Previous Page  28 / 64 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 28 / 64 Next Page
Page Background

Schimmelpilze und Bakterien in Archiven –

was tun?

Einleitung

Schimmelpilze und Bakterien können in Ar-

chiven und Museen großen Schaden anrichten.

Mikrobielle Belastungen, ob nun durch aktiven

Befall oder massive Kontamination, führen

dazu, dass Mitarbeiter und Besucher erhöhten

Schimmelpilzkonzentrationen ausgesetzt wer-

den, befallene Funde nicht für Ausstellungen

zur Verfügung stehen oder aber durch die Mi-

kroorganismen Fundstücke, Papiere und Akten

unwiderruflich zerstört werden. Leider ist Letz-

teres sehr häufig der Fall.

Wer mit einem derartigen Schaden konfron-

tiert wird, hat im Vergleich zu Schimmelpilzschä-

den in Wohnräumen eine andere Hierarchie in

der Bewertungsabfolge zu berücksichtigen, denn

gerufen wird man nicht in erster Linie, um die

Bausubstanz zu bewerten. Da wissen in der Re-

gel alle Beteiligten, dass die heute zur Verfü-

gung stehenden Magazine, Depots und Archi-

ve in großen Teilen nicht für die Lagerung von

sensiblen Funden und Archivgut geeignet sind.

Nein, man wird gerufen, weil es gilt, weiteren

Schaden von den Funden und den Mitarbeitern

abzuwenden.

Dabei bekommt man es nicht nur mit Bio-

stoffen zu tun! Da das Problem mit den Schim-

melpilzen aber auch anderen Schädlingen in De-

pots schon sehr lange bekannt ist und man in

früheren Zeiten dem gern mit der chemischen

Keule beikommen wollte, kann in den Depots

und Magazinen neben einer hohen Konzentrati-

on an Mikroorganismen auch eine massive Bela-

stung mit Pestiziden wie DDT oder Schwermetal-

len (Quecksilberverbindungen, etc.) vorliegen.

Somit ergeben sich neue Problematiken,

welche vor Augen geführt werden müssen, um

mit Fingerspitzengefühl in einem auch von der

Öffentlichkeit sehr aufmerksam beäugten Minen-

feld zu agieren. Es gilt, in einer Verquickung un-

terschiedlicher Behörden und Zuständigkeiten,

fehlenden Geldern und chronisch schlecht aus-

gestatteten Depots und Magazinen dennoch eine

gute Lösung zum Schutz der Mitarbeiter und vor

allem zum Erhalt der Funde und Kulturgüter zu

finden. Erst dann kommt die Bausubstanz. Wenn

dann noch Geld da ist…

Kurze Begriffsdefinition

Im Folgenden werden Begriffe wie Archiv-

gut, Fundstücke, archäologische Artefakte, Ma-

gazin und Depot verwendet. Diese sollen hier

aber nur kurz erläutert werden. Ein Großteil ist

aus der Begriffe ist aus der TRBA 240 (7) und

anderen öffentlich-rechtlichen Dokumenten ent-

nommen.

(6, 9)

Als

Archivgut

(Archivalien) gelten insbeson-

dere Urkunden, Akten, Amts- und Geschäftsbü-

cher, Druckschriften, Karten und Pläne, Zeich-

nungen und Plakate, Bild- und Tondokumente,

elektronische Datenträger, Siegel, Petschafte/

Typare, Stempel, Nachlässe und Sammlungen.

Archive

sind Einrichtungen und Teile von Ein-

richtungen, die sich vorrangig mit der Erfas-

sung, Übernahme, Verwahrung, Erhaltung und

Nutzbarmachung von Schriftgut befassen, das

auf Dauer zu sichern ist.

Magazine

bezeichnen

den Teil eines Archiv- oder Verwaltungsgebäudes,

in dem das Archivgut lagert.

