Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 20
nach Fertigstellung direkt als Schaden einge-
stuft werden können.
Einen hochinteressanter Vortrag zu „Preu-
ßen – (k)eine Legende“ wurde von dem Histo-
riker Dr. Friedrich Wilhelm Remes gehalten.
Obwohl zwischendurch etwas verwirrend bzgl.
der Einordnung der Friedrich Wilhelms, Wilhelm
Friedrichs, Friedrichs und Wilhelms war es für
die Teilnehmer spannend „mitzuerleben“ wie,
ausgehend von dem eher kleinen Gebiet eines
kleinen unbedeutenden Bauernvolkes, durch po-
litisches Handeln eine Großmacht entstanden
ist. Das dieses Handeln auf alle Lebensbereiche
Einfluss hat, ist selbstredend. Ein Beispiel hier-
zu aus dem Baubereich wurde von dem ö. b. u. v.
Sachverständigen für Schäden an Gebäuden,
Dr. Ralf Fischinger, am Beispiel des ehemaligen
Münzturms in dem Gebäudekomplex des ehema-
ligen Berliner Stadtschlosses aufgezeigt. Un-
zureichende Kenntnisse über die Tragfähigkeit
des Untergrundes führten zum Einsturz. Man
weiß mittlerweile um die sehr heterogenen
Ausformungen der Bodenschichten unterhalb
von großen Teilen Berlins. Es befinden sich da-
rin zahlreiche kleinere Abschnitte mit weniger
stabilen Materialien (z. B. Torflinsen), die bei
hoher Auflast ohne ausreichender Gründung
keine ausreichende Tragfähigkeit aufweisen.
Zum Abschluss referierte Prof. Dr. Uwe Mei-
endresch, Vors. Richter am Landgericht Aachen
und Prof. an der RWTH Aachen, über die wich-
tige Zusammenarbeit von Richtern und Sachver-
ständigen. An zahlreichen Beispielen zeigte er
in humorvoller Weise, warum der Sachverstand
der Sachverständigen für die Vertreter der Ju-
stiz so wichtig ist.
Eine komplette Tagung auf einem Schiff
durchzuführen war für alle Teilnehmer, insbe-
sondere für die Veranstaltenden sowie auch
für die Schiffsreederei und das Schiffspersonal
Neuland. Kleinere Schwierigkeiten, wie das ak-
tive Hochhalten von Decken zur Verdunklung
der Leinwand und damit bessere Sicht für die
Zuhörer, wurden schmunzelnd hingenommen.
Wichtig war für alle, dass die Schifffahrt zur
Entschleunigung aller Beteiligten und damit zu
mehr Gelassenheit geführt hat.
Allerdings sind erfolgreiche Veranstaltungen
die Messlatte für zukünftige Veranstaltungen.
Mal sehen, was sich Georg Brückner und Michael
Diehl in Lübeck 2017 einfallen lassen.
Bedenken anmelden durch Ausführende –
nicht immer erforderlich!
Das OLG Köln hat mit Be-
schluss vom 22.02.2016 (11
U 106/15) ein für Sachver-
ständige hochspannendes
Urteil abgegeben.
In dem verhandelten Fall geht es
um die Herstellung luft- und klima-
technischer Anlagen in einem neu
zu errichtenden Supermarkt. Der
Auftraggeber hat der Beauftragung
der o. g. Leistungen eine Planung
und ein Leistungsverzeichnis eines
auf Luft- und Klimatechnik spezi-
alisierten Planungsbüros zugrunde
gelegt. Die Leistungen wurden nach
Planungsvorgabe ausgeführt. Im Ge-
brauchszustand erfüllen die Anla-
gen aber nicht die an sie gestellten
Anforderungen. Der Auftragnehmer
weist alle Schuld von sich, da er sich
genau an die vorgegebene Planung
gehalten hat. Dieses ist für alle Par-
teien unstrittig. Der Auftraggeber ist,
wie auch anders zu erwarten, nicht
der Auffassung des Auftragnehmers.
Nach seiner Auffassung schuldet
der Auftragnehmer die gewünschte
funktionstüchtige Leistung, unab-
hängig davon, dass die Ausführung
auf einer Planung basiert, mit der
die gewünschten Anforderungen an
die Anlagen nicht erreicht werden
können. Er hält dem Ausführenden
vor, dass dieser als Fachunterneh-
mer hätte erkennen müssen, dass
auf Grundlage der Planung die ge-
wünschten Anforderungen an die An-
lagen nicht erreicht werden können.
Der Ausführende entgegnet darauf,
dass er sich auf die Planungen von
Sonderfachleuten verlassen kann.
Da keine Einigung zwischen Auf-
traggeber und -nehmer zu erzielen
war, hat Letzterer seine vereinbarte
Vergütung vor dem OLG Köln einge-
klagt und Recht bekommen.
Das Gericht schreibt in sei-
ner Urteilsbegründung:
„Zunächst ist festzustellen, dass
die Leistungen des Auftragnehmers
tatsächlich mangelhaft sind. Nach §
633 III BGB ist ein Werk mangelhaft,
wenn es die vereinbarte Beschaf-
fenheit nicht hat. Zur vereinbarten
Beschaffenheit gehören alle Eigen-
schaften des Werks, die den vertrag-
lich geschuldeten Erfolg herbeiführen
sollen. Dieser bestimmt sich nicht
allein nach der vereinbarten Aus-
führungsart, sondern auch danach,
welche Funktion das Werk nach dem
Willen der Parteien erfüllen soll. Dies
gilt unabhängig davon, ob die Par-
teien eine bestimmte Ausführungsart
vereinbart haben oder ob die aner-
kannten Regeln der Technik eingehal-
ten worden sind (so etwa BGH, NJW
2014, 3365). Da die vertraglich ver-
einbarten Temperaturvorgaben nicht
erreicht werden können, liegt ein
Mangel vor. Allerdings haftet der Auf-
tragnehmer für Mängel nicht, wenn
er Bedenken angemeldet hat (§ 13
III VOBfB bzw. § 242 BGB). Zwar hat
der Auftragnehmer hier keine Beden-
ken angemeldet. Allerdings war das
auch nicht notwendig, da er sich auf
das von einem Sonderfachmann er-
stellte Leistungsverzeichnis verlassen
durfte. Von einem Sonderfachmann
stammende Unterlagen hat der Auf-
tragnehmer nur auf offenkundige, im
Rahmen seiner eigenen Sachkunde
ohne Weiteres ins Auge springende
Mängel zu überprüfen. Der Auftrag-
nehmer muss nicht klüger als ein
Sonderfachmann sein, sondern darf
dessen größerer Fachkenntnis ver-
trauen (BGH, NJW 1977, 1966).
Damit hat der Auftragnehmer nicht
für den Werkmangel einzustehen.“
Fachbereiche
Sachverständige