Schützen & Erhalten · März 2001 · Seite 12
DIE FACHBEREICHE
Holz- und Brandschutz
Bekämpfungsmittel „nicht zur großflächigen Anwendung
an Holzbauteilen in Innenräumen“
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieser Satz steht seit
Übertragung der Bekämp-
fungsmittel vom RAL zum
Deutschen Institut für
Bautechnik (DIBt) in den
bauaufsichtlichen Zulas-
sungen und im Holz-
schutzmittelverzeichnis.
DIN 68 800 Teil 4 (Novem-
ber 1992), Absatz 5.2.8,
lässt dagegen Ausnahmen
zu, so ist eine Abdeckung
behandelter Bauteile
möglich. Diese Lösung
stößt aber auf rechtliche
Probleme, da der gesam-
te Teil 4 der DIN 68 800
nicht bauaufsichtlich ein-
geführt ist und ihm somit
zunächst nur ein empfeh-
lender Charakter zu-
kommt.
Eine Einstufung als „aner-
kannte Regel der Technik“
(Omankowsky 2000) könnte ihre
Beachtung rechtfertigen. Die bei
der Anwendung eines Holz-
schutzmittels zu beachtende
jeweilige bauaufsichtliche Zu-
lassung steht aber durch den
Bezug zum Baurecht höher. Sie
enthält keine Einschränkungen.
Es besteht somit eine nicht ein-
deutige Situation, die zu eini-
gen Unsicherheiten bei der An-
wendung führte.
Zudem ist unverständlich,
warum ein Dachstuhl zwar vor-
beugend großflächig imprä-
gniert werden kann (oder je
nach Auslegung der Gefähr-
dungsklassen sogar muss), eine
Bekämpfung aber nur lokal er-
folgen darf, zumal die einge-
setzten Wirkstoffe oft die glei-
chen sind. Die derzeit vielfach
verwendeten Borsalze, aber auch
die modernen Insektizide auf
Basis von Insektenhormonen,
lassen Zweifel an der Notwen-
digkeit einer Einschränkung auf-
kommen, die in der unkritischen
Anwendung von allem von Pen-
tachlorphenol in den 70er Jah-
ren ihren berechtigten Ursprung
hat.
Auf Grund dieser Überlegun-
gen und der immer wieder in
der Praxis auftauchenden Fra-
ge, wie nun bei intensivem le-
benden Befall in einem Dach-
stuhl zu verfahren sei, hatten
sich im Frühjahr 2000 der DHBV
durch seinen Fachbereichsleiter
Holzschutz, Ekkehard Flohr, die
Firma lavTOX, vertreten durch
den Autor, und verschiedene
andere an das DIBt gewandt,
um entsprechende Klärung zu
erreichen.
Das routinemäßige Auslau-
fen der bauaufsichtlichen Zulas-
sungen für sämtliche Bekämp-
fungsmittel nach einer ersten
Zulassungsphase von ca. 2,5–
3 Jahren zum 31.12.2000 bot
die Möglichkeit, eine entspre-
chende Änderung in den Ver-
längerungen der Zulassungen
einzuarbeiten. Mit den nun vor-
liegenden neuen Textpassagen
ist zumindest ein Teilerfolg er-
reicht worden.
Begriffs-
bestimmungen
Großflächige An-
wendung:
Nach DIN 68 800 Teil 3
(April 1990) Absatz 11.1.4 und
Teil 4 (November 1992),Absatz
5.2.8, wird bei Überschreiten
eines Richtwertes von 0,2 [m³/
m²] eine Anwendung als groß-
flächig bezeichnet. Der Wert
ergibt sich als Quotient aus
behandelter Oberfläche / Raum-
volumen. Ursprünglich geht die-
ser Wert auf ein einfaches
Modell einer dreiseitig freilie-
genden Balkenlage einer Ge-
schossdecke über einem Wohn-
raum zurück. Bei einer üblichen
Deckenhöhe ergibt sich für die
abgewickelte Oberfläche der
Balken im Verhältnis zum ge-
samten Raumvolumen ein Fak-
tor von etwas 0,2.
Hintergrund dieser Überle-
gung war, dass bei einer Be-
kämpfungsmaßnahme so wenig
chemische Holzschutzmittel wie
möglich eingesetzt werden soll-
ten und die Behandlung von
Paneelen u.ä. generell unterblei-
ben sollte. Daraus folgt, dass
zunächst leicht austauschbare
Holzbauteile, wie z.B. Unter-
schläge oder Blindböden ersetzt
werden sollen und nur die sta-
tisch wichtigen Balken verblei-
ben. Daher wird in der Modell-
vorstellung nur die Balkenlage
vollständig, Bretter, Dielen u.ä.
jedoch nicht behandelt.
Bei einem Dachstuhl ist der
Faktor 0,2 in der Regel aber
schnell überschritten, sodass
folglich kein Dachstuhl vollstän-
dig behandelt werden durfte,
wenn er zu den Innenräumen
gezählt wird.
Die Umsetzung dieses Mo-
dells in die Realität erscheint
jedoch schwierig. Der zeitliche
Zusammenhang der Entstehung
dieser Modellvorstellung Anfang
der 80er Jahre mit dem kritik-
losen Einsatz gesundheitsschäd-
licher Wirkstoffe in Wohnräumen
im vorausgegangenen Jahrzehnt
und den bekannten Folgen für
das öffentliche Ansehen von
Holzschutzmitteln sollten je-
doch berücksichtigt werden.
Einziger Ausweg wäre die
oben bereits angesprochene
vollständige Abdeckung der be-
handelten Flächen, wozu neben
staubdichten Folien auch Aus-
bauplatten (Gipskarton) oder
sperrende (diffusionsdichte)
Anstriche gehören (Beuth Kom-
mentar zur DIN 68 800, Absatz
5.2.8).
Innenräume:
Für Innenräume bestehen im
normalen Sprachgebrauch sehr
unterschiedliche Definitionen
und je nach Auslegung kann
auch ein ungenutzter Dachstuhl
zum Innenraum werden, da er
ja innerhalb eines Hauses liegt.
Es schreibt für Sie:
Dr. André Peylo
(Jahrgang 1965, verheiratet,
zwei Töchter)
– 1991: Abschluß des Studi-
ums zum Diplom-Holzwirt
in Hamburg
– anschließend: wissen-
schaftlicher Mitarbeiter am
Institut für Holzbiologie
und Holzschutz der Bundes-
forschungsanstalt für Forst-
und Holzwirtschaft Hamburg
– Promotion im Fachbereich
Holzschutz über das
Auswaschverhalten von
Borverbindungen, seitdem
Bor-Fan
– Nebenstudium der portugi-
sischen Sprache während
der Promotion
– seit 1998: Übertritt in die
Selbständigkeit als Consul-
ter und Gutachter für Holz-
schutz. Geschäftsführer der
Deutschlandvertretung der
dänischen lavTOX
Mitglied in den DGfH-Aus-
schüssen zu den Themen-
komplexen Holzschutz und
Umwelt, vorbeugender und
bekämpfender Holzschutz,
Holzschutzmittelanalytik
Mitglied im DHBV, DGfH, Inter-
national Research Group on
Wood Preservation (IRG),
Geschäftsführer des Bundes
Deutscher Holzwirte und als
Stadtvertreter im Bauausschuß
der Stadt Laueneburg/Elbe
Weitere Fragen an:
Dr. André Peylo
Blumenstraße 22
21481 Lauenburg
Telefon: 0 41 53 – 22 82
Telefax: 0 41 53 – 58 22 26
email: