Schützen & Erhalten · Dezember 2014 · Seite 32
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Schimmelpilze
durchfeuchteten, schwer trocken-
baren Artefakten angewendet kann.
Aber nicht im Kühlschrank, hierbei
handelt es sich um eine spezielles
Verfahren, bei dem die Funde bei
-30°C schockgefrostet werden, um
Schäden durch Eiskristallbildung zu
vermeiden.
Geht das alles nicht, weil eben
keine geeigneten Räume zur Verfü-
gung stehen, so verbleiben die stark
befallenen/kontaminieren Archiva-
lien an Ort und Stelle und es wird
versucht, durch zusätzliche Maßnah-
men (Luftreiniger, Entfeuchter, Auf-
stellen von Klimageräten, häufige
Reinigung wischbarer Oberflächen)
den Befall bis zur Beräumung und
Aufarbeitung im Griff zu behalten.
Was mitunter aber bedeutet, dass
die Ursache, falls diese in der Bau-
substanz zu suchen ist, nicht be-
hoben werden kann. Gelegentlich
bedarf es deshalb etwas Druck, da-
mit aus dieser Zwischenlösung keine
Dauerlösung gemacht wird.
Sanierung
Nach Beräumung kommt dann
das, was wieder Routine in der
Schimmelpilzbeseitigung ist: Er-
mittlung der Schadensursache,
Beseitigung derselben, Entfernung
von Biomasse, Feinreinigung und
Sanierungskontrolle. Dies gilt qua-
si sowohl für die Bausubstanz als
auch für das Archivgut.
Auf die Wiederherstellung der
Bausubstanz muss hier nicht weiter
eingegangen werden, dies folgt den
üblichen Richtlinien und Empfeh-
lungen. Im Ergebnis soll im Archiv
wie auch im Wohnraum eine übliche
Hintergrundbelastung wiederherge-
stellt werden, die gesundheitlich
unbedenklich ist. Doch damit der
Ausführende hier ankommt, muss er
erst die obigen Kapitel abarbeiten.
Für das Archivgut sieht das et-
was anders aus. Je nach betroffenem
Material gibt es unterschiedliche
Möglichkeiten von Nassreinigung,
Trockenreinigung, Begasung einzel-
ner Objekte, Gammastrahlung und
vieles mehr. Das ist aber in der Re-
gel die Aufgabe von Spezialfirmen
oder wird von den Restauratoren
und Archäologen selbst durchge-
führt. Die technischen, organisa-
torischen und auch handwerklichen
Anforderungen sind hierbei sehr
hoch, da jedes Fundstück, jede Akte
einzeln gereinigt, dekontaminiert
und ggfs. restauriert werden muss.
Das kann mitunter Jahre dauern. Da-
bei wird regelmäßig der Erfolg der
Maßnahmen sowie die Belastung der
Mitarbeiter vor Ort überprüft. Das
kann noch unsere Aufgabe sein,
muss es aber nicht…
Prävention von
mikrobiellen Befällen in
Archiven und Depots
Damit zukünftig mikrobielle
Schäden in Archiven vermieden
werden können, sollten die Depots
und Archive nach Wiederaufbau
folgende baulichen Anforderungen
erfüllen:
(3, 6)
– Alle Magazinräume sollten leicht
zu reinigen sein; Fußböden und
Wände sollten glatte Oberflä-
chen aufweisen, die ein Anhaf-
ten von Staub und Schmutz er-
schweren. Dabei sollten solche
Baumaterialien verwendet wer-
den, die trockengereinigt, also
abgesaugt werden können. Nass-
reinigung sollte eine Ausnahme
bleiben, ebenso wie die Anwen-
dung von Desinfektionsmitteln.
– Regale sollten glatte Oberflä-
chen aufweisen, die ein An-
haften von Staub und Schmutz
erschweren und leicht zu rei-
nigen sind. Geeignet sind z. B.
Regale aus einbrennlackiertem
Stahlblech, keineswegs jedoch
aus offenporigen und Keimbil-
dung begünstigenden Materi-
alien, wie z. B. Holz.
– Regale, Planschränke etc.
sollten zum Schutz vor Feuch-
tigkeit und zur Belüftung mit
einem ausreichendem Abstand,
mindestens 200mm, von Au-
ßenwänden aufgestellt werden.
