Schützen & Erhalten - page 10

„Algen
und Pilze
– keiner
will’se“
Ursache der ungewollten
Begrünung auf Sockeln
und Fassaden
Zur Bedeutung der Farbe
„grün“ stellte der deutsche
Volkskundler Konrad Köstlin
fest „Es gibt … nichts wohl-
tuenderes als grün, weil es in
das Auge einfließt und dies
mit einer milden Fülle, die
nicht nur ruhig lässt, sondern
positiv beruhigt.“
Teil I
Im Rahmen der diesjährigen
Sachverständigentagung erläuterte
Prof. Dr. Ing. Rainer Pohlenz bau-
physikalische Problemstellungen
bei der Altbausanierung.
Die Ursachen von Algen und
Pilzen auf verputzten Wärmedämm-
fassaden, die hauptsächlich auf
„häufig und länger anhaltende
höhere Baustofffeuchte“
(1)
zurück-
zuführen sind, sind daher ein zu-
nehmendes Arbeitsfeld des Holz-
und Bautenschützers.
Problemstellung
Das Grün am Stamm der Bäu-
me in unseren Breitengraden weist
nach Nord/West.
Diese orientierende Einnordung
erfährt ein jeder, der als Rekrut
gedient hat. Zunehmend muss aber
auch beobachtet werden, dass das
Schattendasein auf feuchten Stei-
nen oder Waldböden Mikroorganis-
men nicht mehr ausreicht. Künst-
liche Bauteiloberflächen, Sockel
und Außenfassaden von Gebäuden
weisen vermehrt Algen- und Pilz-
befall auf.
Mikroorganismen stellen ca.
70 % der Biomasse unseres Plane-
ten, beeinflussen das globale Kli-
ma und treiben die für das Leben
so wichtige biochemische Stoffum-
setzung an.
Mikroorganismen passen sich
variationsreich immer wieder neuen
Lebensbedingungen an; sehr zum
Ärger des betroffenen Bauherren,
der den Algenbewuchs an seinem
Gebäudesockel oder der Oberfläche
seiner Fassade als eine handwerk-
liche Fehlleistung des ausführen-
den Fachbetriebes einschätzt und
Dritten drängt sich der Vergleich
auf, dass die Verschmutzung „au-
ßen grün“ immer „innen schwarz“
mit sich zieht. Um diesen optischen
Mangel zu beheben, kommt es oft-
mals zu frühzeitigen „Schönheits-
reparaturen“. Land auf, Land ab mit
Materialien die biozide Wirkstoff-
kombinationen beinhalten.
Wie lässt sich dieses aus öko-
nomischer und ökologischer Sicht
vermeiden und das Risiko von Al-
gen und Pilzbefall auf Fassaden
minimieren?
Mikroorganismen
Unter dem Begriff Mikroorga-
nismen wird eine Vielzahl mikrosko-
pisch kleiner Organismen mit eige-
nem Stoffwechsel zusammengefasst,
wie zum Beispiel Bakterien als ein-
zellige Organismen ohne Zellkern
oder Algen mit eigenem Zellkern
(auch oftmals Mikroalgen genannt).
Algen und Pilze
Charakteristisch ist, dass Al-
gen zwar vornehmlich im Wasser
leben und Photosynthese betrei-
ben, der Pflanzengruppe allerdings
FACHBEREICHE
Bautenschutz
nicht als sich selbsternährende
Organismen zugeordnet werden.
Algen benötigen für ihr Wachs-
tum vor allem Wasser, Licht und
Kohlendioxid (CO
2
als Kohlenstoff-
quelle aus der umgebenden Luft)
und können sich an extremen Stand-
orten in Temperaturbereichen von
ca. -7° C bis +70° C bei pH-Wer-
ten von < 1 bis 11,5 entwickeln.
Pilze leben als mehr- oder viel-
zellige Lebewesen überwiegend auf
dem Land oder an organischem
Material und benötigen kein Licht,
da Pilze keine Photosynthese be-
treiben. Wachstumsvoraussetzun-
gen sind neben Feuchtigkeit die
Nährstoffe aus organischen Koh-
lenstoffquellen, die an der Ober-
fläche oder aus dem Substrat ge-
wonnen werden können. Ebenso
wie Algen wachsen Pilze in ähnli-
chem pH-Wert Milieu und Tempe-
raturbereichen von 0° C bis 50° C.
Die Lebensgemeinschaft aus
Algen und Pilzen, die sich aus dem
Befall/Bewuchs bildet, der über ei-
nen längeren Zeitraum nicht ent-
fernt oder fachgerecht bekämpft
wurde, nennt man Flechten.
Fassaden als Biotop
für mikrobiellen
Bewuchs?
Die Voraussetzung für Algen-
bewuchs auf Fassadenoberflächen
wird schon mit den ersten Nieder-
schlägen nach Fertigstellung ge-
liefert, so die notwendige Feuch-
tigkeit und in Folge jahrelanger
Überdüngung reichlich Nährstoffe
wie Stickstoff und Phosphatverbin-
dungen.
Pilzen genügen oftmals die
Schmutzablagerungen auf Baustoff-
oberflächen. Sie greifen allerdings
auch gerne auf die Bindemittel und
Inhaltsstoffe von Fassaden, z.B.
Baustoffe wie Weichmacher oder
Chemiefasern, als Kohlenstoffquelle
zurück. Weitere Ursachen für das
Wachstum von Algen und Pilzen auf
Gebäudefassaden finden sich z.B
in den Technischen Informationen
des WDV-System-Verbandes.
Einflüsse, die auf die Gebäude-
hülle wirken, sind abhängig von den
konstruktiven und bautechnischen
Gegebenheiten, wie die Art des
Gebäudes, Detailausbildungen und
Abdeckungen, weiterhin von der
Himmelsrichtung aber auch von der
regelmäßigen Wartung oder kurz-
fristigen Beseitigung von Mängeln,
wie z.B. an Dachrinnen. Weiterhin
sind topographische und klimati-
sche Einflüsse ebenso zu beachten,
wie die Umweltbelastungen. Nicht
zuletzt sind die materialspezifischen
Einflüsse mit Art und Qualität des
Baustoffes entscheidend für die
Oberflächentemperatur und den
Schützen & Erhalten · September 2007 · Seite 10
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