Thema
zil des deutschen Botschafters in Russland, von
Schulenburg, war, weit ab von den berühmten
Sehenswürdigkeiten der Metropole. Entsprechend
stolz war man vor Ort, diesen Hort der Künste
und Lyrik der Deutschen Delegation vorstellen zu
können. Was in der russischen Dichtung Rang und
Namen hatte verweilte hier, darunter so berühmte
Namen wie Gogol und Puschkin. Ostafyevo ge-
hört, so der leitende Direktor „zur ersten Reihe
der kulturellen Sehenswürdigkeiten Russlands“.
Was sich den Fachleuten des DHBV allerdings
zeigte, war ein Gebäudeensemble mitten in der
Sanierungsphase und damit ein hervorragendes
Objekt, um im Gespräch mit den leitenden Ar-
chitekten und Ingenieuren die Anwendung un-
terschiedlicher Techniken und Sanierungsprak-
tiken zu erörtern.
Moskau City (russ.
Москва-Сити
)
Zurück in die Zukunft – auf der Moskauer
Großbaustelle „Moskwa City“
9
10
präsentiert
sich der russische Zeitgeist: Man zeigt, was man
hat. Russland ist wieder wer in der Welt und das
soll die neue Architektur zum Ausdruck bringen.
Entsprechend ist das Mega-Projekt Moskwa City
das Symbol des neuen, neureichen Russlands.
Beton und Glas, so weit das Auge reicht. Die
Großbaustelle Moskwa City scheint nur diese
beiden Baustoffe zu kennen. Mitten in Moskau,
4km Luftlinie vom Kreml entfernt, entsteht eine
Stadt in der Stadt. 100.000 Menschen sollen hier
einmal leben. Die Türme des Megastadtteils ragen
schon jetzt Hunderte Meter in den Himmel.
Besonders gigantisch geplant ist das Gebäu-
de „Rossija“ (Russland). Entworfen hat es der
britische Stararchitekt Norman Foster: 612 Me-
ter soll es in den Himmel wachsen. Damit wird
es der höchste Wolkenkratzer Europas – und
anderthalb mal so groß wie das Empire State
Building in New York. Moskaus Bürgermeister
Juri Luschkow nennt den Turm ein „Symbol un-
seres Landes, das in die Zukunft strebt“. Seit
dem November 2008 sind die Bauarbeiten al-
lerdings aufgrund der durch die internationale
Wirtschaftskrise bedingten finanziellen Schwie-
rigkeiten unterbrochen.
Ein weiteres Kernstück des Areals ist der
Wohn- und Bürokoloss „Federazija“, benannt nach
der Russischen Föderation. Hier sind die Arbei-
ten schon weit fortgeschritten, wovon sich die
DHBV-Gruppe als Gast der Baufirma MIRAX, die
in der 41. Etage thront, eindrucksvoll überzeu-
gen konnte. Die Höhe: 354 Meter, mit Antenne
506 Meter. Das Gebäude besteht aus zwei Tür-
men, der größere hat 93 Stockwerke. Architekt
ist der 45-jährige Sergej Tschoban, ein in Berlin
lebender Russe.
Im unteren Drittel des Federazija-Turms ent-
stehen Büros, die Mitte wird ein Hyatt-Hotel,
ganz oben können sich Privatleute Luxusapart-
ments kaufen. Der Kern des Gebäudes besteht
aus Beton. „Das ist nicht die schlankeste Kon-
struktion, aber die sicherste“, so der leitende
Ingenieur bei der Vorstellung des Bauprojektes.
Und als Erklärung, dass die geringe Erfahrung
russischer Baufirmen mit modernen Stahlkon-
struktionen gerade im Bereich der Sicherheit
auch eine Vorteil darstellen kann, fügt er hin-
zu, dass bei einer Flugzeugattacke wie am 11.
September 2001 das Gebäude sicher stehen
bleiben würde, weil Beton weder brennen noch
schmelzen könne.
Von außen allerdings ist der Beton nicht zu
sehen. Von oben bis unten mit Glas verkleidet
bietet er seinen künftigen Bewohnern einen phä-
nomenalen Blick über Moskau, wovon sich die
Exkursionsteilnehmer auf der Aussichtsplattform
überzeugen konnten. Dafür sei allerdings die En-
ergiebilanz des Gebäudes miserabel. Doch ein
Mega-Projekt wie Moskau City baut man schließ-
lich nicht um zu sparen. Es ist ein Prestigeob-
jekt, das beeindrucken will und soll.
Das Museum für russische Holz-
architektur in Kolomenskoje
Es ist der einzige Platz auf der Welt, der in
einer derart eindrucksvollen Weise einen Ein-
blick in die Bauweise alter Verteidigungsfestun-
gen aus Holz bietet. Auf dem Gelände der alten
Zarenresidenz Kolomenskoje aus dem 16.–17.
Jahrhundert, südöstlich der Moskauer Innen-
stadt gelegen, entsteht derzeit ein Freilicht-
museum für russische Holzfestungen aus dem
17. und 18. Jahrhundert
11
. Teils als original
wiederaufgebaut, teils in alter Bauweise völlig
neu konstruiert, zeigt dieses Museum Forts und
Befestigungsanlagen allesamt aus Holz, wie sie
früher gebaut wurden, um Städte, Klöster oder
Handelswege zu schützen.
Aber der Ort Kolomenskoje bietet seinen
Besuchern noch mehr. Hier findet man eine der
bekanntesten russischen Kirchen – die Aufer-
stehungskirche. 1532 von Ivan III gebaut, als
Gottesdank für die Geburt seines Sohnes, den
späteren Zaren Ivan den Schrecklichen, zeugt sie
von der historischen Bedeutung des Ortes.
Das Kolomenskoje heute ein Freilichtmuse-
um für russische Holzarchitektur des 16. und
17. Jahrhunderts ist, hat seine Gründe. In der
Blütezeit als Zarenresidenz (1645–1676) ent-
stand hier der berühmte Holzpalast, der für
seine phantasievollen, märchenartigen Dächer
berühmt ist. Ausländer beschrieben das sehr
große Labyrinth der vielen Flure und 250 Räu-
me, die alle ohne einen einzigen Nagel, Haken
oder eine Säge zu verwenden errichtet wurden,
als das „achte Weltwunder“. Nach dem Umzug
des Hofes nach Sankt-Petersburg verfiel der Pa-
last zunehmend bis er im Auftrag Katharina der
Großen abgerissen wurde. Die an seiner Stelle
entstandene Kopie kann den Eindruck, den die-
ser Palast bei seinen Besuchern hinterlassen hat,
nur bedingt wiedergeben.
fr
5
6
10
11