S&E Glossary

Schützen & Erhalten · März 2005 · Seite 30 AUS DER PRAXIS Borverbindungen – Holzschutzmittel mit langsamer Wirksamkeit? Bekämpfend zugelassene Präparate auf Basis von Borsal- zen werden im Holzschutzmit- telverzeichnis und in den Zu- lassungen als langsam wirksam charakterisiert. Einige Hersteller berücksichtigen dieses in Ihren Merkblättern mit dem deutlichen Hinweis, dass auch noch 1–2 Jahre nach einer fachlich kor- rekten Behandlung einzelne Käfer ausschlüpfen können (sie- he hierzu auch Flohr 2004). Zu- sätzlich zirkulieren Angaben über einzelne Versuche und Fehlschläge in der Praxis, bei denen auch nach mehreren Jah- ren noch eine deutliche Akti- vität zu beobachten ist. Sind Borsalze also doch nicht ausreichend wirksam, oder reichen die Einbringmen- gen nicht aus? Für die Beantwortung die- ser Frage sind keine aufwendi- gen Versuche notwendig, da sich in der älteren Literatur erstaun- lich viele sehr genaue und dif- ferenzierte Angaben finden las- sen, die im Folgenden einge- hend erörtert werden sollen. Einleitung Borate werden seit den 40er Jahren zunehmend weltweit, zunächst ausgehend von Austra- lien und Neuseeland, eingesetzt (Bavendamm 1959, Carr 1959). Auch in Deutschland nahm ihre Bedeutung seit den 80er Jah- ren erheblich zu. Die zunächst als „alternative“ Holzschutzmit- tel eingeführten Verbindungen sind heute in über 60% aller zugelassenen wasserlöslichen Holzschutzmittel enthalten und haben andere wie die Flourver- bindungen oder Lindan völlig verdrängt (Peylo 1998). Neben den Pyrethroiden und den in den letzten Jahren neu eingeführ- ten Hormonanaloga (Häutungs- hemmer) stellen sie eine der drei noch verbliebenen Wirkstoff- gruppen in zugelassenen be- kämpfenden Holzschutzmitteln dar. In dieser langen Zeit der Anwendung wurden bereits viele Untersuchungen durchgeführt, so dass Bor zu den am besten bekannten Wirkstoffen zählt. So wurde die Effektivität gegen Insekten und holzzerstörende Pilze und Schimmelpilze mehr- fach untersucht. Bei den Insek- ten wurde über die für uns wich- tigen Nagekäfer (Anobium puctatum) und Hausbock (Hy- lotrupes bajulus) sowie über die in Australien bedeutenden Splintholzkäfer (Lyctus bruneus) berichtet. Der offenbar an Be- deutung gewinnende Bunte Nagekäfer (Xestobium rufofillo- sum) wurde dagegen nicht un- tersucht, da er sich durch sei- ne spezielle Lebensweise einer Haltung im Labor fast völlig entzieht. Laboruntersuchungen Alle Versuche wurden an getränkten Proben durchgeführt, die eine annähernd homogene Verteilung der Wirkstoffe über den Querschnitt aufweisen. Dies entspricht zwar nicht der rea- len Verteilung nach einer Ober- flächenbehandlung in der Praxis, aber nur so können die verschiedenen Ergebnisse unter- einander verglichen werden. Eilarven des Hausbocks (frisch geschlüpft, 2 Tag alt) sterben bei einer Versuchsdauer von 4 Wochen bei einer Kon- zentration von ca. 5kg Borsäure/ m³ Holz (ca. 1%). Vier Monate alte Larven überlebten dagegen sogar 10kg/m³. Nach 12 Wochen waren die Eilarven bei einer Konzentrati- on von 0,4kg/m³ (0,08%) und die älteren Larven bei ca. 0,55kg/m³ vollständig abgestor- ben. Bei 6 Monaten Versuchsdau- er genügten ca. 0,25kg/m³ (0,05%) zur Abtötung der Eilar- ven (Becker 1959). Die entsprechenden Werte für Borax liegen etwa um den Faktor 1,5 höher. Dies ist ganz einfach im geringeren Borgehalt von Borax (Na 2 B 4 O*10H 2 O, 11,3% B) gegenüber Borsäure (H 3 BO 3 , 17,5% B) begründet. Eine Grenze der Giftwirkung bei ca. 0,5kg/m³ (0,1%) wird von Kaltwasser (1941) und Ba- vendamm (1958) bestätigt. Es zeigt sich hier eine deut- lich höhere Empfindlichkeit der Eilarven gegenüber größeren Larven, die mehrere Monate ohne Nahrungsaufnahme im Holz überleben können. Dabei bewegen sich die Larven aber offenbar im Holz fort. Sie kön- nen somit behandeltes Holz offenbar erkennen. Eilarven können ohne Nahrung nur we- nige Wochen überleben. Sobald die Hungerfähigkeit überschrit- ten ist, gleichen sich die Gift- werte an. Giftwerte gegen Anobium wurden von Spiller (1948) so- wie Spiller und Denne (1948) bestimmt. Eilarven werden be- reits ab einer Konzentration von 0,04kg/m³ (ca. 0,01%) abge- tötet. Ältere Larven werden dagegen bei 16 Wochen Ver- suchszeit erst bei ca. 5kg/m³ (ca. 1,1%) abgetötet. Becker (1959) nennt für 12 Wochen Versuchszeit sogar über 15kg/ m³ als erforderlich. Nach 6 Mo- naten sinken diese Werte auf ca. 3kg/m³ ab. Diese deutlich höhere Resi- stenz der kleinen Anobien-Lar- ven ist auf ihre Fähigkeit zu- rückzuführen bis zu einem Jahr (!) im Holz ohne Nahrungsauf- nahme zu überdauern. Auch sie sind dabei offenbar in der Lage behandeltes Holz zu erkennen und dieses zwar zu zernagen, nicht aber zu fressen (Spiller, Denne 1948). Eilarven des Splintholzkä- fers (Lyctus bruneus) zeigen sich mit ca. 1kg/m³ (0,2%) deutlich weniger empfindlich als die Eilarven des gewöhnlichen Nagekäfers (Cummins 1936). Bei allen diesen Versuchen kommt der Versuchsdauer und auch der Größe der verwende- ten Insekten entscheidende Bedeutung zu. Die aktuellen Normen, EN 22 bzw. die sie er- setzende ENV 1390 für die be- kämpfende Prüfung gegen Haus- bock, gehen von einer Prüfdauer von 12 Wochen (schnelle Wir- Insekt Stadium 4 Wochen 12 Wochen 6 Monate Hausbock Eilarve 1% 0,08% 0,05% Larve 4-5 Monate 2% 0,11% — Anobium Eilarve — 0,01% — Larve 4-5 Monate — 1% 0,6% Splintholzkäfer — 0,2% Tabelle 1: Erforderliche Konzentrationen Borsäure [%] zur Abtötung der Insekten

RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=