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Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilze bei

der Sanierung von Feuchteschäden

Zwischen Panikmache und Verharmlosung

Problemstellung

Schimmelpilze und begleitende Mikroorga-

nismen stehen immer wieder unter Generalver-

dacht, diverse Krankheiten auszulösen. Aber was

ist dran an einer Gesundheits-

gefährdung? Verharmlosen wir

das Thema oder neigen wir zur

Panikmache? Und welche Konse-

quenzen ergeben sich hieraus in

der Bewertung und der Beseiti-

gung von Schimmelschäden?

Der folgende Artikel soll helfen,

sachkundige Argumente für die

Bewertung vorzubringen und

gleichzeitig für die letztendlich

nicht zu vernachlässigenden Ge-

fährdungen in der Schimmelscha-

densanierung zu sensibilisieren.

Wissenschaftliche Studien und deren

Aussagekraft für die Gesundheits-

bewertung bei Sanierungsfragen

Medizinische Studien sind entweder epi-

demiologischer Art, d. h. sie befassen sich mit

Krankheitsbildern in bestimmten Bevölkerungs-

gruppen, also immer mit Erscheinungen, die in

größeren Gruppen auftreten oder aber es sind

Einzelfalldarstellungen. Studien über große Per-

sonengruppen hinweg lassen profunde Schlüs-

se auch auf andere Gruppen zu. Je größer die

Studie, umso mehr trifft die Aussage auf die

Allgemeinheit zu. Einzelfalldarstellungen hin-

gegen sind kaum zu verallgemeinern, mitunter

aber viel interessanter, da mehr Details berück-

sichtigt werden können und nicht der Statistik

zum Opfer fallen.

Dramatische Beschreibungen von tödlich ver-

laufenden Schimmelpilzinfektionen sind Einzel-

fallbeschreibungen. Sie umfassen in der Regel

eine sehr genau definierte Personengruppe, die

nur einen sehr kleinen Anteil an der Gesamtbe-

völkerung hat. Verallgemeinerungen außerhalb

dieser Gruppen sind hier nicht zulässig. Wer sich

dieser Studien bedient und damit außerhalb die-

ser genau definierten Personengruppe argumen-

tiert, betreibt Panikmache.

Darüber hinaus gibt es natürlich auch

Studien, die gesetzmäßige Zusammenhän-

ge in der Gesamtbevölkerung herauszustel-

len suchen. Diese Studien gehen über viele

Jahre und ebenso lange dauert es in der Re-

gel auch, bis die Daten ausgewertet sind.

So wurde z. B. in Deutschland in den Jahren

2003–2006 die Allergieneigung von Kindern

untersucht. Ausgewertet und veröffentlicht

wurde die Studie 2006 als sog. Kinder-Um-

welt-Survey des Umweltbundesamtes (1, 10).

Dabei ist nach wie vor keine Gesetzmäßigkeit

erkennbar, aus der sich ableiten lässt, wann

und in welcher Konzentration Gesundheitsge-

fährdungen auftreten (2, 4, 6). Festgestellt

wurde jedoch, dass Kinder, die in Wohnungen

mit erkennbarem Schimmel-

pilzbefall leben, erkennbar

häufiger gegen Schimmel-

pilze sensibilisiert sind als

Kinder in Wohnungen ohne

sichtbaren Schimmelpilzbe-

fall. Auch die WHO (World

Health Organisation) hat

diverse Studien in den

WHO guidelines for indoor

air quality: dampness and

mould

aus dem Jahre 2009

zusammengefasst (3, Zitate

aus der deutschen Fassung):

– Eine hinreichende Zahl epidemiologischer

Studien, die in unterschiedlichen Ländern

und unter verschiedenen klimatischen Be-

dingungen durchgeführt wurden, belegt,

dass die Nutzer feuchter und von Schim-

mel befallener Gebäude, gleich ob in

Wohnungen oder in öffentlichen Einrich-

tungen, einem erhöhten Risiko einer Er-

krankung der Atmungsorgane, einer Atem-

wegsinfektion und der Verstärkung einer

vorhandenen Asthmaerkrankung ausge-

setzt sind. Es gibt auch einige Anzeichen

dafür, dass ein erhöhtes Risiko besteht,

an allergischer Rhinitis und Asthma zu er-

kranken. Zwar gibt es nur wenige Inter-

ventionsstudien, doch zeigen deren Ergeb-

nisse, dass eine Feuchtigkeitssanierung

negative gesundheitliche Folgen mindern

kann.

