Die Ex-Press
Berufsinformation des DSV e.V. |
Aus dem Verband
LV-Hessen Artenschutzseminar
Nicht nur wenn wir auf das Rekordjahr
2015 zurückblicken: Das Geschäft mit
den Wespen ist für viele Betriebe eine
wesentliche Ergänzung zum Kerngeschäft.
Umso wichtiger erscheint ein fundiertes
Fachwissen als Basis für jeden professio-
nellen Schädlingsbekämpfer. Aus diesem
Grund veranstaltete der Landesverband
Hessen am 23.02.2016 ein Fortbildungs-
seminar zum Thema Artenschutzschulung
am Beispiel Wespe und Hornisse.
Das Interesse an der Veranstaltung war erfreuli-
cherweise relativ groß, fanden sich doch 30Mit-
glieder an einem verschneiten Dienstagmorgen in
der IHK Darmstadt zusammen, um dem Fachwis-
sen von Diplom-Biologe Björn Kleinlogel etwas
abzugewinnen. Dass der Referent in diesem Fall
ein Berufskollege und Vorsitzender des LV Hes-
sen war, sorgte auf beiden Seiten für eine of-
fene und lockere Atmosphäre. Auf diese Weise
war ein gewisses Grundverständnis vorhanden
und Probleme sowie Anekdoten aus dem Praxis
alltag konnten offen ausgetauscht werden.
Trotz der gelockerten Atmosphäre mit Gebäck
und Kaffee, wurde dem gestrafften Programm der
Schulung aufmerksam zugehört. Denn auch wenn
quasi jeder Schädlingsbekämpfer ein gewisses
Grundwissen zur Biologie und Bekämpfung der
Vespinae und ihrer Verwandten hat, in dem rund
vierstündigen Vortrag konnten selbst alteinge-
sessene Berufsveteranen noch etwas dazulernen.
Gerade durch die alltägliche Routine im Be-
seitigen der vermeintlichen Lästlinge, geht der
Blick fürs Detail und der mögliche Nutzen da-
raus bei Vielen verloren. Dabei ist es wichtig,
die heimischen Wespenarten anhand ihrer Kopf-
oder gar Neststruktur unterscheiden zu können
und das nicht nur um Eindruck bei den Kunden
zu schinden. So haben die verschiedenen Arten
einen unterschiedlichen Lebenszyklus und bau-
en ihre Nester auch in völlig anderen Bereichen.
Wer weiß welche Wespenart wie lange aktiv ist
und wo sie bevorzugt ihre vorübergehende Blei-
be baut, kann den Kunden fachgerecht beraten
und möglicherweise die Hysterie der verzwei-
felten Mutter, die die Geburtstagsparty der all-
ergischen Tochter vorbereitet, schmälern. Denn
aufgrund der verschiedenen Lebenszyklen zäh-
len im Grunde auch nur zwei Arten zu den so-
genannten „Kuchentischwespen“, die im Som-
mer immer wieder für Panik und schlechte Lau-
ne bei der Grillparty im Freien sorgen. Es zeigte
sich also recht schnell, dass es sich lohnen
kann mehr als nur die Bedienungsanleitung der
Pyrethrum-Dose zu kennen. Schließlich ist die
Wespenbekämpfung auch immer mit dem The-
ma Naturschutz verbunden, ebenfalls ein großes
Thema der Fortbildung. Denn letzten Endes tritt
der Schädlingsbekämpfer auch als Berater und
Fachmann beim Kunden auf und muss diesem
überzeugend erklären können, warum es eher
unsinnig erscheint ein Wespennest im Oktober
zu bekämpfen, welches irgendwo unter dem Dach
angesiedelt ist. Hilfreich ist in so einer Situati-
on sicherlich auch, sich aus dem Stehgreif auf
gewisse Paragraphen im Naturschutzgesetz be-
rufen zu können.
