, dass sie zumindest zweckmäßig sind. Rechtlich unbedenklich sind sie, wenn für die Verkehrsbe- teiligten ihre Bedeutung offen- gelegt und damit klar erkenn- bar ist. In gerichtlichen Ver- fahren sind sie in aller Regel wegen der eingeschränkten Nachvollziehbarkeit nicht brauchbar.“ (Roeßner in Bayer- lein, 3. Aufl., § 10, Rdnr. 16) – „Ein Gutachten muss „immer logisch aufgebaut, objektiv, transparent und nachvollzieh- bar sein [...]. Der Sachver- ständige muss seiner Informa- tionspflicht umfassend nach- kommen und sollte möglichst keine Lücken im Gutachten zulassen. Dies ist nicht nur für eine qualitativ einwandfreie Er- stellung des Gutachtens not- wendig, sondern auch zur Ver- meidung einer möglichen Haf- tung des Sachverständigen erforderlich.“ (Dr. Roland Fi- scher, Prof. Dr. Hans-Jürgen Lo- renz, Dipl.-Ing. Matthias Bie- derbeck: „Die Erstellung von Gutachten bei Zwangsverstei- gerungen“, Rpfleger Heft 7/ 2002). – „Ein Gutachten ist indessen mangelhaft, wenn es in nicht nachvollziehbarer Weise nur das Ergebnis mitteilt“, OLG Düssel- dorf, Beschluss vom 21.8.1995 – 10 W 6/95, zitiert aus Klei- ber, Wolfgang/Simon, Jürgen/ Weyers, Gustav, Verkehrswerter- mittlung von Grundstücken, Kommentar und Handbuch zur Ermittlung von Verkehrs-, Be- leihungs-, Versicherungs- u. Unternehmenswerten unter Be- rücksichtigung von WertV und BauGB, Bundesanzeiger Ver- lagsgesellschaft mbH, Köln, Neuauflage 2002. Neben der wohl originären Tätig- keit als Gutachter umfasst die Sachverständigentätigkeit auch andere Sachverständigenleistun- gen, wie Beratungen, Überwachun- gen, Prüfungen, (s. § 2 Abs. 2 der Muster-SO des DIHK), Wertermitt- lungen, Kalkulationen und Bewer- tungen. Im Einzelnen lassen sich im Zusammenhang mit den unter 3.1 und 3.2. getroffenen Feststel- lungen folgende Schlüsse ziehen: Wenn eine Sachverständigen- leistung mit Gutachten betitelt wird, muss dieses auch den (Min- dest-) Anforderungen an ein „voll- wertiges“ Gutachten hinsichtlich Aufbau und Inhalt genügen („Nut- ella-Prinzip“: nur, wo Nutella drauf- steht, ist auch Nutella drin). An- derenfalls muss damit gerechnet werden, dass das „Gutachten“ we- gen der (gewollten) verkürzten Begründung und der damit meist einhergehenden eingeschränkten Nachvollziehbarkeit als fehlerhaft anzusehen ist – selbst, wenn das Ergebnis richtig ist. Denn die Nach- vollziehbarkeit ist unumgängliche Voraussetzung für ein ordnungs- gemäß erstattetes Gutachten. Es besteht grundsätzlich keine Ver- pflichtung (und damit auch kein Grund), jede sachverständige Lei- stung, die eine Bewertung zum Gegenstand hat, als Gutachten zu betiteln. In vielen Bereichen der Immobilienwirtschaft oder dem Kraftfahrzeuggewerbe wird vom Auftraggeber kein „richtiges“ und ausführliches Gutachten gefordert, sondern eine in der Begründung verkürzte Ergebnisdarstellung. Ausdrücklich gefordert wird ein solches Gutachten dagegen z.B. im Bereich der Wertermittlung nach dem Baugesetzbuch (BauGB). Auf Antrag erstatten hier die Gutach- terausschüsse gem. §§ 192 ff. BauGB Gutachten zur Ermittlung DIE FACHBEREICHE Sachverständige

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