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-News

Informationen des Bundesverbandes Feuchte & Altbausanierung e. V.

Energetische Sanierung mit Augenmaß

Verbraucherschutz darf bei der Umsetzung der Energiewende nicht außer Acht gelassen werden –

Urteil des Amtsgerichts Pankow-Weißensee erregt Aufsehen

In einem Rechtsstreit zwischen einer Woh-

nungsbaugesellschaft und einem Mieter

verkündete das Amtsgericht Pankow-

Weißensee am 28. 01. 2015 hinsichtlich

der Umlagefähigkeit von energetischen

Verbesserungsmaßnahmen ein hochinte-

ressantes Urteil. Daraus folgende Auszüge:

Die Beklagten [Mieter] haben schließlich auch

nicht die Dämmung der Fassade zu dulden. Es

kann dahingestellt bleiben, ob die von der Klä-

gerin behaupteten Energieeinsparungen erzielt

werden und es sich um eine Maßnahme nach

§555b Nr.1 BGB handelt, denn nach Auffassung

des Gerichts muss der Gedanke von § 25 Abs. 1

Energieeinsparungsverordnung (EnEV) auch im

Rahmen des §555d Abs. 1 BGB berücksichtigt

werden. Selbst unter Zugrundelegung der von

der Klägerin dargelegten und von der Beklag-

ten bestrittenen Zahl der Einsparung der Ener-

gie würde unter Hinzunahme der Fenster und der

Heizung eine Energieersparnis von 68,78EUR im

Monat einer Mieterhöhung von 249,29 EUR ge-

genüberstehen.

Erst nach ca. 20 Jahren wür-

de erstmals die Umlage rechne-

risch niedriger sein als die ein-

gesparte Heizenergie. Dann kann

von einer modernisierenden In-

standsetzung aber nicht mehr

die Rede sein (vgl. dazu KG in

ZMR 1996, 282 bis 284.).

Bei der sog. wirtschaftli-

chen Härte nach § 555d Abs.

Satz2 BGB handelt es sich aber

um etwas anderes als bei der Unwirtschaftlichkeit

der Maßnahme im Sinne von § 25 Abs. 1 EnEV.

§ 25 Abs. 1 EnEV hingegen lässt eine

Ausnahme von der Verpflichtung der Däm­

mung zu, wenn bei bestehenden Gebäuden

innerhalb einer angemessenen Frist die

eingetretenen Einsparungen nicht erwirtschaftet

werden können. Hier kann also eine Däm­

mung unterbleiben, wenn die Maßnahme

generell wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.

Da ein Vermieter, der wie im vorliegenden Fall

nach §9 Abs. 3 EnEV verpflichtet ist, die Wär-

medämmung durchzuführen, die Möglichkeit

hat, die Unwirtschaftlichkeit der Gesamtmaß-

nahme nach §25 Abs. 1 EnEV geltend zu ma-

chen, muss dies nach § 242 BGB auch für den

Mieter möglich sein. Da, wie bereits ausge-

führt, die Unwirtschaftlichkeit der Gesamtmaß-

nahme nicht mit der wirtschaftlichen Härte

i. S. v. §555d Abs. 2 BGB vergleichbar ist, kann

sich auch der Mieter auf § 25 EnEV berufen.

Auch wenn der Klägerin zuzugeben ist, dass der

Mieter Kosten für Energieeinsparungsmaßnahmen

tragen muss, kann es nicht sein,

dass ein Mieter auch nach 10

Jahren nach Durchführung der

Maßnahme immer noch keine

Kosteneinsparung bezüglich der

Energieausgaben gegenüber der

durch die Maßnahme durchge-

führten Mieterhöhungen erzielt

hat. Eine solche unwirtschaft-

liche Maßnahme hat der Mieter

nicht zu dulden.

Dies ist der abschnittsweise zitierte Kern

des Urteils, das sich im Weiteren noch auf eine

Reihe anderer strittiger Punkte bezieht. Da der

Rechtsstreit offensichtlich in der nächsten In-

stanz fortgeführt werden soll, darf man gespannt

sein, ob das Urteil in der Art bestätigt wird. Un-

abhängig hiervon wird es für alle Planer immer

schwieriger, das Richtige zu tun. Vor diesem

Hintergrund kann nur Aufklärung des Bauherrn

weiterhelfen.

Streitpunkt Schimmel

Eigentümer bei unzureichender Wärmedämmung zu sofortiger Instandsetzung verpflichtet!

Zu den häufigsten Streitpunkten zwischen

Wohnungseigentümern sowie Vermietern

und Mietern zählt ohne Frage das Thema

Schimmel. Ein grundsätzliches Urteil dazu

wurde vom Landgericht Karlsruhe (Urteil

vom 16. 12. 2014 – 11S 14/14) in einer

Berufungssache gefällt.

Dabei musste das Gericht entscheiden, ob ein

baulicher Mangel am Gebäude zur Schimmel-

bildung führte oder ob der Befall auf ein Fehl-

verhalten der Mieter zurückzuführen war. Der

vom Gericht bestellte Sachverständige stellte

eine derart unzureichende Wärmedämmung

fest, sodass bei bestimmten Außentempera-

turen und normaler Beheizung weniger als

12,6 Grad Celsius an der Innenseite der Au-

ßenwand erreicht werden konnten und dass

selbst bei einer Luftfeuchtigkeit von weniger

als 50 Prozent mit einer Tauwasserbildung an

der Außenwand zu rechnen war. Damit lag ein

baulicher Mangel vor.

Das Landgericht Karlsruhe ordnete an, dass

der Eigentümer zu einer unverzüglichen Instand-

setzung verpflichtet ist, wenn ein Schimmelbe-

fall durch eine zu schwache Wärmedämmung

verursacht wurde und die Räume durch die da-

mit einhergehenden Gesundheitsgefahren nicht

mehr bewohnbar sind.

Lehnt die Eigentümerversammlung eine In-

standsetzungsmaßnahme ab, entspricht dies

nicht „ordnungsgemäßer Verwaltung“, ein solcher

Beschluss ist deshalb für ungültig zu erklären.

Darüber hinaus wurde festgelegt, dass alle

Eigentümer einen Anspruch auf die ordnungsge-

mäße Instandhaltung des Gemeinschaftseigen-

tums haben, beziehungsweise das Gemeinschafts-

eigentum erstmals in einen ordnungsgemäßen

Zustand versetzt werden muss. Die tragenden

Wände einer Eigentumswohnung – damit auch

die Außenwände – zählen ebenso zum Gemein-

schaftseigentum wie Dämmschichten von De-

cken und Wänden.

Schützen & Erhalten · Juni 2015 · Seite 54