Schützen & Erhalten · Dezember 2016 · Seite 18
Fachbereiche
Sachverständige
Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts
in Kraft getreten
Das „
Gesetz zur Änderung des Sachverstän-
digenrechts und zur weiteren Änderung
des Gesetzes über das Verfahren in Fami-
liensachen und in den Angelegenheiten
der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur
Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der
Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanz-
gerichtsordnung und des Gerichtskosten-
gesetzes“
ist mit Veröffentlichung im
Bundesgesetzblatt am 16. Oktober 2016
in Kraft getreten. Dieses Gesetz, durch
das in erster Linie die Erledigung von in
familiengerichtlichen Verfahren stattfin-
denden Rechtsstreitigkeiten beschleunigt
werden soll, hat auch Auswirkungen auf
das Sachverständigenrecht in Bezug auf
gerichtliche Beauftragungen.
Vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes
wurde mit einem Schreiben an die Mitgliedsver-
bände, so auch dem DHBV e. V., auf fünf Neure-
gelungen, die bedingt durch die o. g. Gesetzes-
änderung in dem ZPO-Sachverständigenrecht ein-
gegangen sind, hingewiesen. Diese Regelungen,
die nachfolgend aufgelistet sind, müssen bei ge-
richtlichen „Neu-Aufträgen“ (SV-Ernennung nach
dem 14.10.2016) zukünftig beachtet werden.
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–
„Nach § 404 Abs. 2 ZPO können die Par-
teien nunmehr vor der gerichtlichen Ernen-
nung des gerichtlichen Sachverständigen
zur Person des konkreten Sachverständigen
gerichtlich angehört werden. [Anmerkung:
Hierzu wurde der Abs. 2 neu eingefügt]
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–
§ 411 Abs. 1 ZPO sieht vor, dass der Richter
dem von ihm herangezogenen gerichtlichen
Sachverständigen in jedem Fall (zwingend)
eine Frist zur Ablieferung seines Gutachtens
setzt.
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–
Der Sachverständige hat ausweislich § 407
a Abs. 2 Satz 1 ZPO unverzüglich zu prüfen,
ob ihm ein Grund für Zweifel an seiner Un-
parteilichkeit vorliegen und diese Umstän-
de dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.
Unterlässt er dies, kann gegen ihn ein Ord-
nungsgeld festgesetzt werden.
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Zukünftig ist das Gericht nach § 411 Abs. 3
ZPO befugt, anstelle einer begehrten münd-
lichen Gutachtenerläuterung eine schrift-
liche Ergänzung herbeizuführen.
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§ 411 Abs. 2 ZPO wurde dahingehend
geändert, dass bei Überschreiten
der dem Sachverständigen gesetzten
Abarbeitungsfrist ein Ordnungsgeld
festgelegt werden soll (statt bisher „kann“)
und dieses Ordnungsgeld bis auf 3.000 Euro
festgesetzt werden kann.“
Prof. Ulrich, Vorsitzender Richter am Land-
gericht a. D., vielen Bausachverständigen be-
kannt von zahlreichen Tagungen, u. a. Referent
auf den Hanseatischen Sanierungstagen, hat zu
diesen fünf o. g. Änderungen in einem Aufsatz
vom 26.10.2016 auf ibr-online (2016) sehr kri-
tisch Stellung bezogen.
Die Änderung zu dem unter 1. genannten
§404 Abs. 2 ZPO kritisiert Prof. Ulrich dahinge-
hend, dass diese Regelung nicht erforderlich ist.
Er führt an, dass auch schon bisher den Parteien
ausreichend Möglichkeit gegeben wurde, sich zu
den infrage kommenden Sachverständigen vor
deren richterlichen „
Beauftragung
“ dem Gericht
gegenüber zu äußern.
Zum besseren Verständnis nachfolgend der
gesamte Wortlaut des neuen § 404.
„§ 404 Sachverstandigenauswahl
(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachver-
ständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl er-
folgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf
die Ernennung eines einzigen Sachverständigen
beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sach-
verständigen kann es andere ernennen.
(2) Vor der Ernennung können die Parteien
zur Person des Sachverständigen gehört werden.
(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten
Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen an-
dere Personen nur dann gewählt werden, wenn
besondere Umstände es erfordern.
(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern,
Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als
Sachverständige vernommen zu werden.
(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte
Personen als Sachverständige, so hat das Gericht
dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann
jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte
Anzahl beschränken.“
Weiterhin sind für Prof. Ulrich in Zusammen-
hang mit der Änderung des § 404 heftige An-
mahnungen durch einige „Rechtsanwaltsgruppie-
rungen“ im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens
nicht nachvollziehbar. Haben doch die Rechtsan-
wälte, laut Prof. Ulrich, durch diese Gesetzesän-
derung eine „beträchtliche Mehrarbeit“ zu erbrin-
gen.
„Diese werden nämlich künftig im Falle einer
ihnen eingeräumten − durchweg befristeten − Stel-
lungnahme zu der Person der bekannt gegebenen
potenziellen Sachverständigen umfassende − auch
über Internetrecherchen erfolgende − Prüfungen
durchführen müssen. Erfüllen sie diese Obliegen-
heit nicht oder übersehen sie ihnen an sich zugäng-
liche Umstände einer persönlichen Ungeeignetheit,
dürfte im Falle der gesetzten Stellungnahmefrist
Präklusion, also der Verlust einer entsprechenden
späteren Rüge, die Folge sein“.
Hier wird der Artikelverfasser doch hellhö-
rig. Was bedeutet das für die Sachverständigen?
Werden Sie zukünftig zu „gläsernen“ Personen?
Wird es für Sachverständige, die für gerichtliche
Beauftragungen zur Verfügung stehen, zukünf-
tig Bewertungsportale geben, z. B. im Internet,
vergleichbar denen für Autohäuser, Restaurants
usw.? Wo und wie werden Rechtsanwälte die In-
formationen zu den Sachverständigen einholen?
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Es schreibt für Sie:
Dipl. Holzwirt
Georg Brückner
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Sachverständige
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brueckner@dhbv.deAllen Mitgliedern des DHBV
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Georg Brückner und
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