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Irren Sie sich?

Häufige Irrtümer zu Fragen des Baurechts und der Betriebswirtschaft!

Irrtum 1: Widerrufsrecht beim

Bauvertrag

Die schriftliche Belehrung über ein Wider-

rufsrecht ist bei einem Bauvertrag unumgäng-

lich, wenn der Vertrag in den Räumen eines Pri-

vatkunden abgeschlossen wird.

Ein Privatkunde möchte Holzschutzarbeiten

an seinem Objekt ausführen lassen. Der Bauun-

ternehmer fährt zu dem Kunden und sieht sich

an, welche Arbeiten ausgeführt werden müs-

sen. Es wird über die Arbeiten gesprochen und

der Bauunternehmer nennt einen Pauschalpreis

i. H. v. 20.000,00 €. Der Kunde beauftragt die

Arbeiten sofort.

Der Bauunternehmer beginnt drei Wochen

nach dem Vertragsschluss mit den Arbeiten.

Nachdem diese zur Hälfte fertig sind, erhält er

von dem Privatkunden ein Schreiben, in dem

steht, dass er den Vertragsschluss widerruft und

die Vorschusszahlung i.H.v. 10.000,00€ zurück-

haben möchte.

Was nun?

Seit 2014 ist das Widerrufsrecht, das bei Be-

stellungen aus dem Onlinebereich bekannt ist,

auf sämtliche Verträge ausgedehnt, die in den

Räumen des Privatkunden abgeschlossen werden.

Dazu gehören auch Bauverträge. Damit hat der

Privatkunde das Recht, innerhalb von 14 Tagen

nach dem Vertragsschluss, den Vertrag zu wi-

derrufen. Die Frist verlängert sich um ein Jahr,

wenn keine Widerrufsbelehrung an den Kunden

übergeben wird. In unserem Fall wurde der Ver-

trag bei dem Privatkunden abgeschlossen. Der

Vertragsschluss erfolgte mündlich, eine Wider-

rufsbelehrung wurde nicht übergeben.

Selbst bei Abschluss eines mündlichen Bau-

vertrages muss eine schriftliche Widerrufsbeleh-

rung an den Kunden übergeben werden. Erst dann

erlischt 14 Tage nach der Übergabe der Wider-

rufsbelehrung das Widerrufsrecht.

Durch den Widerruf des Privatkunden wird

der Vertrag so behandelt, als ob dieser nicht ge-

schlossen wurde. D. h., dass es keinen Auftrag

zur Ausführung von Holzschutzarbeiten gegeben

hat und der Kunde hat einen Anspruch darauf,

dass ihm das Geld, dass er als Vorschuss gelei-

stet hat, hier 10.000,00€, zurückgezahlt wird.

Für die bereits zur Hälfte ausgeführten

Holzschutzarbeiten muss eine gesonderte Re-

gelung getroffen werden. Der Unternehmer hat

das Recht, seine Kosten ersetzt zu bekommen.

Das bedeutet nicht, dass er dafür die marktüb-

liche Vergütung erhält, sondern lediglich einen

Kostenersatz.

Ohne Widerrufsbelehrung besteht die Gefahr

von erheblichen Verlusten.

Irrtum 2: Betriebswirtschaftliche

Auswertung

Monatlich erhält der Unternehmer von sei-

nem Steuerberater im Regelfall eine betriebs-

wirtschaftliche Auswertung, die ihm eine Über-

sicht über die Kosten- und Erlössituation des

Betriebes vermitteln soll. Das dargestellte Ergeb-

nis ist jedoch vorrangig ein steuerliches, kein

betriebswirtschaftliches und nur bedingt geeig-

net, die operative Ertragssituation des Betriebes

wiederzugeben. So bleiben häufig wichtige, auf

das Ergebnis Einfluss nehmende Faktoren unbe-

rücksichtigt. Die Überraschung kommt dann im

Rahmen der Bilanzerstellung. Hierzu zählen ins-

besondere die Bewertung der teilfertigen/ange-

fangenen Arbeiten, die Bestandsveränderungen

oder auch die Abschreibungen.

