Nachfolgender Artikel wurde dem DHBV
von Rechtsanwalt Dr. Volze aus Frankfurt
mit der Zustimmung zur Veröffentlichung
in „Schützen & Erhalten“ zur Verfügung
gestellt. Im Vorfeld gab es hiervon eine
Veröffentlichung in der Zeitschrift „Der
Sachverständige“, Ausgabe 1–2/2009.
Der Autor gilt als einer der anerkanntesten Ju-
risten im Baurecht. Als hervorragender Referent
zu verschiedenen Themen aus diesem Bereich,
häufig mit einem Fokus für die besonderen Fra-
gestellungen der Sachverständigen, ist er ein
gern gesehener Gast auf Tagungen, unter ande-
rem auch mehrmals auf den DHBV-Sachverstän-
digentagungen.
Der hier vorliegende Artikel von Dr. Volze ist
als Einleitung zu unserer diesjährigen Sachver-
ständigentagung in Garmisch-Partenkirchen (sie-
he hierzu auch gesonderten Artikel) zu sehen, wo
es unter anderem auch um einen ausreichenden
Versicherungsschutz für die zahlreichen Tätig-
keitsfelder der Bausachverständigen geht.
I. Einleitung
Architekten- und Ingenieurleistungen i. S.
des §33 HOAI und die Erstellung von Werter-
mittlungen gem. § 34 HOAI unterfallen dem
Versicherungsschutz der Architekten- und In-
genieurleistungshaftpflichtversicherung
1
. Ar-
chitekten und Ingenieure, die keine eigenstän-
dige Planung mehr erbringen und nur noch als
Sachverständige arbeiten, müssen dies dem
Versicherer mitteilen und sich im Rahmen einer
Sachverständigenversicherung entsprechend neu
versichern lassen.
Das Risiko der gerichtlichen Sachverständi-
gentätigkeit wurde in den vergangenen Jahren
niedrig eingestuft, hat sich aber seit dem 1. 8.
2002 durch die Neueinführung des § 839 a BGB
geändert. Danach ist der Sachverständige einer
Prozesspartei zum Schadensersatz verpflichtet,
wenn der Sachverständige vorsätzlich oder grob
fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet,
das zu einem unrichtigen Gerichtsurteil führt.
II. Falsches Wertgutachten
Keinen Versicherungsschutz erhält der Archi-
tekt, Ingenieur beziehungsweise der Sachverstän-
dige, wenn er Wertgutachten über voraussichtlich
erforderliche Sanierungskosten im Rahmen einer
Beratung erstellt, die ein Immobilienkäufer seiner
Kaufentscheidung zu Grunde legt. Stellen sich
hier die Kosten im Nachhinein als deutlich höher
heraus und der Käufer nimmt den Sachverstän-
digen wegen eines falschen Wertgutachtens in
Anspruch, so scheitert der Versicherungsschutz
an der Massen- und Kostenklausel.
Wenn man diesen Fall dem Versicherer aber
vorher gemeldet hat, muss der Versicherer den
Versicherungsschutz anpassen oder er begeht ei-
nen Beratungsfehler i. S. des § 280 BGB i. V. mit
§31111 BGB, über den man dann letztlich doch
zu einem Versicherungsschutz kommen kann. Hier
kommt es aber immer auf den Einzelfall an.
III. Fertigstellungsbescheinigung
Die Problematik eines fehlenden Versiche-
rungsschutzes bei der Fertigstellungsbeschei-
nigung des § 641 a BGB, da diese nicht dem
versicherten Berufsbild des Architekten und
wohl auch nicht dem eines Sachverständigen
entspricht, hat sich durch die Aufhebung des
Gesetzes erledigt.
IV. Bauteilöffnung
Nicht vom Versicherungsschutz erfasst sind
solche Tätigkeiten des Bausachverständigen,
bei denen der Sachverständige selbst in großem
Umfang Hand anlegt. Führt der Sachverständige
Bauteilöffnungen selbst durch, ohne sich hier-
für eines Bauhandwerkers als Subunternehmer
zu bedienen, so ist diese handwerkliche Tätig-
keit des Versicherungsnehmers nicht vom Be-
rufsbild erfasst
2
.