– Es gibt klinische Belege dafür, dass eine

Belastung durch Schimmel und andere

feuchtigkeitsbedingte mikrobiologische

Schadstoffe das Risiko für seltene Erkran-

kungen wie hypersensitive Pneumonitis,

allergische Alveolitis, chronische Rhinosi-

nusitis und AFS-Syndrom erhöht.

– Toxikologische Befunde in vivo und in vi-

tro stützen diese Erkenntnisse und zeigen

das Auftreten verschiedener Entzündungs-

und Toxizitätsreaktionen nach einer Expo-

sition gegenüber Mikroorganismen (bzw.

deren Sporen, Metabolite und Bestand-

teile), die aus feuchten Gebäuden isoliert

wurden.

– Atopische und allergische Menschen sind

besonders empfänglich für biologische und

chemische Wirkstoffe in feuchten Innen-

räumen, die negativen gesundheitlichen

Auswirkungen wurden jedoch auch in nicht

atopischen Bevölkerungsgruppen nachge-

wiesen.

– Durch die in vielen Ländern steigende Prä-

valenz von Asthma und Allergien erhöht

sich auch die Zahl der Menschen, die für

die Auswirkungen von Feuchtigkeit und

Schimmel in Gebäuden empfänglich sind.

Weiterhin leitet die WHO folgerichtig ab:

– Anhaltende Feuchtigkeit und beständiges

Mikrobenwachstum auf Innenraumober-

flächen und innerhalb von Gebäudestruk-

turen sind zu vermeiden oder zu vermin-

dern, da sie negative gesundheitliche Aus-

wirkungen haben können.

– Zu den Indikatoren von Feuchtigkeit und

Mikrobenwachstum zählen Kondensati-

on auf Oberflächen oder in Gebäudestruk-

turen, sichtbarer Schimmel, Schimmelge-

ruch und das Auftreten von Wasserschä-

den, Rohrbrüchen oder Sickerwasser. Zur

Bestätigung eines Verdachts in Bezug auf

Innenfeuchtigkeit und Mikrobenwachstum

können gründliche Inspektionen und ggf.

geeignete Messungen erforderlich sein.

– Da sich die Beziehungen zwischen Feuch-

tigkeit, Mikrobenbelastung und gesund-

heitlichen Auswirkungen nicht präzise

quantifizieren lassen, können auch keine

quantitativen Richt- oder Schwellenwerte

für ein gesundheitlich akzeptables Niveau

der Kontamination mit Mikroorganismen

abgegeben werden. Stattdessen wird emp-

fohlen, gegen die Feuchtigkeit vorzugehen

und den durch Schimmel entstehenden

Problemen vorzubeugen. Wo Feuchtigkeit

und Schimmel auftreten, sollte dagegen

vorgegangen werden, damit nicht das Risi-

ko einer gesundheitsgefährdenden Exposi-

tion gegenüber Mikroben und Chemikalien

steigt.

– Gut geplante, gebaute und instandgehal-

tene Gebäudehüllen sind eine wesentliche

Voraussetzung für die Vermeidung und

Kontrolle von überhöhter Feuchtigkeit und

Mikrobenwachstum, denn sie vermeiden

Wärmebrücken und das Eintreten von flüs-

sigem oder gasförmigem Wasser. Feuch-

tigkeitsmanagement erfordert eine sach-

gemäße Steuerung von Temperatur und

Belüftung, um das Vorkommen von über-

höhter Feuchtigkeit, Oberflächenkondensa-

tion und eine überhöhte Durchfeuchtung

der Materialien zu verhindern. Alle Räume

sollten wirksam gelüftet werden, und Zo-

nen mit Luftstillstand sollten vermieden

werden.

– Es ist Aufgabe der Gebäudeeigentümers,

durch geeignete Bauweise und Instand­

haltungsmaßnahmen ein gesundes, von

Es schreibt

für Sie:

Dr. rer. nat.

Constanze

Messal

Fachbereichs-

leiterin

Schimmelpilze

Neubrandenburger Str. 33

18055 Rostock

Telefon: (0381) 637-28280

Telefax: (0381) 637-28281

E-Mail: messal@dhbv.de

Fachbereiche

Schimmelpilze

Schützen & Erhalten · September 2015 · Seite 24