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BuFAS

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-News

Informationen des Bundesverbandes Feuchte & Altbausanierung e. V.

Dr. Axel Tubbe

Dr. Axel Tubbe ist promovierter Biologe

und Toxikologe und seit 1995 selbständig

tätig als Sachverständiger für Schadstoffe,

Schimmelpilze und Feuchte in Gebäuden

und Inhaber der GAEA Umweltconsulting

(Ockenheim, Hanau, Düsseldorf, Lüne-

burg). Neben diversen Referententätig-

keiten und Ausbildungstätigkeiten im

Bereich der Umweltmedizin sowie der

Schimmelpilzsanierung, der Mitarbeit in

Arbeitskreisen von WTA, DGoM, dbu ist

er Mitglied in der DGAUM, dem VDB, dem

DHBV und dem BufAS.

Wodurch sind Sie auf die Hans. Sanierungstage

aufmerksam geworden und waren Sie dort bereits

als Besucher und/oder Referent?

Bereits vor vielen Jahren wurde ich durch

die Berichte von Kollegen auf die Hanseatischen

Sanierungstage aufmerksam. Seit mehr als zehn

Jahren bin ich nunmehr regelmäßiger Besucher

und im letzten Jahr als Moderator eingeladen.

Was bieten Ihrer Meinung nach die Hans. Sanie-

rungstage, um Jahr für Jahr wachsende Besucher-

und Ausstellerzahlen zu generieren?

Die Sanierungstage vereinigen ein in

Deutschland wohl einmaliges Angebot von Fach-

vorträgen auch von ausländischen Referenten

mit den jeweils neuesten Informationen aus

Normungskreisen in einer bunten Mischung al-

ler für den Altbausanierungsbereich relevanten

Themen. Für mich als Sachverständigen sind die

Forschungsbeitrage und Gespräche mit Mitarbei-

tern aus Wissenschaft und Forschung aber auch

der Austausch mit sachverständigen Kollegen ex-

trem wertvoll. Dazu kommt das einmalige Ambi-

ente, die Unterkunft direkt im Tagungshotel mit

hervorragendem Service und das mal ganz weit

raus aus dem Alltag. Ich denke, diese Mischung

ist es, die auch die anderen Kollegen aus Sach-

verständigenwesen und Praxis anzieht.

Können Sie uns in Kurzversion den Inhalt Ihres

Themas „Schimmelpilzbelastungen in Estrichdäm-

mungen: Alles muss raus?!“ darstellen?

Im Rahmen der Vorbereitung der Podiums-

diskussion werde ich in diesem Jahr kurz versu-

chen, darzustellen, welche Probleme rechtlicher

und toxikologisch-mikrobiologischer Sicht die

derzeitige Sanierungspraxis bei Schimmelpilz-

schäden in Gebäuden (Trocknung/Behandlung/

ggf. Einkapselung) bereitet:

Die Auswertung von Patientendaten und

Anamnesen aus meiner toxikologischen Praxis

(n > 800 Personen) aber auch die Erfahrungen

anderer Umweltmediziner haben gezeigt, dass

die Trocknung von Schimmelschäden aber auch

die reine desinfizierende Behandlung von schim-

melbefallenen Baustoffen zu keiner Veränderung

einer Beschwerdelage der Nutzer führt. Aller-

gische wie toxisch bedingte Beschwerden sind

unabhängig von der Vitalität der Schimmelpilze.

Dies ist ja auch erklärlich, da die Infektion

im Rahmen der Pathogenese durch Schimmel-

pilze im normalen Gebäudebereich keine Rolle

spielt. Infektionen (z. B. Aspergillosen) treten

nur bei extrem immunschwachen oder immun-

depletierten Patienten (z. B. Aids- oder Trans-

plantationspatienten) auf. Praxisstudien (z. B.

Meider et al 2014) zeigen, dass die derzeit auf

dem Markt befindlichen Desinfektionsmittel unter

Vor-Ort-Bedingungen sowieso nicht ausreichend

wirksam sind. Mittel auf Basis von Oxidations-

mitteln zerstören z. T. Baustoffe; Dampfsperren

oder Abdichtungsbahnen und verlieren nach Her-

stellerauskünften die Zulassung und die benöti-

gte Funktion. Rückstände wie Propylenglycole,

Fruchtsäuren etc. verändern Baustoffe bleibend!

Aus schimmelpilzinerten mineralischen Bau-

stoffen werden z.B. biologisch bewachsbare etc.

Es zeigt sich, dass auch bei „partikeldichter“

Einsiegelung von Schäden gesundheitliche Be-

schwerden der Nutzer verbleiben. Zum Einen sind

die Versiegelungen meist nicht vollständig, in

z. B. Leichtbauwandkonstruktionen gar unmög-

lich. Zum Zweiten sind Versiegelungen meist nach

1–2Jahren undicht. Zum Dritten werden die be-

reits vor Sanierung im Raum verteilten Sporen-

mengen nicht berücksichtigt, welche weiterhin

Beschwerden verursachen.

Was die im Sanierungsleitfaden des Um-

weltbundesamtes bei Einsiegelung von Schim-

melpilzbelastungen vorgesehene (und sicherlich

sinnvolle und notwendige) Mitteilungs- und

Kennzeichnungspflicht (z. B. Wertverlust bei

Gebäudeverkauf) bedeutet, ist unabsehbar! Im

Falle eines erneuten Feuchteschadens verhält

sich belastetes Material (egal ob Estrichdäm-

mung oder Dachdämmung, ob Gipskarton oder

Holzkonstruktion) völlig anders als „sauberes

Material“ mit üblicher Hintergrundbelastung.

Biomasse und Beimpfungssporen aber auch Be-

handlungsmittelrückstände führen zu so schnel-

lem Bewuchs, dass technische Trocknung meist

nicht mehr möglich ist.

Auch stellen mit erhöhter Totkeimmasse

beaufschlagte Baustoffe keinen vorschadens-

üblichen Zustand dar, was im Versicherungsfall

aber meist die geschuldete Leistung ist.

In den Patientenauswertungen zeigt sich ein

Verschwinden von Symptomen nur bei fachge-

rechter Sanierung, d. h. Ausbau unüblich bela-

steter Baustoffe und Entfernung der verteilten

unüblichen Sporenkontaminationen durch eine

Feinreinigung.

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Dr. Axel Tubbe

Exkursion zu den Wolgasthäusern in Heringsdorf.

Schützen & Erhalten · September 2015 · Seite 52