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Die Studie

Laut UFZ zeigt die Studie für Deutschland

auf, wie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

durch ökonomische Anreize gezielt verringert

und Anwender an den externen Kosten betei-

ligt werden könnten. Eine Abgabe auf Pflan-

zenschutzmittel kann bei ausreichender Höhe

ihren Einsatz mengenmäßig dämpfen, das Risiko

für Mensch und Umwelt verringern und so die

notwendige Trendumkehr bzgl. des Einsatzes

von Pestiziden einleiten (Lenkungswirkung).

Die Abgabe sollte bei den inländischen Her-

stellern und Importeuren bzw. den Groß- und

Einzelhandlern erhoben werden, damit diese

dann die Abgabe – wie bei der Verbrauchbe-

steuerung üblich – auf den Verkaufspreis auf-

schlagen. Die Forscher schlagen konkret u.a.

einen Grundabgabesatz in Hohe von 20 Euro für

die maximal zulässige Aufwandmenge je Pflan-

zenschutzmittel pro Hektar und Jahr („Hektar-

Basispreis) vor.

Einführung einer Abgabe auf Pflanzenschutzmittel

in Deutschland, Berlin: Duncker & Humblot 2015,

ISBN 978-3-428-14800-4

Steuer auf Pflanzenschutzmittel?

Das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume

Schleswig-Holstein hat eine Studie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)

in Auftrag gegeben. Das UFZ kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland eine Abgabe auf

Pflanzenschutzmittel braucht. – Erste Reaktionen:

Die Ex-Press

Berufsinformation des DSV e.V.

|

Aktuelles

Contra:

„Zu glauben, mit einer Pflan-

zenschutz-Steuer ließe sich ein

ökonomischer Anreiz zur Ver-

ringerung von Pflanzenschutz-

Anwendungen schaffen, ist ein

Irrweg“, betont der Geschäftsführer des Bundes-

verband der Agrargewerblichen Wirtschaft e. V.,

BVA, Arnim Rohwer.

Pro:

„Ohne zusätzliche ökonomische

Anreize werden die europäischen

und nationalen Ziele der Pflan-

zenschutzpolitik nicht zu errei-

chen sein“, betont Dr. Stefan

Möckel, Jurist am UFZ und Leiter der Studie.

Contra:

„Dem Vorschlag einer Abgabe auf

Pflanzenschutzmittel liegt eine

falsche Annahme zugrunde: Land-

wirte setzen Pflanzenschutzmit-

tel nicht wegen günstiger Preise,

sondern aufgrund ihres Nutzens für die Gesun-

derhaltung von Pflanzenbeständen sowie zur Si-

cherung von Ernten und deren Qualität ein.“ So

bewertet Bernhard Krüsken, Generalsekretär des

Deutschen Bauernverbandes (DBV), den Vorstoß

des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsmi-

nisters Robert Habeck.

Pro:

„Preise für Lebensmittel müssen

die Wahrheit sprechen und alle

Kosten widerspiegeln, die bei der

Produktion anfallen. Nur dann

erfüllen Preise ihre wirtschaft-

liche Steuerungsfunktion. Eine Pestizidabgabe

wäre ein wichtiger erster Schritt für mehr Fair-

ness im Wettbewerb“, betont Felix Prinz zu Lö-

wenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische

Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), „So lange die

Verschmutzung von Wasser und die Schädigung

der Artenvielfalt durch den massiven Pestizidein-

satz für die Verursacher kostenfrei bleiben, wird

eine umweltfreundliche Bewirtschaftung wie der

Ökolandbau verhindert.“ und „Wir benötigen drin-

gend wirksame Instrumente, um die Ressourcen

zu schützen und die umweltfreundlichste Land-

wirtschaft zu stärken“.

Contra:

Der Hauptgeschäftsführer des In-

dustrieverbands Agrar e. V. (IVA),

Volker Koch-Achelpöhler erklärt:

„Es bleibt zu hoffen, dass

Minister Habecks Einladung zu

einer differenzierten Debatte mehr als nur ein

Lippenbekenntnis ist. Denn sein Vorhaben einer

deutschen Sondersteuer auf Pflanzenschutzmit-

tel wird die Kosten für alle landwirtschaftlichen

Betriebe erhöhen, egal ob sie konventionell oder

ökologisch produzieren. Zudem führt die Steu-

er zu mehr Bürokratie und wird die Produktivi-

tät unserer Landwirtschaft verschlechtern: Ein

Blick nach Dänemark zeigt, wie Dirigismus und

Pflanzenschutz auf dem Feld.

©Kara –

fotolia.com

nicht zu Ende gedachte Steuer-Experimente die

Eigenversorgung mit hochwertigen Agrarroh-

stoffen beschädigt haben. Wer Pflanzenschutz

nachhaltig gestalten will, der braucht Innova-

tionen, verbesserte Produkte, neue Technolo-

gien und sachkundige Anwender. Wir hoffen,

dass Herr Habeck in der Debatte auch darüber

nachdenkt, statt nur in die Mottenkiste grüner

Agrarpolitik zu greifen und neue Verbote oder

Steuern hervorzuzaubern.“

Schützen & Erhalten · Dezember 2015 · Seite 66