S&E Glossary
Die Ex-Press Berufsinformation des DSV e.V. | SBK-Praxis wird uns immer passieren, dass Leute im Internet recherchieren. Aber selbst, wenn die Ei-Karten dort gekauft werden, kann noch vieles falsch gemacht werden. Als erstes ist es wichtig, Ängste beim Kun- den abzubauen. Wir sind im Umgang mit sechs- beinigen Tieren sicherlich etwas rustikal und nur wenige unserer Kunden können so begeistert auf einen zuckenden, zappelnden neuen Mitbewoh- ner reagieren, wie unser Berufsstand. Daher ist das Wording auch entscheidend. Die Nützlinge sollte man auch genau so bezeichnen, da bereits das Wort „Wespe“ bei Kunden Assoziationen mit ‚stechen‘ und ‚gefährlich‘ auslösen. Das ist na- türlich Unfug. Schlupfwespen können uns nicht stechen. Sie haben keine Veranlassung dazu und sie besitzen keine Giftdrüse. Das nächste Argu- ment ist, dass wir ein Insekt mit einem anderen Insekt bekämpfen, es vor dem mentalen Auge des Endverbrauchers also bereits von nun neu- en Tieren in seiner Wohnung wimmelt. Dies wird verstärkt, wenn man unvorsichtiger Weise von einem Überschwemmungsverfahren gesprochen hat. Spätestens in diesem Moment bemerken Sie die Gänsehaut Ihres Gegenübers und neh- men wahr, dass Sie von der Beratung in eine Seelsorger Funktion hinübergeglitten sind. Oh ja, Sie sind dabei, sich Ihren Stundensatz red- lich zu verdienen. Arbeit kann anstrengend sein, aber ich finde unseren Beruf an dieser Stelle sehr faszinierend. In der Aufklärung hat mir immer geholfen, dass man dem Kunden deutlich macht, dass Motteneier regelmäßig in seinen Lebens- mitteln vorkommen, sich aber noch nie jemand darüber aufgeregt hat. Wir differenzieren sie im Nahrungsmittel eben nicht, auch wenn klar ist, dass kleine schwarze Punkte nicht immer gerie- bene Vanilleschote sind, insbesondere nicht im Müsli. Wenn der Kunde dies akzeptiert hat, ist er bereit für das nächste Argument. Die Nützlinge Trichogramma evanescens durchlaufen ihre ganze Entwicklung im Mottenei. Sind also noch kleiner als ein Mottenei. Die Nützlinge sind reine Fuß- gänger, somit haben wir eine gewisse Kontrolle über die Verteilung. Spätestens nach einer Viertelstunde fach- simpeln wird klar, ob wir den Kunden für diese Methode im Boot haben, oder ob er eine an- dere Bekämpfungsvariante haben möchte. Zu diesem Zeitpunkt zeigen wir die Kärtchen um die es geht, auf denen unsere Schlupfwespen in Motteneiern herangezüchtet wurden. Darauf sitzen die Trichogrammen unterschiedlich weit entwickelt. Über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen schlüpfen immer wieder Nützlinge, die die Umgebung absuchen. Danach muss man die Karten austauschen. Dies wird mindestens zweimal wiederholt, womit man einen Zeitraum von insgesamt 9 Wochen abdeckt. Ziel ist es ja, einen gesamten Generationswechsel, vom Ei bis zur nächsten Eiablage der geschlüpften Genera- tion abzudecken. Hier kommen Sie ins Spiel. Wir wissen, dass ein solcher Zeitraum stark Tempe- ratur-abhängig ist. Je nachdem zu welcher Jahreszeit der Kunde uns anruft und welche Stadien er entdeckt hat, funktioniert der Einsatz mit Nützlingen nur mit notwendigen Modifizierungen. In der Regel ruft uns der Kunde an, weil erwachsene Falter durchs Haus schwirren und die Quelle nicht genau zu lokalisieren ist. Dann muss man sich keine Ge- danken um Jahreszeit und Diapause machen, da die Falter vorhanden und aktiv sind. Wenn der Kunde aber Wanderraupen gesehen hat und durch Gespinste oder verklumpte Nahrung aufmerksam geworden ist, ist nicht gesagt, dass innerhalb der nächsten neun Wochen die Faltergeneration schlüpft. Hier muss ggf. länger mit Trichogram- makarten gearbeitet werden, oder man muss einen zusätzlichen Nützling ins Spiel bringen, der an einer anderen Stelle des Lebenszyklus eingreift. Es gibt bei den Brackwespen die Gat- tung Habrobracon, die die Raupen der Motten parasitiert. Man setzt diese Art auch ein, wenn der Kunde eine möglichst schnelle Tilgung sei- ner Schädlinge in der Wohnung haben möchte. Dann entwickeln sich keine Falter, die aus sonst allen Raupen schlüpfen, welche bereits vorhan- den waren, als man die Bekämpfung mit Tricho- gramma begonnen hat. Sie werden sehen, es besteht viel Beratungs- bedarf. Auch bei einer recht einfachen Methode, wie dem Verteilen von Kärtchen mit Nützlingen kann ein Anwender Fehler machen. Wichtig ist hier die sorgfältige Abstimmung mit dem Kunden, was in der Wohnung bereits an chemischer Bekämpfung durchgeführt wor- den ist. Durch die Fortbewegung (Fußgänger) und die geringe Größe, sind die Nützlinge be- sonders anfällig für Biozidrückstände auf Ober- flächen. Besteht Unsicherheit zur Vorbelastung, kann man in den Bereichen, in denen der Kun- de seinen privaten Chemiekrieg entfesselt hat, Kärtchen zur Probe auf ein weißes Blatt Papier auslegen. Das Papier dient der besseren Sicht- barkeit der Trichogramma und transportiert in der Regel genügend Insektizide sofern diese Schützen & Erhalten · März 2015 · Seite 54 Nützlingskarten mit sterilisierten Motteneiern in denen die Schlupfwespen heranwachsen Foto: Matthias Schöller Weibchen der Erzwespe T. evanescens Foto: Matthias Schöller
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