Schützen & Erhalten · März 2014 · Seite 3
Olä, oläoläolä
Wie ar se schämpiens
olä ...
Endlich ist es also soweit – die Nation
fiebert vor Anspannung – der Vorrat an
geistigen Getränken und geistreichen
Kommentarvorschlägen wird aufgefüllt
– die Weber-Grillfibel studiert und als
vorbereitende Sofortmaßnahme der Würst-
chenrost mit der Flex von den organischen
Reststoffen der Vorsaison gesäubert – bun-
te Sportleibchen gestärkt und gebügelt.
Und warum der ganze Aufwand?
Logisch, der FC-Paderborn 07 spielt 1. Liga!
Ganz Ostwestfalen ist in diesen Tagen in
schwarz-blaues Tuch gehüllt und ein Autocorso
staut sich hinter dem vorherigen.
Da schießt sich eine Mannschaft mit einem
Jahresetat von 6 Millionen Euronen, eine Summe,
die der FC Bayern seinen Balljungen bei den Heim-
spielen als Aufwandsentschädigung zahlt, in den
Bundesligaolymp, nur überflügelt vom noch gran-
dioseren 1. FC Köln, dessen Deutsche Meisterschaft
nun nach 36 abstinenten Jahren in greifbare Nähe
rückt, was der Glossist bereits in der 52. Ausgabe
dieser Publikation in weiser Voraussicht fast punkt-
genau vorhersagte.
Ach ja, da ist ja auch noch dieser Ballspielwett-
bewerb auf dem südamerikanischen Kontinent, der
den einen oder anderen dazu verleiten wird, seinen
gerstensaftgeformten Astraloberkörper
in enge weiß-rote oder schwarz-rot-ge-
streifte Nationaltrikotagen zu pellen.
Wie ungetrübt könnte der patrio-
tische Fußballhimmel doch strahlen,
wenn es da nicht den 26. Juni gäbe,
den Tag an dem unsere Mannen auf
ihren Sommermärchenerzähler aus
dem Jahr 2006 treffen werden. Klinsi,
der Guru der 11 Freunde von damals,
der sein Talent nun in den Dienst der
NSA, quatsch, natürlich USA, gestellt hat. Wird es
unseren Kickern gelingen, sich dem Voodoo-Zau-
ber des Mentalakrobaten zu entziehen oder wird
für die deutschen Ballkünstler aus dem Spiritus
Rector vergangener Tage ein Spiritus Rectum der
Gegenwart?
Aber da sei Löw vor, der Mann, dessen legen-
därer babyblauer Kaschmirpulli uns schon 2010
in Südafrika auf den dritten Platz katapultierte.
Nachdem Jogi noch 2006 für Cheftrainer Klinsmann
die Räucherstäbchen angespitzt hat,
treibt er heute unsere Spitzenkicker
zu Höchstleistungen. Jede Wette, wir
werden bei der WM minimum 3 Spiele
bestreiten, was die Prognose recht-
fertigt, dass es so oder so ausgehen
könnte.
Ach ja, diesen höchstqualifizierten
Fußballkommentar schrieb ein Mann,
der nach übereinstimmender Meinung
seiner Fußballkollegen der B-Jugend
in der Saison 72 am Ball alles konnte: aufpumpen,
einfetten ...
In diesem Sinne – ich habe fertig!
Ihr Ralf Hunstock
Editorial
I’m a Lonesome rider
Ein Lied aus dem Jahr 1971, das ich vor
kurzem im Radio hörte. Der ein oder
andere mag sich vielleicht noch an diese
Persiflage auf harte Männer erinnern,
vielleicht sogar an den 2003 viel zu früh
verstorbenen Liedermacher Ulrich Roski,
aus dessen Feder der Song stammt, in
dessen letzter Strophe es heißt: „Ich bin
glücklich und zufrieden, doch ich werd’
dabei nicht froh, und wenn es keiner hört,
dann sing’ ich leise im Büro:
I’m a lone lonesome rider. It’s hard to
be a hard man like me.“
Ein Satz, wie in Stein gemeißelt und den
jeder Westernfan sofort ohne überlegen unter-
schreiben würde. Ja, harte Männer sind einsam.
Unabhängig und unbeirrt gehen sie ihren Weg,
fürchten weder Tod noch Teufel, brauchen nie-
manden und sind niemandem etwas schuldig
oder zu etwas verpflichtet, eben wirkliche Män-
ner, so wie Clint Eastwood oder Charles Bronson.
Was haben wir sie bewundert und beneidet,
wenn sie nach überstandenen Abenteuern einsam
aber frei dem Sonnenuntergang entgegen ritten,
während man selbst Tag träumend zurückblieb,
wohl wissend, dass am nächsten Morgen wie
immer um 6.00Uhr der Wecker klingelt und der
schnöde Alltag von Neuem seinen Lauf nimmt.
Und während vor meinem geistigen Auge
die Silhouette von Charles Bronson langsam in
den Horizont eintaucht, denke ich, ja, es gibt
sie noch diese einsamen Reiter. Männer, die im
Vertrauen darauf alles zu wissen und zu können,
völlig auf sich alleine gestellt ihrem Geschäft
nachgehen und im festen Glauben an sich selbst
nach dem Grundsatz leben: „Der Starke ist für
sich am stärksten allein“.
Aber sind diese Männer auch wirklich erfolg-
reich? Mit Sicherheit werden sie sich selbst so
sehen. Doch wie viel mehr könnten sie leisten
und wie einfacher wäre ihr Alltag, wenn sie eben
nicht nach dem Grundsatz leben würden: „It’s
hard to be a hard man like me“.
Im Western zieht der Held von dannen,
ohne etwas von bleibendem Wert zu hinterlas-
sen. Er baut nichts auf, ist er doch in der Regel
der einsame Rächer, der im besten Fall vorüber-
gehend für Recht und Ordnung sorgt. Wie viel
mehr leisten da diejenigen, die – um im Bild zu
bleiben – das Land urbanisieren, Städte aufbau-
en, Schienen verlegen und, und, und… und all
dies immer im Team vollbringen, da es anders
unmöglich ist.
Einzelkämpfer haben es schwer, weil sie es
sich unnötig schwer machen, denn Einzelkämp-
fertum muss absolut nicht sein.
So war es sehr erfreulich zu sehen, wie gut
besucht in diesem Frühjahr die Landestagungen
waren und vor allem wie viele neue Mitglieder
diese Gelegenheit des Kennenlernens und Erfah-
rungsaustausches unter Kollegen genutzt haben.
Und dennoch frage ich mich immer wieder, was
treibt einen Unternehmer dazu diese Chance
durch „persönliche Gespräche die fachliche Tie-
fe und den persönlichen Netzverbund zu stär-
ken“ − so Lutz Parisek in seinem Bericht von der
Bayerntagung − nicht zu nutzen?
Und um den Ball unseres Glossisten Ralf Hun-
stock an dieser Stelle anzunehmen und direkt
weiterzuspielen: Auch in Brasilien wird sich wie-
der einmal bewahrheiten, dass nicht die Elf mit
den besten Individualisten am 13. Juli im Finale
stehen wird, sondern die mit den besten Team-
playern. Denn wäre es anders, dann hätten in
den letzten Jahren gewiss nicht Spanien und
Italien den Titel holen können.
Ihr
Friedel Remes
Glosse
Juni