Aber auch dann, wenn der Sachverständige
mit Subunternehmern an einer Bauteilöffnung ar-
beitet, und der Sachverständige anweist, wie die
Bauteilöffnung im Einzelnen durchgeführt werden
muss, ist auch diese Arbeit des Sachverständigen
nicht vom typischen Berufsbild des Bausachver-
ständigen gedeckt. Hierbei handelt es sich nicht
um eine Sachverständigentätigkeit sondern um
eine bauunternehmerische Arbeit. Diese Arbeit
ist auch nicht im Gesetz für den gerichtlichen
Sachverständigen vorgesehen. Indem der Sach-
verständige bei der Bauteilöffnung sein typisches
Erscheinungsbild seiner Tätigkeit verlässt, verlässt
er auch seinen Versicherungsschutz.
Dasselbe gilt auch, wenn der Sachverstän-
dige zur Beurteilung der Betonqualität selbst
eine Kernbohrung vornimmt und hierbei ein im
Beton liegendes Rohr beschädigt.
Auch das Öffnen einer Fassadenverkleidung,
die sich anschließend nicht mehr dicht verschlie-
ßen lässt, macht den Sachverständigen, der ent-
sprechende Anweisungen gegeben hat, haftbar,
gibt ihm aber keinen Versicherungsschutz. Der
Sachverständige ist im Rahmen der Zivilprozess-
ordnung zu Begutachtungen verpflichtet, nicht
aber zur Durchführung von Bauarbeiten.
Entnimmt der Sachverständige Proben, wie
zum Beispiel durch das Abkratzen eines Putzes,
um diesen zu untersuchen, handelt er noch im
Rahmen seines Sachverständigentätigkeitsbe-
reiches.
Zu dem vorgenannten Problemkreis ist ein
Gespräch mit dem Versicherer erforderlich, ob er
auch Bauarbeiten des Sachverständigen mitversi-
chert. Hier soll dann versicherungsrechtlich eine
völlig andere Tätigkeit mitversichert werden. Das
Erstellen von Gutachten und die Ausführung von
Bauarbeiten sind nicht miteinander vergleichbar
und auch von der Risikoeinschätzung versiche-
rungsrechtlich anders zu bewerten.
V. Versicherungsschutzausschlüsse
Bei folgenden Fallkonstellationen ist der
Versicherungsschutz üblicherweise ausge-
schlossen:
– Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche,
die vor ausländischen Gerichten (außerhalb
der EU) geltend gemacht werden.
– Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz
sind auch Entschädigungsansprüche mit
Strafcharakter.
– Nicht versichert sind auch Schadensersatzan-
sprüche auf Grund von Zusagen und Verein-
barungen, die über den Umfang der gesetz-
lichen Haftpflichtversicherung hinausgehen,
wie zum Beispiel Garantieerklärungen.
– Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind
auch die Überschreitung von Voranschlägen
und die Vermittlung von Grundstücksgeschäf-
ten und anderen wirtschaftlichen Unterneh-
mungen.
– Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz
sind auch Schäden durch Verstöße durch
falsche Zahlungen oder Veruntreuung durch
Mitarbeiter des Sachverständigen.
– Nicht versichert sind auch Schadensersatz-
ansprüche des Ehegatten, die dieser zum
Beispiel als Bauunternehmer gegen den
anderen Ehepartner geltend macht, der als
Sachverständiger am Bau begutachtet hat.
1 Schmalz/Krause-Allenstein, Berufshaftpflichtversi-
cherung des Architekten und Bauunternehmers, 2.
Aufl. (2006), S. 193 Rdnr. 458 m.w. Nachw.
2 Schmalz/Krause-Allenstein (0. Fußn. 1), S. 195 Rdnr.
461.
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Sachverständige
Einige Hinweise zum Versicherungsschutz des
Bausachverständigen
von Rechtsanwalt und Notar Dr. Harald Volze, Frankfurt a. M.
Schützen & Erhalten · Juni 2009 · Seite 14