Ich frage mich als ö. b. u. v. Sachverstän-
diger für Holzschutz mittlerweile, wo im
Holzschutz der Weg hingeht.
Die DIN 68800 ist komplett überarbeitet,
dieses ist grundsätzlich zu begrüßen, da
die Vorgängerversionen überaltert war
und einer Überarbeitung bedurfte. Die
Erwartungen bzgl. einer bauaufsichtlichen
Einführung in allen Teilen wurden nicht
erfüllt. Für viele Fachleute ist die neue
DIN eher ein nicht ganz so gut geglückter
Kompromiss von Interessenvertretern
mit sehr unterschiedlichen fachlichen
Vorstellungen. Ob sie sich in der Praxis
bewähren wird, bleibt abzuwarten. Für
Planer und Ausführende birgt eine DIN-
konforme Maßnahmenumsetzung die
Gefahr rechtlich angreifbar zu werden. Die
kürzlich vom Beuth-Verlag veröffentlichte
Kommentierung zu allen 4 Teilen der DIN
68800 trägt nicht zur Verbesserung der
Situation bei. Hier wird zukünftig der
Fachplaner/Sachverständige immer mehr
gefordert sein.
Das europäische Biozidrecht bringt uns die neue
EU Biozid-Verordnung. Seit dem 17. Juli 2012 in
Kraft getreten, muss sie ab dem 1. September
2013 angewendet werden und ersetzt damit die
bis dahin gültige Biozidrichtlinie. Im Fahrwasser
der Verordnung werden die bauaufsichtlichen Zu-
lassungen für Holzschutzmittel durch das Deut-
sche Institut für Bautechnik (DIBt) verschwinden
und es wird Zulassungen zu diesen Produkten
durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin (BauA) auf Grundlage der Ge-
samtformulierungen mit den eingesetzten Bio-
ziden geben (siehe hierzu auch den Artikel von
Ekkehard Flohr in „Schützen & Erhalten“ 4/2012,
Seite 15 sowie den Artikel von Dr. Peylo „Bor –
ein Nachruf?“ in dieser Ausgabe). Derzeit gibt
es schon eine Reihe von Produkten mit individu-
ellen Zulassungen basierend auf der Biozidricht-
linie (RL 98/8/EG). Der Link:
Chemikaliengesetz-Biozidverfahren/Biozide/Pro-
dukt/Holzschutzmittel.html zur Internetseite der
BauA zeigt die aktuelle Liste der in Deutschland
zugelassenen Biozid-Produkte in der Produktart
8 (Holzschutzmittel). Interessant ist, dass nur
ein Produkt insektenbekämpfend ist, es handelt
sich um ein Begasungsmittel, ansonsten nur
vorbeugende Mittel gegen holzverfärbende und
-zerstörende Pilze (Einsatz bis Gebrauchsklasse
3) aufgelistet werden. Übrigens, davon ist kein
Produkt mit Bor ausgestattet, obwohl Bor als
Wirkstoff nach Richtlinie 2009/94/EG der Kom-
mission vom 31. Juli 2009 in Verbindung mit der
noch gültigen Biozid-Richtlinie (RL 98/8/EG) für
die Produktart 8 eine Zulassung bis 31. August
2021 hat. Zurzeit gibt es ja die noch gültigen
bauaufsichtlichen Zulassungen durch das DIBt.
Was danach kommt ... ? Bis zum Zulassungsen-
de der DIBt-Produkte werden demzufolge zwei
Zulassungssysteme nebeneinander existieren.
Im Zusammenhang mit den
Zulassungen wird auch auf die
aktuell in der Überarbeitung
befindlichen TRGS 523 hinge-
wiesen. Hier rückt zukünftig
die fachliche Sachkunde der
Verarbeiter noch stärker in
den Fokus.
Als Resümee ist festzu-
halten: Fachplaner und Sach-
verständige werden zukünftig
immer mehr gefragt sein hier
die richtigen Wege und Maß-
nahmen aufzuzeigen.
Die Frage, was mit „Schwamm“ in den Versi-
cherungsbedingungen gemeint ist, hat der Bun-
desgerichtshof in seinem Urteil BGH, 27.06.2012
− IV ZR 212/10 deutlich beantwortet:
„Schwamm
bezeichne alle holzzerstörenden Pilze“
(siehe hier-
zu auch „Schützen & Erhalten“ 4/2012). Bleibt
nun abzuwarten, wann auch Schimmelpilze als
Schwämme eingestuft werden?
Komme ich zurück auf die neue DIN 68 800
und hier insbesondere auf den Teil 1.
Ein von Prof. Dr. Reinhold Thode, Richter am
BGH und stellvertretender Vorsitzender des für
Bau- und Architektensachen zuständigen VII.
Zivilsenats des BGH a. D., im Auftrage der Deut-
schen Bauchemie e.V. erstelltes Rechtsgutach-
ten
„Zur vertraglichen Bedeutung der Regelung
der GK1 in der DIN 68 800-1“
zeigt auf, dass es
bei der baulichen Ausführung von in der DIN
68800-1 genannten Maßnahmen zu Haftungs-
ansprüchen durch den Leistungsbesteller ge-
genüber dem Unternehmer, dem Planer und dem
Bauaufsichtführenden kommen kann (siehe zu
diesem Gutachten auch den Artikel von Dr. Peylo
in dieser Ausgabe von „Schützen & Erhalten“).
