Schimmelpilze und Bakterien in Archiven –
was tun?
Einleitung
Schimmelpilze und Bakterien können in Ar-
chiven und Museen großen Schaden anrichten.
Mikrobielle Belastungen, ob nun durch aktiven
Befall oder massive Kontamination, führen
dazu, dass Mitarbeiter und Besucher erhöhten
Schimmelpilzkonzentrationen ausgesetzt wer-
den, befallene Funde nicht für Ausstellungen
zur Verfügung stehen oder aber durch die Mi-
kroorganismen Fundstücke, Papiere und Akten
unwiderruflich zerstört werden. Leider ist Letz-
teres sehr häufig der Fall.
Wer mit einem derartigen Schaden konfron-
tiert wird, hat im Vergleich zu Schimmelpilzschä-
den in Wohnräumen eine andere Hierarchie in
der Bewertungsabfolge zu berücksichtigen, denn
gerufen wird man nicht in erster Linie, um die
Bausubstanz zu bewerten. Da wissen in der Re-
gel alle Beteiligten, dass die heute zur Verfü-
gung stehenden Magazine, Depots und Archi-
ve in großen Teilen nicht für die Lagerung von
sensiblen Funden und Archivgut geeignet sind.
Nein, man wird gerufen, weil es gilt, weiteren
Schaden von den Funden und den Mitarbeitern
abzuwenden.
Dabei bekommt man es nicht nur mit Bio-
stoffen zu tun! Da das Problem mit den Schim-
melpilzen aber auch anderen Schädlingen in De-
pots schon sehr lange bekannt ist und man in
früheren Zeiten dem gern mit der chemischen
Keule beikommen wollte, kann in den Depots
und Magazinen neben einer hohen Konzentrati-
on an Mikroorganismen auch eine massive Bela-
stung mit Pestiziden wie DDT oder Schwermetal-
len (Quecksilberverbindungen, etc.) vorliegen.
Somit ergeben sich neue Problematiken,
welche vor Augen geführt werden müssen, um
mit Fingerspitzengefühl in einem auch von der
Öffentlichkeit sehr aufmerksam beäugten Minen-
feld zu agieren. Es gilt, in einer Verquickung un-
terschiedlicher Behörden und Zuständigkeiten,
fehlenden Geldern und chronisch schlecht aus-
gestatteten Depots und Magazinen dennoch eine
gute Lösung zum Schutz der Mitarbeiter und vor
allem zum Erhalt der Funde und Kulturgüter zu
finden. Erst dann kommt die Bausubstanz. Wenn
dann noch Geld da ist…
Kurze Begriffsdefinition
Im Folgenden werden Begriffe wie Archiv-
gut, Fundstücke, archäologische Artefakte, Ma-
gazin und Depot verwendet. Diese sollen hier
aber nur kurz erläutert werden. Ein Großteil ist
aus der Begriffe ist aus der TRBA 240 (7) und
anderen öffentlich-rechtlichen Dokumenten ent-
nommen.
(6, 9)
Als
Archivgut
(Archivalien) gelten insbeson-
dere Urkunden, Akten, Amts- und Geschäftsbü-
cher, Druckschriften, Karten und Pläne, Zeich-
nungen und Plakate, Bild- und Tondokumente,
elektronische Datenträger, Siegel, Petschafte/
Typare, Stempel, Nachlässe und Sammlungen.
Archive
sind Einrichtungen und Teile von Ein-
richtungen, die sich vorrangig mit der Erfas-
sung, Übernahme, Verwahrung, Erhaltung und
Nutzbarmachung von Schriftgut befassen, das
auf Dauer zu sichern ist.
Magazine
bezeichnen
den Teil eines Archiv- oder Verwaltungsgebäudes,
in dem das Archivgut lagert.
