Praxiskommentar zur
DIN 68800 Teile 1 bis 4
Im Februar 2013 erschien der o. g. Kom-
mentar zum aktuellen Regelwerk im
Holzschutz (ISBN 978-3-410-21202-7).
Hierbei handelt es sich um eine vollständig
überarbeitete 2. Auflage des alten Kommentars
aus dem Jahr 1998. Diese Überarbeitung wurde
notwendig, da 2011 und 2012 die Holzschutz-
normen neu erschienen sind.
Nicht nur Holzschutzfachleuten, sondern
auch Planern und Ausführenden, die im Holzbau
tätig sind, ist der Kommentar eine wertvolle Hil-
fe. Denn „Aufgabe des Kommentars ist es, den
Normentext zu erläutern sowie Hintergründe und
Zusammenhänge einer Norm ausführlicher darzu-
stellen, als dies im Normentext möglich ist und
gleichzeitig Hilfestellungen für die Anwendung
der Norm in der Praxis zu geben“
[1]
.
[1] DIN und iVTH „Holzschutz, Praxiskommentar zur DIN
68800 Teile 1 bis 4“ Beuth Verlag GmbH Berlin Wien
Zürich 2013
oben auswachsenden Fruchtkörpern sehr schnell
muschelartige Formen ausgebildet. Wachsen die
Fruchtkörper nach unten, behalten sie sehr lan-
ge ihre Kreisform und entwickeln sich später zu
einer Rosette (Bild 7).
Das Myzel des Muschelkremplings erscheint
im frischen Zustand weißlich und nimmt im Al-
ter eine leicht graue bis helle lehmgelbe, bräun-
liche Farbe an. Im frischen Zustand ist es rela-
tiv leicht von jeglichem Untergrund abziehbar.
Trocknet es, liegt es fester dem Substrat an
und kann kaum ohne Zerstörung abgenommen
werden. Beobachtungen aus der Praxis zeigen,
dass sich auf flächigen Myzelien Wassertropfen
bilden können (Bild 8). Hierbei scheint es sich
um Guttationsprozesse zu handeln.
Wie bereits auf den Bildern 4 bis 6 zu er-
kennen ist, sind violette Verfärbungen im Myzel
und an der Fruchtkörperbasis nicht selten. Diese
Art der Verfärbung ist an keinem der im Gebäude
häufig anzutreffenden holzzerstörenden Pilzen
zu beobachten. Demnach ist dies eine für die
Identifikation des Muschelkremplings brauch-
bare Erscheinung.
Vorkommen
Der Pilz kann im gesamten Gebäude vorkom-
men. Voraussetzung für seine Entwicklung ist
eine, im Vergleich zu anderen holzzerstörenden
Nassfäulepilzen, hohe Holzfeuchte. Diese liegt
zwischen 50 und 70%. Die optimale Temperatur,
bei der ein größtes Längenwachstum (4mm pro
Tag) beobachtet wird, liegt bei 23 °C. Bei Tem-
peraturen unter 5°C und über 30°C findet kaum
noch ein Wachstum statt. Durch Zelluloseabbau
im Nadelholz erzeugt er eine Braunfäule.
Häufig ist der Muschelkrempling mit ande-
ren Pilzen (z. B. Brauner Kellerschwamm, Echter
Hausschwamm) vergesellschaftet.
Entgegen den Hinweisen in Huckfeldt
[1]
kann
Myzel in und auf dem Mauerwerk wachsen. Auch
die Fruchtkörperbildung direkt auf anorganischen
Stoffen ist möglich (Bilder 9 und 10). Gleich-
wohl ist die Fähigkeit, weite holzfreie Strecken
zu überbrücken, nicht vorhanden. Nach eigenen
Beobachtungen zufolge, konnte Myzel im Abstand
von 20 bis 30 cm vom Holz festgestellt werden.
Überall in den Gebäuden, wo es zu massiven
und langen Durchfeuchtungen kommt, kann er
sich ansiedeln (z. B. im Keller, in Bädern und
Waschküchen, im Traufbereich). Weiterhin kommt
er in Ställen, Schuppen, Ruinen, aber auch im
freien verbauten Holz an Brücken, Schwellen,
Balkonen, Terrassen und Palisaden vor. Ein deut-
sches Synonym (Grubenschwamm) deutet auf die
Verbreitung in Bergwerken hin.
Wirtschaftliche Bedeutung und
Bekämpfung
Bis auf die Tatsache, dass der Pilz früher
im Bergwerksverbau eine wirtschaftliche Rolle
spielte, ist seine Bedeutung in unseren Gebäu-
den eher gering, da er recht selten vorkommt.
Die sehr hohen Feuchteansprüche lassen am
Holz oftmals andere Pilze mitentstehen, sodass
der Muschelkrempling als alleiniger Verursacher
kaum vorkommt.
Entsprechend der aktuellen DIN 68800 Teil 4
sind bei umfangreicher Schädigung Rückschnitte
von 0,3 m nach dem letzten sichtbaren Befall an
den Holzbauteilen notwendig. Handelt es sich
um eine nur geringe Schädigung, können Be-
beilungen oder Beibehaltung der Holzsubstanz
entsprechend den Punkten 8.3.2.1 und 8.3.2.3
der DIN 68800 Teil 4 gewählt werden.
[1] Huckfeldt, Schmidt „Hausfäule- und Bauholzpilze“
Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG,
Köln 2006
Bildnachweis: Bilder 1 bis 10 Ing.-Büro E. Flohr GmbH
Bild 10: Myzelwachstum aus einer Mauerwerksfuge
und Fruchtkörperbildung am Ziegel.
Fortsetzung von Seite 8.
Fachbereiche
Holzschutz
Bild 9: Umfangreiche Myzelbildung am Mauerwerk
zwischen zwei Balkenköpfen.
Schützen & Erhalten · März 2013 · Seite 11