Die DIN ist laut Prof. Thode nicht als eine an-
erkannte Regel der Technik einzustufen. Hierzu
äußert er sich in seinem Rechtsgutachten unter
den Punkten 3.b) (3) (Seiten 7 und 8) und 4.a)
(Seite 8) wie folgt:
„[...] Voraussetzungen, die für die Einordnung
einer technischen Regel als allgemein anerkannt
erforderlich sind, müssen durch empirische Un-
tersuchungen ermittelt werden. Bei diesen Un-
tersuchungen ist maßgeblich auf die betroffenen
Verkehrskreise abzustellen. Nicht maßgeblich ist
die subjektive, nicht auf die notwendigen und
hinreichenden Befundtatsachen gestützte Ansicht
eines Sachverständigen.“
„Die in Nr. 4.1.3 gewählte Formulierung „er-
fahrungsgemäß“ ohne Hinweise auf wissenschaft-
liche Veröffentlichungen und ohne Angaben, wer
unter welchen Bedingungen und fortdauernder
praktischer Erfahrung diese Erkenntnis gewon-
nen hat, rechtfertigt die Annahme, dass die ge-
nannten Regeln keine anerkannten Regeln der
Technik sind.“
Dr. Markus Wessels, Vorsitzender Richter am
Landgericht Hannover, äußert sich so in dem
Artikel von Nikolai Krawczyk im Holz-Zentral-
blatt (HZB 2013, Nr. 2, Seite
35 vom 11. 01. 2013) nachzul-
esen auf der Holzschutztagung
des Verbandes der Deutschen
Bauchemie am 22. 11. 2012 in
Göttingen in ähnlicher Wei-
se zur DIN 68 800. Auch für
ihn ist die neue Fassung der
DIN keineswegs als allgemein
anerkannte Regel der Technik
einzustufen.
Dazu nachfolgendes Zitat
aus dem o.g. Artikel im HZB
zu dem Vortrag von Dr. Wessels:
„Nach geltender Rechtssprechung muss eine
anerkannte Regel der Technik aber „in der tech-
nischen Wissenschaft als theoretisch richtig er-
kannt sein und feststehen sowie insbesondere
in dem Kreis der für die Anwendung der betref-
fenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten
Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg
bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer
Erfahrung als technisch geeignet, angemessen
und notwendig anerkannt.“ Wenn eine DIN-Norm
gerade geändert worden ist, liegt eine fortdau-
ernde praktische Erfahrung in der Regel nicht vor.“
Der letzte Satz gilt nach meiner Auffassung
nicht allgemein, da viele Normen durchaus auf
fortdauernder praktischer Erfahrung basieren.
Für den weiter unten genannten Beispielfall aus
dem Rechtsgutachten von Prof. Thode trifft die-
se Aussage allerdings zu, gibt es doch gerade
bzgl. des Befalls von technisch getrocknetem
Holz durch holzzerstörende Insekten, so auch
von Konstruktionsvollholz, sehr voneinander
abweichende Beobachtungen in der Fachwelt.
Zur rechtlichen Bewertung der Anwendbar-
keit einer neuen DIN äußert sich Dr. Wessels wie
folgt (sinngemäß wiedergegebenes Zitat aus dem
o. g. Artikel im HZB):
„Nach geltender Rechtssprechung kann ein
Werk auch trotz Beachtung einer aktuellen DIN-
Norm mangelhaft sein, nämlich dann, wenn „das
Handwerk noch überwiegend an der Bauausfüh-
rung einer früheren, nun geänderten DIN-Norm
festhält, die Ausbildungsliteratur die alte Bau-
ausführung weiterhin fordert und die Produkt-
beschreibungen der Hersteller die alte Bauaus-
führung weiterhin dringend empfehlen. Auch in
einer neuen DIN-Norm enthaltene Ausführungs-
anweisungen gehören nicht zu den anerkannten
Regeln der Technik, wenn sie von den Baufach-
leuten überwiegend nicht angewendet bzw. nicht
hinreichend akzeptiert werden.“
Für beide Richter enthält in der DIN 68800-
1 der Punkt 4.1.3 Aussagen, die bei DIN-ge-
rechter Ausführung erhebliche Haftungsrisiken
beinhalten.
Nachfolgend der Punkt 4.1.3 als Zitat aus
der DIN 68800-1 (Ausgabe 10/2011; Seite 7):
„4.1.3 Für Bauteile aus Brettschichtholz und
Brettsperrholz ist in den Gebrauchsklassen 1 und
2 erfahrungsgemäß die Gefahr eines Bauscha-
Alles neu im Holzschutz oder nur noch Verwirrung?
Es schreibt
für Sie:
Dipl. Holzwirt
Georg Brückner
Fachbereichs-
leiter Sachver-
ständige
Roggenkamp 7a
59348 Lüdinghausen
Telefon: (0 2591) 949653
Telefax: (02591) 949654
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Sachverständige
Schützen & Erhalten · März 2013 · Seite 18