Schützen & Erhalten - page 21

Einschränkungen für den Transport sind mit der
Kennzeichnung
nicht
verbunden.
Ebenfalls zeitgleich wurde die GHS-Richtli-
nie
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der EU in Kraft gesetzt, die die Grundlage
der nationalen deutschen Gefahrstoffverordnung
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ersetzt. Somit ergeben sich neue Gefahrensym-
bole und eine Totenkopf-Kennzeichnung erfolgte
durch die meisten Hersteller nicht.
Kennzeichnung:
Nach Gefahrstoffverordnung
R 60 – kann die Fortpflanzungs-
fähigkeit beeinträchtigen.
R 61 Kann das Kind im
Mutterleib schädigen.
Nach GHS
H360 – Kann die Fruchtbarkeit
beeinträchtigen oder das Kind
im Mutterleib schädigen.
Borsalze waren zuvor gemäß Gefahrstoffver-
ordnung nicht eingestuft und damit kennzeich-
nungsfrei. Dass borhaltige Holzschutzmittel in
der Regel als „gesundheitsschädlich beim Ver-
schlucken„ ( ) eingestuft waren, beruhte auf
Formulierungsbestandteilen, die z. B. die Pene-
tration verbessern sollten, wie z. B. Alkoholen.
Bewertung
Betrachtet man diese Formulierungen und
die oben kurz genannten Eigenschaften von Bor-
salzen bzw. die angeführten Versuchsergebnisse,
so kann man grundsätzlich eigentlich keine Ein-
wände gegen diese Bewertung vorbringen: Ca.
20–40 g Borsäure können für einen Erwachse-
nen tödlich sein (auch mit ca. 40g Kochsalz ist
die gleiche Wirkung zu erreichen). Da der Orga-
nismus von Kindern in der Regel empfindlicher
ist, genügt ein einfaches Gedankenexperiment
sich vorzustellen, dass das Kind im Mutterleib
geschädigt wird, wenn die Mutter eine tödliche
Dosis Borsalz aufnimmt.
Aber: Wie kann Borsalz aufgenommen wer-
den? Borsalze haben keinen messbaren Dampf-
druck. Aus dem behandelten Holz gelangt Bor
also mit absoluter Sicherheit nicht in die Wohn-
räume, im Gegensatz zu den klassischen che-
mischen Holzschutzmitteln.
Diese fehlende Exposition wird bei der Be-
wertung aber nicht beachtet. Betrachtet wird nur
isoliert der Wirkstoff, nicht ob er überhaupt an
oder in den Menschen gelangen kann.
Bei der Verarbeitung durch Spritzen/Sprü-
hen kann der Holzschützer aber mit borhaltigen
Nebeln in Kontakt kommen. Die Sicherheitsda-
tenblätter und die auf ihnen aufbauenden Be-
triebsanweisungen fordern daher eine entspre-
chende persönliche Schutzausrüstung, wenn die
Gefahr der Belastung besteht. Dies forderten die
Sicherheitsdatenblätter aufgrund der bekannten
Eigenschaften, zudem bereits lange vor 2009. Die
Sicherheitsvorkehrungen und Schutzmaßnahmen
auf der Baustelle sind durch die Neueinstufung
praktisch unverändert geblieben.
Schutzmaßnahmen
Bei fachgerechter Anwendung durch sach-
kundige Fachfirmen ist eine Aufnahme von Bor-
salzen nicht möglich und vom behandelten Holz
geht aufgrund der nicht erfolgenden Emission
keine Gefahr aus.
Die notwendige Schutzausrüstung für die
Verarbeitung besteht aus:
– Streichen/Bohrlochtränkung: Gummi-Hand-
schuhe
– Spritzen: P2-Maske mit Partikelfilter
Die bereist seit längerem geforderten Betriebs-
anweisungen (gem. §20 GefStV.) für den Um-
gang mit borhaltigen Holzschutzmittel müssen
daher nicht geändert werden.
Ausblick
Wie wird nun der gewöhnliche Kunde reagie-
ren, wenn er auf dem Etikett oder den Begleitpa-
pieren die Gefahrenkennzeichnung, insbesonde-
re die keimschädigende Wirkung sieht? Hat der
Kunde die Kenntnisse die Einstufung kritisch
zu hinterfragen oder wird er vordergründig das
„Gift-Symbol“ sehen?
Kann der Kunde, der in seinem Alltag keinen
Umgang mit Gefahrstoffen hat, der keine beson-
dere Sachkunde vorzuweisen hat, das System
der Kennzeichnung überhaupt durchschauen?
Hier hängt viel von der Vorbildung des Kun-
den und der Aufklärung und Information des
ausführenden Holzschutzfachunternehmens
bzw. geprüften Schädlingsbekämpfers ab. Aber:
Welcher möchte sich in dieses Risiko begeben?
