Previous Page  55 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 55 / 80 Next Page
Page Background

„Schöner Schein“ oder der Zerfall einer Krone

– Aus dem Arbeitsalltag der Sachverständigen –

Das zu untersuchende Gebäude eines

Möbelhauses wurde vor rund 20 Jahren

errichtet. Die drei Giebel der Eingangs-

fassade wurden mit einer Attika aus

Brettschichtholz quasi „bekront“ und

mit senkrecht vorgesetzten Holzbalken

(ebenfalls BSH) „verschönt“. Nachdem

vor einigen Jahren sichtbare Schäden an

den Holzbauteilen bereits ausgebessert

wurden, traten erneut starke Schäden

mit einem Befall von Holz zerstörenden

Pilzen auf.

Die Untersuchung sollte den Gesamtzustand der

Attika und deren Schädigungsgrad sowie mög-

liche Sanierungsvorschläge ergeben. Die Unter-

suchung der Holzbauteile erfolgte von außen

mittels einer Hubbühne sowie teilweise − so-

weit zugänglich − von innen über den Dachraum.

Bauzeichnungen oder statische Berech-

nungen zu diesen Bauteilen lagen nicht vor.

Die Brettschichtholzträger der Attika bestan-

den aus der Holzart Fichte mit einer Lamellen-

breite von 35 mm ohne chemischen Holzschutz.

Sie hatten eine Dimension von 150×10 cm und

eine Länge bis zu 12m. Die senkrechten Holzbal-

ken bestanden aus keilgezinkten Brettschicht-

holzträgern, ebenfalls Fichtenholz mit 35mm

Lamellenbreite.

Die Untersuchung der Holzbauteile von au-

ßen mittels einer Hubbühne bzw. von innen

über den Dachraum ergab folgende Ergebnisse:

– die senkrechten BSH-Träger waren ledig-

lich an der oberen Attika mit je 2 bzw. 3

Bolzen befestigt, sie hängen frei an der

Attika und haben einen Abstand von der

Fassade über dem Erdboden bis zu 5 cm,

ein freies Pendeln wurde lediglich durch

den hier befestigten Blitzableiter verhin-

dert

– alle Füße dieser senkrechten BSH-Träger

waren durch Braunfäule bis zu einer Höhe

von ca. 20 cm stark geschädigt

– die Köpfe dieser Holzbalken an der Attika

− durch eine Blech-Abdeckkappe nur be-

dingt geschützt − waren auf ca. 20–30 cm

ebenfalls durch Braunfäule stark geschä-

digt

– weitere Schäden an diesen Holzbalken

fanden sich an nahezu allen Bolzenverbin-

dungen mit der Attika, die Schäden sind

hier teilweise so stark, dass über 50 Pro-

zent der Holzsubstanz nicht mehr vorhan-

den ist

– die Untersuchung der insgesamt 6 Brett-

schichtholzträger der 3 Giebel ergab groß-

flächige und zum Teil über 50 Prozent der

Stärke der Brettschichtholzträger hinaus-

gehende starke Schäden durch Braunfäule

mit einem nicht mehr zu akzeptierenden

Festigkeitsverlust; nahezu sämtliche Leim-

fugen der Brettschichtholz Binder sind

aufgerissen und offen;

– die Untersuchung eines von der Attika

entnommenen Fruchtkörpers eines Pilzes

im Labor der Firma Goritas in Kolding/

DK ergab, dass die Holzbauteile mit dem

Zaunblättling (Gleophyllum sepiarium)

befallen sind.

– die beiden längsten Brettschichtholz

Träger der Attika, d.h. die über dem

Haupteingang, zeigten eine deutliche

Verwerfung in der Senkrechten von bis

zu 6 cm nach hinten

– einige Bereiche der BSH-Träger, d. h. Risse

und ausgefaulte Stellen, die zur letzten

„Sanierung“ mit Kitt unter anderen Dicht-

stoffen ausgefüllt worden sind, waren in

ihrer Schädigung deutlich weiter fortge-

schritten, was die Unwirksamkeit solcher

Maßnahmen belegt

Die Untersuchungsergebnisse zeigten insgesamt

auf, dass die Holzbauteile der Attika in einem

stark geschädigten und teilweise sehr desolaten

Zustand sind und deren Standsicherheit (insbe-

sondere der senkrechten Holzbalken) als gefähr-

det angesehen werden musste.

Es musste davon ausgegangen werden, dass

die vorgefundenen und sichtbar gemachten Schä-

digungen der Holzbauteile quasi nur “der Gipfel

des Eisbergs sind“, wenn man die Lebensweise

und Zerstörungskraft des vorgefundenen Holz

zerstörenden Pilzes betrachtet.

Als Ursachen für diese Schädigung waren

zu benennen:

– die Verwendung nicht ausreichend che-

misch geschützter Holzbauteile einer Holz-

art (Fichte), die für diesen Einsatzbereich

nicht geeignet waren

– die Verwendung von Holzbauteilen (Brett-

schichtholz) mit einer zum damaligen

Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes un-

zulässigen Lamellenbreite von 35mm

– Holzbauteile mit Keilzinkverbindungen

– kein konstruktiver Schutz der Holzbauteile

vor Befeuchtung

BuFAS

®

-News

Informationen des Bundesverbandes Feuchte & Altbausanierung e. V.

Ansicht des untersuchten Gebäudes,

ein Möbelhaus.

Aufgerissene BSH-Fugen.

Schützen & Erhalten · September 2015 · Seite 55