Depots
hingegen
sind den Archiven vergleichbare Einrichtungen,
beziehen sich aber auf Museen und verwahren
im Wesentlichen Funde und Archivgut, welche
jederzeit entnommen und in einer Ausstellung
präsentiert werden können. Funde und Artefakte
haben einen archäologischen Hintergrund, ins-
besondere
Artefakte
sind durch Menschen her-
gestellte Gegenstände wie Schmuck, Keramik,
Waffen, während unter
Funden
auch Begräbnis-
felder oder Knochenreste in Jauchegruben etc.
verstanden werden. Da mitunter in den später
noch ausführlich beschriebenen technischen
Regeln eine Aufzählung der unterschiedlichen
Kulturgüter zu aufwendig erscheint, wird gern
auf
ADM-Gut
zurückgegriffen. Hinter diesem
Kürzel verbirgt sich der Sammelbegriff Archiv-,
Depot- und Magazingut.
In den hier zitierten Veröffentlichungen wird
auch von
Kontamination
und
Dekontaminati-
on
gesprochen, diese Begriffe müssen heutzu-
tage nicht mehr erklärt werden und sollten dem
geneigten Leser bekannt sein. Interessant ist
jedoch die Tatsache, dass bereits in den 90er
Jahren davon gesprochen wurde, dass die Be-
lastung auf ein gesundheitlich unbedenkliches
Maß zurückzuführen ist. Gleichwohl wurde fest-
gestellt, dass unter Archivmitarbeitern die Sen-
sibilisierung gegenüber Schimmelpilzen um den
Faktor 3 höher ausfällt als bei der vergleichbaren
Normalbevölkerung.
(1)
Schadensbilder
Mikroorganismen haben im Dornröschen-
schlaf der Depots und Magazine alle Zeit der
Welt, um massive Befälle auszubilden. Dabei
kann festgestellt werden, dass die Archivalien
deutlich stärker befallen und beschädigt sind,
während kaum bis keine Befallsereignisse an der
Bausubstanz nachweisbar sind. Das ist aber nicht
ungewöhnlich, wenn man sich veranschaulicht,
dass archäologische Funde aber auch Akten oder
Bilder und Grafiken leicht zu besiedeln sind. Die
Verfügbarkeit an organischen, leicht abbaubaren
Bestandteilen wie Papier, Cellulose, pflanzliche
und tierische Leime, ist enorm hoch. Zudem gibt
es reichlich Lehmfunde, Holzartefakte und Le-
derreste. Auch verfügen diese Materialien über
eine hohe Wasseraufnahme. Wenn man sich dann
noch vor Augen führt, dass es ja Aufgabe der
Mikroorganismen ist, herumliegendes, totes bi-
ologisches Material abzubauen, muss man sich
nicht wundern…
Es wird aber auch immer wieder beobach-
tet, dass Gold- und Messingfunde und Artefakte
aus Eisen mit Flausch überzogen sind, auch Ke-
ramiken sind betroffen. Es scheint, als gäbe es
nichts, wovor die Pilze und Bakterien Halt ma-
chen würden. Nur Knochen werden irgendwie
nicht befallen. Die sind vermutlich aufgrund
ihrer hochporösen Struktur einfach zu trocken
und wirken dank der zurückbleibenden, rein mi-
neralischen Zusammensetzung (Calciumphosphat)
befallshemmend.
Doch nicht nur die archäologischen Artefakte
sind betroffen, ein Befall wird oftmals daran
erkannt, dass Fundkartons und die beiliegende
Dokumentation (Fundzettel) Schimmelpilzbefall
zeigen. Öffnet man die Kartons und Fundbeutel,
zeigt sich meist ein Bild des Grauens und der mi-
krobiellen Zerstörung. Erhöhte Raumluftfeuchten
lassen sich dabei bereits gut an kleinen Details
ausmachen. Zeigen die Heftklammern der Fund-
kartons leichte Rosterscheinungen, ist Gefahr im
Verzug und das Innenraumklima sollte dringend
überprüft werden.
Bild 1: Fundkartons mit unterschiedlich stark ausge-
prägtem Schimmelpilzbefall, links sind auch deutlich
die Rostspuren an den Heftklammern erkennbar, dies
deutet auf erhöhte Materialfeuchten hin, die zur Kor-
rosion der Heftklammern führt.
Fachbereiche
Schimmelpilze
Schützen & Erhalten · Dezember 2014 · Seite 28