Oft wird der Verweis auf die zunehmende,
unüberschaubare Vielzahl unsinniger, nicht
nachvollziehbarer EU-Regelungen helfen, die
z. B. auch den Brandschutz verkomplizieren, die
Nutzung von bewährtem Saatgut unmöglich ma-
chen, den Krümmungsradius von Gurken regeln,
dabei aber den Geschmack nicht beachten usw.
oder gar durch den Umgang mit der Euro-Schul-
den-Krise zu einer Trotzreaktion führen können.
Viele Industriezweige sind bereits den ein-
facheren Weg gegangen Borsalze aus ihren Pro-
dukten zu entfernen (Waschmittel) oder diese
unter 5,5% zu reduzieren (Dämmstoffe). Im
Holzschutz geht dies kaum. Weniger Wirkstoff
bringt auch Wirkungsverluste mit sich.
Bedeutet dies daher die Abkehr zu anderen
Wirkstoffen, zu einer Renaissance von z. B. Py-
rethroiden, die zwar teilweise kritisch gesehen
werden, von der EPA in den USA sogar verboten
sind, die aber im Gegensatz zu Bor keine akute
Toxizität aufweisen?
Und es wird noch komplizierter:
Seit Jahrzehnten wurde durch die Regel-
werke, insbesondere DIN 68800 (alt, bis 2011)
Fachbereiche
Sachverständige
die Verwendung bauaufsichtlich zugelassener
Holzschutzmittel gefordert. Die Zulassung wur-
de durch das Deutsche Institut für Bautechnik
(DIBt) erteilt, nachdem
– die Wirksamkeit durch Versuch oder Litera-
turdaten nachgewiesen war
– das Umweltbundesamt die tolerierbare Wech-
selwirkung mit der Umwelt bestätigt hatte
und
– die gesundheitliche Tolerierbarkeit durch das
Bundesgesundheitsamt bzw. seinem Nachfol-
ger, das Bundesinstitut für gesundheitlichen
Verbraucherschutz (BgVV) bzw. das Bundes-
institut für Risikobewertung (BIR) geprüft
war.
Zusätzlich erfolgte eine Fremdüberwachung durch
eine Materialprüfanstalt.
Dies stellte seit Jahrzehnten ein Qualitäts-
managementsystem lange vor Erfindung der ISO
9000ff Standards und dergleichen dar, fehlte aber
in den meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten.
Mit Umsetzung der Biozidrichtlinie wurde nun
die Baua theoretisch zuständig (siehe oben). Da
aber der Anhang1 der Biozidrichtlinie mit Stand
von Januar 2013 nur einige wenige zugelas-
sene Wirkstoffe aufweist und die Hersteller der
Biozidprodukte (die anwendungsfertigen Holz-
schutzmittelpräparate) ab der Aufnahme eine
2-Jahresfrist zur Ausarbeitung und Einreichung
der Unterlagen haben, laufen die Zulassungs-
verfahren durch die jeweiligen nationalen Be-
hörden noch. Für viele Präparate, die mehrere
Wirkstoffe enthalten, konnten sogar die Anträge
noch nicht gestellt werden.
Altpräparate, die vor 2008 auf dem Markt
waren, konnten beim DIBt eine Verlängerung be-
antragen. Das DIBt musste jedoch zwischenzeit-
lich seine Struktur von einer sachbearbeitenden
Behörde zum fachlichen Entscheider umändern,
da sich UBA und BIR aus der Zuarbeit zurück-
gezogen hatten.
Dies führte zu der paradoxen Situation, dass
die Zulassungen vieler Holzschutzmittel und aller
Schwammsperrmittel am 31. 12. 2010 ausgelau-
fen waren. Erst im Laufe des Jahres 2011 bzw.
2012 erfolgten einige Verlängerungen der Pro-
dukte, für die eine Zulassung bei der Baua oder
den entsprechenden nationalen Institutionen
beantragt worden war.
Aus vormals über 200 Holzschutzmitteln
(Holzschutzmittelverzeichnis 2009) waren rund
20 übrig beblieben
und auch www.
DHBV.de).
Mit dem in naher Zukunft zu erwartenden
ersten Zulassungen durch die Baua, gemäß Bio-
zid-Richtlinie, würde sich die paradoxe Situation
ergeben, dass dann zwar die Verkehrsfähigkeit
gegeben, die Verwendbarkeit auf der Baustelle
(Zulassung DIBt) aber fehlen würde. Zwei zu-
ständige Behörden in einem Land wären aber
auch im Sinne der EU nicht sinnvoll.
Daher hat das DIBt mit Schreiben vom No-
vember 2012 seinen Rückzug aus der Zulassung
mit sofortiger Wirkung erklärt. Neue DIBt-Zulas-
sungen wird es somit nicht geben. Die Bestehen-
den behalten ihre Gültigkeit bis zum Vorliegen
Schützen & Erhalten · März 2013 · Seite 21
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