Des Weiteren spielt die Rechtsform bei der

Ergebnisbewertung eine wesentliche Rolle. Wäh-

rend beim Einzelunternehmen oder der Personen-

gesellschaft, die vom Unternehmer getätigten

Entnahmen nicht in den Kosten verbucht sind,

wird bei einer GmbH das Geschäftsführergehalt

als Aufwand im Ergebnis wirksam berücksichtigt.

So kann beim Einzelunternehmen ein auf den

ersten Blick akzeptables Betriebsergebnis darge-

stellt sein, bei der Hinzuziehung der effektiven

Entnahmen sich aber ein negatives betriebswirt-

schaftliches Ergebnis ermitteln.

Auch bildet die BWA weitere wichtige In-

formationen für die Betriebssteuerung nicht ab.

Hierzu zählen:

– Der Liquiditätsstand und deren Ent­

wicklung,

– der Prognosestand zum Gewinn und zur

Zahlungsfähigkeit.

Um diese Zahlen regelmäßig im Auge zu behal-

ten, bedarf es eines Finanzcontrolling.

Irrtum 3: 30 Jahre für Verjährung

von versteckten Mängeln am Bau

Ein Unternehmer haftet 30 Jahre lang für

versteckte Mängel. Dies ist falsch.

Zum einen ist schon seit vielen Jahren das

Recht der Verjährung geändert. Bei Bauvorha-

ben ist dies grundsätzlich fünf Jahre nach dem

BGB und vier Jahre nach der VOB.

Einen versteckten Mangel als solchen gibt

es nicht.

Mängel, die innerhalb der Gewährleistungs-

frist von vier oder fünf Jahren auftauchen, wa-

ren i. d. R. bei der Abnahme nicht sichtbar. Die-

se Mängel sind aber keine versteckten Mängel.

Vielmehr wird unter diesem Begriff das arg-

listige Verschweigen von Mängeln gefasst. Ein

Unternehmer, der einen Mangel kennt und weiß,

dass das Vorhandensein dieses Mangels für den

Bauherren wichtig ist und dieses Wissen dem

Bauherrn nicht mitteilt, handelt arglistig. Also

nur, wenn der Unternehmer bzw. einer seiner füh-

renden Mitarbeiter von einem Mangel Kenntnis

hat und dies verschweigt, liegt ein arglistiges

Handeln vor.

Ein solches arglistiges Handeln berechtigt

auch noch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist

dazu, Mängel geltend zu machen. Der Kunde hat

dann einen Anspruch, innerhalb von drei Jahren,

nachdem er selbst diesen Mangel entdeckt hat,

den Anspruch durchzusetzen. Allerdings begrenzt

sich die Arglisthaftung in der Regel auf 10 Jahre

ab der Abnahme der Leistung. Der Kunde muss

nicht nur nachweisen, dass ein Mangel vorhan-

den ist, sondern auch, dass der Unternehmer

zum Zeitpunkt der Errichtung des Bauwerkes

von dem Mangel Kenntnis hatte.

Es reicht also nicht aus, wenn der Mangel

erkennbar war, sondern der Unternehmer muss

positiv davon Kenntnis gehabt haben. Dieser

Nachweis ist i. d. R. sehr schwierig. Eine Haf-

tung von 30 Jahren für versteckte Mängel gibt

es also nicht.

Betriebswirtschaft

Es schreibt für Sie

RA Andreas Becker

Fachanwalt für Bau- und

Architektenrecht

Schiffgraben 17

30159 Hannover

Telefon: (0511) 374841-0

Telefax: (0511) 374841-20

E-Mail:

info@kb-recht.de

Internet:

www.kb-recht.de

Es schreibt für Sie

Diplom-Betriebswirt

Wolfgang Krauß

Seit über 25 Jahren in der

betriebswirtschaftlichen

Beratung von Handwerks­

betrieben tätig

Kolbing 35 · 83556 Griesstätt

Telefon: (08039) 9097220

Mobil:

(0172) 7499102

E-Mail:

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www.beratungfuershandwerk.de www.die-erfolgswerker.de

Einen versteckten

Mangel als solchen

gibt es nicht.

Foto:

Wuttichai Nanchaikan

123rf.com

Schützen & Erhalten · September 2015 · Seite 32