Der Mindestabstand des Archiv
gutes von Boden und Decke be-
trägt 150mm.
– Das Innenraumklima sollte
maximal 18 °C ± 2 °C Raum-
temperatur und 50 % ± 5 %
relative Luftfeuchte bzw.
< 60 % an den Objektober
flächen erreichen. Eine ent-
sprechende Regulierung der
Klimawerte muss durch eine
natürliche Klimatisierung oder
durch Einsatz von Heizungs-
und Lüftungssystemen erreich-
bar sein.
Zusammenfassung
Eigentlich möchte man ja nur
den Schimmelpilzbefall an der Bau-
substanz beseitigen. Tritt dieser
jedoch in Museen, in den Archiven
von Verwaltungen oder anderen
Sammlungen auf, kommen vor der
Sanierung der Bausubstanz zunächst
der Schutz der Mitarbeiter und die
Rettung der Kulturgüter. Allein die
Beräumung der Depots und Siche-
rung von Archivgut sind eigenstän-
dige Projekte und keineswegs ver-
gleichbar mit der Beräumung des
Sanierungsbereiches im Wohnraum.
Aber es ist realisierbar. Und dann
klappt’s auch mit der Bausubstanz.
Biologischer
Arbeitsstoff
Über
tragungs-
weg
Risiko-
gruppe
Bemerkungen zu toxischen
(t) oder sensibilisierenden
(s) Wirkungen
Schimmelpilze
z.B.
Aspergillus, wie
– A. fumigatus
– A. niger
Penicillium
Alternaria
Mucor
Einatmen
von konta
miniertem
Staub
1 und 2
t: Mykotoxine; Glucane
s: Schimmelpilzsporen,
Hyphen
Actinomyceten
Inhalation 2
s
Bild 6: Aus der TRBA 240: Häufig nachgewiesene Biostoffe und deren Einstufung
nach Risikogruppe und anderen Wirkungen auf den Beschäftigen in kontami-
nierten Archiven. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass intensiver Milbenbefall
vorliegen kann, aber auch andere Schädlinge (Ratten) eine Rolle spielen können.
Literatur
1 Hanns Peter Neuheuser: Gesundheitsvorsorge gegen Schimmelpilzkontamination in Archiv, Bibli-
othek, Museum und Verwaltung; in: Bibliothek Forschung und Praxis Nr. 2, 1996, S. 194–215
2 Anna Haberditzl: Was tun mit schimmelbefallenen Archivalien und Büchern? Betrachtungen zum
Allheilmittel Desinfektion; in Bestandserhaltung. Herausforderung und Chancen, Veröff. der Staat-
lichen Archivverwaltung Baden-Württemberg Bd. 47, Stuttgart 1997, S. 259–281.
3 Mario Glauert: Empfehlungen zum Umgang mit schimmelbefallenem Archivgut, in Verwahren, Si-
chern, Erhalten. Handreichungen zur Bestandserhaltung in Archiven Bd.1, Potsdam 2005, S. 73–89
4 Christina Walter: BIBLIOTHEKEN UND ARCHIVE:(K)EIN PLATZ FÜR SCHIMMELPILZE, Leitfaden für
Bau, Ausstattung und Betrieb; Schriftenreihe der Unfallkasse Hessen, Band 11, 2005
5 Christina Meier: Schimmelpilze in Archiven, Magazinen und Sammlungen- Erkennung, Gesund-
heitsgefährdung, Umgang mit kontaminierten Objekten und Prävention, Aufsatz 2006
6 Empfehlungen der Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag, Unteraus-
schuss Bestandserhaltung : Umgang mit Schimmel in Archiven, Verabschiedung: Beschluss der
BKK von 2010-09-28/29 in Dresden
7 TRBA 240: „Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe: Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten
mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut“ Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe, 2010
8 Checkliste Gefährdungsbeurteilung nach TRBA 240 für Archive, Ausschuss für Biologische Arbeits-
stoffe, 2010
9 Elke Wenzel: Schimmelpilzbefall in Archiven, Depots oder Magazinen, Gesundheitsgefährdung –
Prophylaxe – Beseitigung; Thüringer Landesbetrieb für Arbeitsschutz und technischen Verbrau-
cherschutz, 2011
10 TRBA 200: „Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe: Anforderungen an die Fachkunde nach
Biostoffverordnung“ Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe, 2014