Depots

hingegen

sind den Archiven vergleichbare Einrichtungen,

beziehen sich aber auf Museen und verwahren

im Wesentlichen Funde und Archivgut, welche

jederzeit entnommen und in einer Ausstellung

präsentiert werden können. Funde und Artefakte

haben einen archäologischen Hintergrund, ins-

besondere

Artefakte

sind durch Menschen her-

gestellte Gegenstände wie Schmuck, Keramik,

Waffen, während unter

Funden

auch Begräbnis-

felder oder Knochenreste in Jauchegruben etc.

verstanden werden. Da mitunter in den später

noch ausführlich beschriebenen technischen

Regeln eine Aufzählung der unterschiedlichen

Kulturgüter zu aufwendig erscheint, wird gern

auf

ADM-Gut

zurückgegriffen. Hinter diesem

Kürzel verbirgt sich der Sammelbegriff Archiv-,

Depot- und Magazingut.

In den hier zitierten Veröffentlichungen wird

auch von

Kontamination

und

Dekontaminati-

on

gesprochen, diese Begriffe müssen heutzu-

tage nicht mehr erklärt werden und sollten dem

geneigten Leser bekannt sein. Interessant ist

jedoch die Tatsache, dass bereits in den 90er

Jahren davon gesprochen wurde, dass die Be-

lastung auf ein gesundheitlich unbedenkliches

Maß zurückzuführen ist. Gleichwohl wurde fest-

gestellt, dass unter Archivmitarbeitern die Sen-

sibilisierung gegenüber Schimmelpilzen um den

Faktor 3 höher ausfällt als bei der vergleichbaren

Normalbevölkerung.

(1)

Schadensbilder

Mikroorganismen haben im Dornröschen-

schlaf der Depots und Magazine alle Zeit der

Welt, um massive Befälle auszubilden. Dabei

kann festgestellt werden, dass die Archivalien

deutlich stärker befallen und beschädigt sind,

während kaum bis keine Befallsereignisse an der

Bausubstanz nachweisbar sind. Das ist aber nicht

ungewöhnlich, wenn man sich veranschaulicht,

dass archäologische Funde aber auch Akten oder

Bilder und Grafiken leicht zu besiedeln sind. Die

Verfügbarkeit an organischen, leicht abbaubaren

Bestandteilen wie Papier, Cellulose, pflanzliche

und tierische Leime, ist enorm hoch. Zudem gibt

es reichlich Lehmfunde, Holzartefakte und Le-

derreste. Auch verfügen diese Materialien über

eine hohe Wasseraufnahme. Wenn man sich dann

noch vor Augen führt, dass es ja Aufgabe der

Mikroorganismen ist, herumliegendes, totes bi-

ologisches Material abzubauen, muss man sich

nicht wundern…

Es wird aber auch immer wieder beobach-

tet, dass Gold- und Messingfunde und Artefakte

aus Eisen mit Flausch überzogen sind, auch Ke-

ramiken sind betroffen. Es scheint, als gäbe es

nichts, wovor die Pilze und Bakterien Halt ma-

chen würden. Nur Knochen werden irgendwie

nicht befallen. Die sind vermutlich aufgrund

ihrer hochporösen Struktur einfach zu trocken

und wirken dank der zurückbleibenden, rein mi-

neralischen Zusammensetzung (Calciumphosphat)

befallshemmend.

Doch nicht nur die archäologischen Artefakte

sind betroffen, ein Befall wird oftmals daran

erkannt, dass Fundkartons und die beiliegende

Dokumentation (Fundzettel) Schimmelpilzbefall

zeigen. Öffnet man die Kartons und Fundbeutel,

zeigt sich meist ein Bild des Grauens und der mi-

krobiellen Zerstörung. Erhöhte Raumluftfeuchten

lassen sich dabei bereits gut an kleinen Details

ausmachen. Zeigen die Heftklammern der Fund-

kartons leichte Rosterscheinungen, ist Gefahr im

Verzug und das Innenraumklima sollte dringend

überprüft werden.

Bild 1: Fundkartons mit unterschiedlich stark ausge-

prägtem Schimmelpilzbefall, links sind auch deutlich

die Rostspuren an den Heftklammern erkennbar, dies

deutet auf erhöhte Materialfeuchten hin, die zur Kor-

rosion der Heftklammern führt.

Fachbereiche

Schimmelpilze

Schützen & Erhalten · Dezember 2014 · Seite 28