S&E Glossary

Rechtsprechung für den Sachverständigen Der Beitrag bietet einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen in der Sachverständigenrechtsprechung. I. Haftung In einem Urteil des BGH vom 10.10.2013 1 finden sich folgende Leitsätze: „1. Bei der Haftung des Sachverständigen für ein unrichtiges Verkehrswertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren ist zu be­ rücksichtigen, dass dieses der Feststellung des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts dient und gerade auch in dieser Hinsicht bezüglich des festgestellten Verkehrswertes „unrichtig“ sein muss. 2. Baumängel und Bauschäden haben in die­ sem Zusammenhang Bedeutung, als sie sich auf den Verkehrswert auswirken. Anders als der speziell mit der Feststellung von Bau­ mängeln beauftragte Gutachter darf sich der Verkehrswertgutachter im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteige­ rungsobjekts begnügen und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen oder entsprechende Hinweise ge­ ben, wenn hierzu nach den Umständen des konkreten Falls Anlass besteht. 3. Bei der Ermittlung des Verkehrswerts eines (bebauten) Grundstücks sind kleinere Dis­ krepanzen zwischen dem vom Regressge­ richt festgestellten und von dem Sachver­ ständigen ermittelten Verkehrswert unver­ meidbar; sie durfen nicht ohne weiteres zu Lasten des Sachverständigen gehen. 4. Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass der Gut­ achter unbeachtet gelassen hat, was jedem Sachkundigen einleuchten muss, und dass seine Pflichtverletzung schlechthin unent­ schuldbar ist. Maßgebend ist hierbei nicht der Sorgfaltsmaßstab eines Bauschaden­ sachverständigen, sondern der Sorgfalts­ maßstab eines Verkehrswertgutachters.“ Der Sachverständige war vom Amtsgericht an- lässlich einer Zwangsversteigerung beauftragt worden, ein Verkehrswertgutachten für das Gericht zu erstellen. Es handelte sich bei dem Objekt der Zwangsversteigerung um ein cir- ca 100 Jahre altes Fachwerkhaus. Das Gebäude war in keinem guten Zustand, aber bewohnt. Der Sachverständige nahm eine Ortsbesich- tigung vor und besichtigte das Gebäude von außen und innen. Feuchteschäden und Putz- schäden wurden von dem Sachverständigen in seinem Gutachten aufgenommen und mit der Bemerkung versehen, dass der bauliche Zustand befriedigend sei, es aber einen erheblichen Un- terhaltsstau und Renovierungsbedarf gebe. Der Kläger ersteigerte das Objekt zu circa 2/3 des Verkehrswertgutachtens. Im Rahmen von Sa- nierungsarbeiten wurde das Gebäude entkernt. Dabei wurde festgestellt, dass Balken im Ge- bäude verfault waren. Der Kläger warf dem gerichtlichen Sachver- ständigen vor, dass er das Ausmaß der Feuchtig- keitsschäden und Fäulnisschäden verkannt habe und veranlasste ein selbständiges Beweisverfah- ren gegen den gerichtlichen Sachverständigen. Das Gericht beauftragte hierbei einen Sachver- ständigen für Baumängel. Es beauftragte keinen Sachverständigen für Verkehrswertermittlung von Grundstücken und Gebäuden. Der Sachverständige für Bauschäden ver- trat die Auffassung, dass man anhand der Putz- schäden an den Fassaden des Gebäudes darauf habe schließen müssen, dass die im Baukörper befindlichen Balken verfault seien. Das LG hat ein grob fahrlässiges Verschul- den verneint und die Schadensersatzklage nach §839 a BGB gegen den gerichtlichen Sachver- ständigen abgewiesen. Das OLG hat ein grob fahrlässiges Verschulden angenommen, aber die geltend gemachte Schadenshöhe mit circa 75% nicht zuerkannt, also dem Kläger lediglich cir- ca 25% der geltend gemachten Schadenssum- me zuerkannt. Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen mit der Auflage, erneut zu überprüfen, ob der ge- richtliche Sachverständige grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt hat. Hierbei ist das OLG angewiesen worden, sich sachverständi- ger Hilfe zu bedienen; und zwar eines Verkehrs- wertsachverständigen. Anmerkung: Das Urteil des BGH, der wesent- liche Grundsätze für die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen aufgestellt hat, überzeugt. II. Ortstermin Das OLG Saarbrucken 2 hatte einen Sach- verhalt zu entscheiden, in dem ein Ortstermin ohne Anwesenheit der klagenden Partei durch- geführt wurde: Zu dem vom gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Ortstermin erschienen die Parteien persönlich. Die Beklagte untersagte der Klägerin aber den Zutritt zu ihrem Grundstück. Daraufhin verließen der Rechtsanwalt der Klägerin und die Klägerin selbst unter Protest den Ortstermin. Der Sachverständige führte den Ortstermin in Anwe- senheit der Beklagten durch. Die Klägerin lehnte danach den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab; und zwar mit Erfolg. Anmerkung: Nach §357 I ZPO hat eine Par- tei das Recht, persönlich an einem Ortstermin teilzunehmen. Wird ihr dieses Recht verweigert, darf der Sachverständige den Ortstermin nicht allein mit einer Partei durchführen. Der gerichtliche Sachverständige hätte den Ortstermin absagen müssen und nach § 404 a ZPO die Anweisung des Gerichts einholen müs- sen. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, dass im allseitigen Einverständnis auf die Begleitung des Sachverständigen von ihren Parteien und ihren Rechtsanwälten verzichtet wird 3 . Es ist auch denkbar, dass nur die Rechtsanwälte der Fachbereiche Sachverständige Von Rechtsanwalt Dr. Harald Volze wur- de nachfolgender Artikel mit von ihm kommentierten Auflistungen zu Recht- sprechungen zum Sachverständigenrecht für die Veröffentlichung in S&E zusam- mengestellt. Die hier dargestellten Fälle dürften insbesondere bei im Baubereich tätigen Sachverständigen auf großes In- teresse stoßen. Dr. Volze ist im DHBV kein Unbekannter. Sowohl als Verfasser diverser Artikel für die S&E, als auch auf den Sachverstän- digentagungen des DHBV zum Sachver- ständigenrecht, ist er ein gern gesehener Experte, der in exzellenter Rhetorik und mit hoher Fachkompetenz Fragen aus dem Baurecht klar und verständlich dem Leser bzw. Zuhörer vermittelt. Es schreibt für Sie: Dipl. Holzwirt Georg Brückner Fachbereichsleiter Sachverständige Roggenkamp 7a · 59348 Lüdinghausen Telefon: (0 2591) 949653 Fax: (02591) 949654 E-Mail: brueckner@dhbv.de Es schreibt für Sie: Dr. Harald Volze Rechtsanwalt und Notar Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Fachanwalt für Versicherungsrecht Börsenplatz 1 · 60313 Frankfurt am Main Telefon: (069) 287850 · Fax: (069) 291564 E-Mail: DrVolze@aol.com Web: www.drvolze.de Schützen & Erhalten · März 2015 · Seite 19

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