Fotos: Saint-Gobain Weber GmbH
Putztechniken für
denkmalgeschützte Fassaden
Besenstrichputz, Schleppputz, Stein-
putz – diesen und weiteren historischen
Putzweisen kommt bei der Denkmalpflege
eine besondere Bedeutung zu. Die Wahl
der richtigen Technik stellt Denkmal-
schützer jedoch häufig vor eine große
Herausforderung. Zwar ist Putz nach wie
vor die häufigste Fassadenoberfläche in
Deutschland, doch kommen bei der Ver-
arbeitung überwiegend Standardtechniken
zum Einsatz.
Heutzutage werden Fassaden in der Regel mit
einem Scheiben- oder Reibeputz gestaltet. Dabei
bieten mineralische Edelputze eine Vielzahl an
weiteren Gestaltungsmöglichkeiten: Je nach Art
und Größe des eingesetzten Strukturkorns sowie
nach Art der Oberflächenbehandlung ergibt sich
eine ganz individuelle Form des Oberflächenfi-
nishs. Eine Besonderheit auf diesem Gebiet ist
der mineralische Edelkratzputz. Während bei den
zuvor genannten Putzen die Körnung von einem
Bindemittelfilm umgeben ist, der eine relativ ho-
mogene Putzoberfläche entstehen lässt, bietet
Edelkratzputz die Möglichkeit, unterschiedlichste
Körnungen frei an der Oberfläche zu präsentieren.
Der Grund liegt in der Verarbeitung: Die Auf-
tragsstärke beträgt in der Regel 10–15mm. Nach
der Erhärtungszeit wird die bindemittel- und
spannungsreiche Oberfläche mit einem Kratz
igel bis auf eine Schichtdicke von 8–10mm ab-
gekratzt. Durch das gekonnte Herauslösen des
Korns beim Kratzvorgang entsteht eine charak-
teristische lebendige Struktur. Eine weitere Form
des Edelkratzputzes ist der Schabeputz. Statt
mit dem Nagelbrett wird er dabei mit der Zieh-
klinge abgezogen.
Renaissance der Putztechniken
Einige traditionelle Putztechniken werden
auch jenseits des Denkmalschutzes wieder ent-
deckt. Immer häufiger zum Einsatz kommt bei-
spielsweise gegenwärtig der Besenstrichputz. Er
wurde früher gerne zur Gliederung von Sockelzo-
nen eingesetzt und ist heute an Hauptfassaden
durchaus wieder gefragt. Dafür wird ein dick-
schichtiger mineralischer Oberputz in zwei La-
gen von je 2–3mm Dicke aufgetragen und noch
im frischen Zustand mit einem einfachen Stra-
ßenbesen horizontal gestrichen. Das Ergebnis
ist eine geometrisch anmutende, kraftvolle und
zugleich filigrane Reliefstruktur.
Um eine lebhafte Fassadenoberfläche herzu-
stellen, eignet sich insbesondere der Spritzputz.
Er kann – auch als pastöse Variante – einfach
maschinell aufgebracht werden. Dafür wird ein
feinkörniger, dünnflüssiger Mörtel zwei- oder
mehrmals auf die Hauswand aufgespritzt. Die
finale Struktur lässt sich durch die Kornstär-
ke des Materials bestimmen. Durch die spätere
Licht- und Schattenwirkung entsteht ein sehr
lebendiger Eindruck.
Eine weitere, heute selten anzutreffende
Fassadenoberfläche ist der Schleppputz. Je nach
Kornabstufung lässt sich mit ihm eine individu-
elle Schleppstruktur erzeugen, die sich aus der
Größe der gerundeten Gesteinskörperchen ergibt.
Die Formen entstehen, indem der auf ebenen Un-
terputz vollflächig geworfene oder aufgezogene
Mörtel mit einer Kartätsche oder einer Putzlatte
bei schwachem, gleichmäßigem Druck senkrecht
überzogen wird. Dabei wird das Material von un-
ten nach oben so über das Strukturkorn geführt,
dass dieses auf dem Untergrund mit rollt. Dabei
entstehen unregelmäßige Kornläufe in ungleich-
mäßiger Matrix.
Mit Steinputzen lassen sich Oberflächen
herstellen, die den Eindruck einer nahezu fu-
genlosen Steinfassade vermitteln. Das Materi-
al wird in 6–10 mm Dicke aufgezogen, mit der
Glättkelle plan verzogen und im Anschluss flä-
chig verrieben. Nach erstem Ansteifen kann, zur
besseren Steinsichtigkeit, die Oberfläche ge-
waschen werden. Anschließend wird dem Putz
nach historischen Vorlagen eine spezielle Optik
gegeben. Dabei bedient man sich traditioneller
Techniken der Steinmetze wie Scharrieren, Sto-
cken, Schleifen oder Sandstrahlen, was zu der
charakteristischen unregelmäßigen Struktur und
Farbgebung führt. Steinputz kommt vorrangig
bei Bauwerksteilen wie Türeinfassungen, Eck-
und Sockelquadern oder Fenstersohlbänken zum
Einsatz. Viele repräsentative Gebäude in Berlin
und Umgebung sind mit Steinputz ausgeführt,
beispielsweise das Rathaus Neukölln oder Sockel
und Innenhof des Bundesumweltministeriums
in Berlin-Mitte.
Saniersysteme für denkmal-
geschützte Bauten
Mit der Broschüre „Sanieren, Schützen, Nut-
zen“ bietet der Baustoffhersteller Saint-Gobain
Weber einen Überblick über Saniersysteme für
denkmalgeschützte Bauten. Der Fokus der Bro-
schüre liegt auf der Darstellung traditioneller
Putztechniken von Edelkratzputz bis Schabe-
putz. Denkmalschützer, Planer und Fachhand-
werker erhalten Tipps zur richtigen Material-
und Werkzeugauswahl sowie zur Oberflächenbe-
arbeitung. Eine Systemübersicht erleichtert die
Planung von Sanierungsmaßnahmen ebenso wie
eine Auswahl historischer Farbtöne und Infor-
mationen zum Umgang mit Feuchteschäden im
Mauerwerk. Zahlreiche Objektbeispiele zeigen
anschaulich, welch vielfältige Gestaltungsmög-
lichkeiten Putzfassaden bieten.
Die Broschüre kann kostenlos unter sg-we-
ber.debestellt und unter
sg-weber.de/denkmal-schutzbroschuere als E-Book abgerufen werden.
Saint-Gobain Weber GmbH,
Datteln,
www.sg-weber.deDas Kratzen eines Edelkratzputzes ist ein handwerk-
lich-künstlerischer Vorgang, mit dem der Fachhand-
werker einer Fassade die eigene Handschrift verleiht.
Steinputz-Oberflächen vermitteln den Eindruck einer
nahezu fugenlosen Steinfassade. Die charakteristische
unregelmäßige Struktur wird durch traditionelle
Steinmetz-Techniken erzielt.
Besenstrichputz kam früher vor allem zum Einsatz,
um Sockelzonen zu gliedern. Heute ist er auch an
Hauptfassaden wieder gefragt.
Schleppputz wird überwiegend im Bereich des Denk-
malschutzes verarbeitet. Mit ihm lässt sich eine indi-
viduelle Schleppstruktur erzeugen, die von der Größe
der gerundeten Gesteinselemente abhängt.
Industrie und Handel
Die Broschüre „Sanieren – schützen – nutzen“ von
Saint-Gobain Weber stellt Systeme für denkmalge-
schützte Bauwerke vor.
Schützen & Erhalten · Juni 2016 · Seite 42