Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 12
Aststücke, das unter definierten Bedingungen
einem 8- bis 12-wöchigen Pilzbefall durch den
Schmetterlingsporling (
Coriolus versicolor
) aus-
gesetzt wurde. Pallaskes Laborzucht wurde 1995
nach Großbritannien transferiert. Wesentliche
von BELMAIN (1998) und BELMAIN, SIMMONDS
und BLANEY (2001) erarbeitete neue Erkennt-
nisse unter anderem zum Lebenszyklus und
Fraßverhalten begründen sich auf diese welt-
weit als einzige bekannte Zucht des Gescheck-
ten Nagekäfers.
1
Die englische Forschergruppe
geht davon aus, dass die Larven im verbauten
Holz an eine Mindestholzfeuchte von 14 % ge-
bunden sind, um sich zu entwickeln (BELMAIN,
SIMMONDS und RIDOUT (2004). Wie aus der La-
borzucht ersichtlich, entwickeln sich die Larven
unter diesen Holzfeuchteverhältnissen problem-
los. Durchweg anhaltende Holzfeuchtegehalte
unterhalb von 12% führen zu einem Absterben
(RIDOUT 2000). Andererseits erwähnt derselbe
Autor ein Überleben der Larven selbst bei einer
Holzfeuchte von 10% (RIDOUT 2001). BLETCHLY
(1965,1967) nennt eine Holzfeuchte von 12%
als ausreichend für einen Befall und eine erfolg-
reiche Larvenentwicklung. Starke Zerstörungen
fand CHAPMAN (1981) in Nadelhölzern mit einer
Holzfeuchte von 12,5%.
Zusammenfassend
lässt sich feststellen,
dass die Holzfeuchteansprüche des Gescheckten
Nagekäfers denen des Gewöhnlichen Nagekäfers
mit einer unteren Entwicklungsgrenze von 10–
12% Holzfeuchte für seine Larven entsprechen.
Das Holzfeuchte-Optimum des Letzteren beträgt
bekanntlich 28–30%. Auch wenn dieses für den
Gescheckten Nagekäfer bisher nicht erforscht
wurde, lassen sich jedoch entsprechende Ver-
hältnisse vermuten (s. u.).
Ernährungsphysiologische
Befallsvoraussetzungen
Im Freiland findet sich der Gescheckte Na-
gekäfer häufig in toten und alten anbrüchigen
Laubbäumen. Aufgesucht werden bevorzugt Ei-
che und Weide (Bild 4). Als zahlreiche weitere
Arten werden in der Literatur Ulme, Esche, Edel-
kastanie, Buche, Birke, Erle, Pappel, Weißdorn,
Nussbaum und Obstgehölze genannt. Innerhalb
von Gebäuden – vornehmlich in alter Bausub-
stanz von Kirchen, Schlössern und historischen
Fachwerkgebäuden – besiedelt der Käfer bevor-
zugt Eiche, tritt daneben aber ebenso in Nadel-
hölzern wie Kiefer auf (Bild 5).
In der Regel setzt ein Befall voraus, dass das
Holz durch holzzerstörende Pilze vorgeschädigt
ist, ohne dass aber die Larven ernährungsphysio-
logisch auf pilzbefallenes Holz angewiesen sind.
Nachweislich entwickeln sich die Larven – wenn
auch langsamer − auch in gesundem Splintholz
der Eiche (RIDOUT 2000).
Ein Befall des Kernholzes setzt dagegen
grundsätzlich einen Fäuleschaden voraus. Ent-
scheidend ist dabei, dass das Holz pilzvorge-
schädigt bzw. angefault ist, nicht aber dass
eine aktive Fäule vorliegen muss, die wiederum
Holzfeuchteverhältnisse über Fasersättigung
(28…30%) voraussetzt. Bereits FISHER (1940)
verweist darauf, dass er bei den zahlreichen von
ihm untersuchten Schadensfällen nur selten auf
einen gleichzeitigen aktiven Pilzbefall stieß.
Wiederum ein Argument dafür, den Gescheckten
Nagekäfer sehr wohl zu den Trockenholzinsekten
und nicht zu den Feuchtholzinsekten zu zählen.
Ergänzende Anmerkungen zur
Beziehung Käfer und Fäulnis
Käfer und Fäulnis stehen in enger Beziehung,
ohne dass allerdings diese bislang im Einzelnen
geklärt ist (BELMAIN 1998). Außer dass Pilze
Zellwandkomponenten abbauen, verändern sie
die chemische Struktur des Holzes (z. B. durch
Erhöhung des Eiweißgehaltes oder des Vitamin-
gehaltes). Andererseits führt ihr Befall zu Fes
tigkeitsminderungen des Holzes. Junge Eilarven
können sich nur in weiches Holz einnagen. Skep-
sis ist geboten, dass größere Larven in gesundes
Eichenkernholz vordringen können, wie es all-
gemein in der Literatur vermerkt ist. Wiederum
ist es FISHER (1940), der bereits vor langer Zeit
darauf verwies, dass bei mikroskopischen Unter-
suchungen von gesund erscheinendem Holz mit
Larvenfraß stets Pilzhyphen nachgewiesen wer-
den konnten. Im Rahmen des Woodcare Projects
konnte RIDOUT (2000) beobachten, dass un-
terhalb von befallenem Splintholz das Kernholz
befallsfrei bleibt, sofern es nicht pilzgeschädigt
ist. Entsprechendes ist Bild 6 zu entnehmen. Es
zeigt einen Balkenquerschnitt mit einem Mond-
ring. Mondringe sind unverkernte Zonen mit
Splintholzcharakter innerhalb des Kernholzes.
Es kann auch von einem doppelten „doppelten
Splint“ gesprochen werden. Innerhalb des ge-
sunden Kernholzes bleibt der Larvenfraß streng
auf den Mondring begrenzt.
1 Die Untersuchungen erfolgten im Rahmen des EC
Woodcare Project: Studies on the behaviour, inter-
relationships and management of deathwatch bee-
tles in historic buildings.
Zitiertes Schrifttum
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Xestobium rufovillosum
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Fachbereiche
Holzschutz
Bild 5. Restlose Zerstörung eines Balkenkopfes aus
Nadelholz durch Braunfäulepilze und den Gescheckten
Nagekäfer. Zurückgeblieben ist lediglich der harte
Kernbereich des Astquirls.
Bild 6. Eichenbalken mit Mondring. Innerhalb des
gesunden Kernholzes bleibt der Larvenfraß auf den
unverkernten, splintholzartigen Mondring begrenzt.
Foto 2, 3, 6: R. Rosin und D. Grosser, Bild 4: D. Grosser, Bild 5: E. Flohr