Gerade an dieser Stelle der Fortbildung wur-
de es noch einmal besonders interessant, denn
überall wo Gesetze auftreten, wird man in der
Praxis immer wieder mit Sinn und Unsinn ver-
schiedener Vorschriften und Paragraphen der
deutschen Rechtsexperten konfrontiert. So er-
scheint es auf den ersten Blick zwar logisch
und einfach, wenn eine Hornisse besonders ge-
schützt ist und nur mit entsprechendem Antrag
bekämpft oder umgesiedelt werden darf. Doch wer
entscheidet bei allgemein geschützten Insekten
was ein vernünftiger Grund ist, ein Wespennest
zu bekämpfen? In diesem Zusammenhang wur-
den alternative Bekämpfungsmethoden ebenso
heiß diskutiert wie lebenserhaltende Lösungen,
allen voran das Umsiedeln.
Hier zeigte sich, dass viele Schädlingsbe-
kämpfer eine hohe Wissbegierde zu dem Thema
haben. Denn nicht nur besonders geschützte
Insekten wie die Hornisse, Hummel oder Biene
sollten nach Möglichkeit immer umgesiedelt oder
im günstigsten Fall an Ort und Stelle belassen
werden. Auch in manchen Fällen der allgemein
geschützten Wespenarten kann eine Umsiedlung
eine freundliche Lösung für Tier und Mensch
sein. Denn so überlebt nicht nur ein durchaus
nützlicher Wespenstaat, auch die Kundin aus der
Nachbarschaft kann ruhigen Gewissens schla-
fen gehen und empfiehlt die ethisch agierende
Schädlingsbekämpfung aus dem Ort gerne weiter.
Dass Sie dabei einige hundert Euro mehr zahlen
muss, wird Sie nicht einmal groß stören. Womit
wir auch bei einem immer wieder kehrenden und
heiklen Thema wären: Das liebe Geld.
Auch darüber wurde gegen Ende der Fort-
bildung diskutiert und auch wenn keiner sich
die Blöße geben wollte, völlig offen über seine
Preise zu diskutieren, so wurde doch klar, dass
je nach Bundesgebiet zwar unterschiedliche Ge-
fälle herrschen, die Vorstellung über einen fairen
Preis aber doch recht eng beieinander lag. Ganz
anders wie bei manch einem der sogenannten
Wespennotdienste: Ein wesentlich größeres Är-
gernis als jedes fußballgroße Wespennest. Denn
leider gibt es immer noch profitgierige Menschen,
die im Sommer als Konkurrenz zu den professi-
onellen Schädlingsbekämpfern der Branche in
Erscheinung treten. Und fast so sicher wie das
Amen in der Kirche, ist der Anruf der alleinle-
benden Großmutter, die beim Verband anruft
und unter Tränen erzählt wie Sie gerade um 500
Euro für die Bekämpfung eines Wespennestes
erleichtert wurde.
Da solche Fälle leider keine Seltenheit, son-
dern fast schon Alltag geworden sind, hat der
Bundesverband die Initiative „Faire Wespe“ ins
Leben gerufen. Marcus Rückert nutzte im Rah-
men der Fortbildung die Gelegenheit auch dieses
Projekt noch einmal vorzustellen. Hier kann sich
jeder fair handelnde Schädlingsbekämpfer in eine
entsprechende Liste eintragen und dient somit
als Anhaltspunkt für ratlose Kunden, die ungern
einem Scharlatan aufsitzen wollen.
Nach diesem kleinen Einspieler kam es dann
auch schon zum unvermeidlichen Finale der
Fortbildung: dem Wissenstest. Nun mussten die
Teilnehmer beweisen, wie gut sie zugehört und
verstanden hatten, was Ihnen Björn Kleinlogel
in den letzten vier Stunden enthusiastisch ver-
sucht hatte beizubringen. Erfreulicherweise hatte
wohl keiner während der Fortbildung geschla-
fen, denn am Schluss konnte jedem Anwesenden
eine entsprechende Fortbildungsbescheinigung
ausgehändigt werden. Wir wollen hoffen, dass
sich das Wissen nicht nur temporär in den Köp-
fen der Teilnehmer angesiedelt hat und die zu-
künftige Arbeit und Beratung mit den sozialen
Faltenwespen vereinfacht wird.
Von Gastautor
Daniel Altmann
Schützen & Erhalten · März 2016 · Seite 60