DHBV INTERN – Schützen & Erhalten · Juni 2002 · Seite VIII
DHBV INTERN – INFORMATIONEN NUR FÜR DHBV-MITGLIEDER
Betriebsverfassungsgesetz
Anrechnung übertariflicher Zulagen
auf Tariflohnerhöhungen
Vom Arbeitgeber freiwillig
gezahlte übertarifliche Zu-
lagen können grundsätzlich
auf Tariflohnerhöhungen
angerechnet werden. Im
Regelfall besteht in Betrie-
ben mit Betriebsrat ein Mit-
bestimmungsrecht des Be-
triebsrates.
Anlässlich der aktuellen Tarif-
verhandlungen geben wir im Fol-
genden einen kurzen Überblick
über die Grundsätze, die bei der
Anrechnung freiwillig gezahlter
übertariflicher Zulagen auf Tarif-
lohnerhöhungen – in Betrieben
mit und ohne Betriebsrat – zu be-
achten sind.
1. Allgemeine
Grundsätze
Grundsätzlich hat der Arbeit-
geber die Möglichkeit, übertarif-
liche Zulagen, die er Arbeitneh-
mern auf freiwilliger Basis zahlt,
im Falle einer Erhöhung der Ta-
riflöhne auf diese anzurechnen.
Das gilt auch dann, wenn er in
der Vergangenheit solche Anrech-
nungen nicht vorgenommen hat.
Insofern entsteht keine betrieb-
liche Übung, an die der Arbeit-
geber gebunden ist. Er kann die
bisher ausgeübte Praxis ohne
weiteres aufgeben und eine An-
rechnung vornehmen. Dabei hat
er den Gleichbehandlungsgrund-
satz zu beachten, d. h., der Ar-
beitgeber darf nicht ohne sach-
lichen Grund die übertarifliche
Zulage nur bei wenigen Arbeitneh-
mern anrechnen, während er bei
der Mehrheit der Arbeitnehmer
davon absieht.
Von der Möglichkeit der Anrechnung
übertariflicher Zulagen bestehen
folgende Ausnahmen:
– Eine Anrechnung ist dann aus-
geschlossen, wenn mit dem
Arbeitnehmer vereinbart wor-
den ist, dass die vom Arbeit-
geber freiwillig gezahlte über-
tarifliche Zulage „tariffest“
oder „nicht anrechenbar“ ist.
In diesem Fall kann eine An-
rechnung nur im Wege der Än-
derungskündigung durchge-
setzt werden.
– Die Anrechnung ist auch dann
ausgeschlossen, wenn die
übertariflichen Zulagen aus
einem bestimmten Zweck ge-
zahlt worden sind, z. B. als
Leistungs- oder Erschwernis-
zulagen. Die Zweckbestim-
mung ist dann als Anrech-
nungsverbot zu verstehen.
– Aufgrund der Einführung neuer
Gehaltsstrukturen für die An-
gestellten und Poliere des
Baugewerbes haben die An-
gestellten Anspruch auf die
Zahlung eines tariflichen Aus-
gleichsbetrages, wenn das Ta-
rifgehalt ihrer neuen Gehalts-
gruppe niedriger ist als ihr
bisheriges Tarifgehalt. Bei die-
sem Ausgleichsbetrag handelt
es sich nicht um eine vom
Arbeitgeber nur freiwillig ge-
zahlte übertarifliche Zulage.
Insofern kommt auch hier eine
Anrechnung auf Tariflohnerhö-
hungen nicht in Betracht.
Andererseits nimmt der Aus-
gleichsbetrag selbst auch nicht
an der Gehaltserhöhung teil.
Eine Anrechnung kommt nur
im Falle einer Höhergruppie-
rung des Angestellten in Fra-
ge.
2. Muster einer arbeits-
vertraglichen Anrech-
nungsklausel
Bei Zahlung von übertarifli-
chen Zulagen kann mit dem Ar-
beitnehmer folgende Vereinbarung
getroffen werden, um die Anrech-
nung von Tariflohnerhöhungen zu
ermöglichen:
„Der Arbeitnehmer erhält eine
über-/außertarifliche Zulage von...
Euro/... Prozent seines Brutto-/
Nettolohnes. Hierbei handelt es
sich um eine freiwillige Zulage,
die jederzeit widerrufen und ganz
oder teilweise bei Tariflohnerhö-
hungen und Umgruppierungen an-
gerechnet werden kann.“
Vertragsrecht
„Schuldbekenntnis“ im Vertragsrecht – BGH, Urteil vom
24. Januar 2002 (Az.: VII ZR 206/00)
Die von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze zu
einem „Schuldbekenntnis
am Unfallort“ finden im Ver-
tragsrecht keine Anwen-
dung.
Dies entschied der Bundesge-
richtshof mit o. g. Urteil. Dem
Verfahren lag im Wesentlichen
folgender Sachverhalt zugrunde:
Der klagende Unternehmer
macht gegen den beklagten Sub-
unternehmer einen unstreitigen
Anspruch aus Werkvertrag geltend.
Der Beklagte seinerseits rechnet
mit einer bestrittenen Werklohn-
forderung gegen den Kläger auf.
Im Verlaufe des Verfahrens wur-
de unstreitig, dass es nach
Schlussrechnungslegung durch den
Beklagten bezüglich der streiti-
gen Gegenforderung zu einem
Gespräch gekommen war, im Rah-
men dessen sich die Forderung
zwischen den Parteien als „klar“
herausgestellt hat.
Hieraus leitet das Berufungs-
gericht ab, der Kläger habe ein
„Schuldbekenntnis“ abgegeben
mit der Folge einer Beweiserleich-
terung zugunsten des Beklagten.
Dieser müsse die Behauptungen,
die sein Prozessbegehren tragen
sollen, erst beweisen, wenn der
Kläger den Nachweis der Unrich-
tigkeit des Anerkannten geführt
habe. Folglich habe der Kläger die
Darlegungs- und Beweislast da-
für, welche Mengen- und Massen-
berechnungen in der Schlussrech-
nung des Beklagten unrichtig sei-
en und in welcher Höhe sie hät-
ten berechnet werden dürfen. Auf
der Grundlage dieser Erwägungen
hat das Berufungsgericht die Klage
abgewiesen. Die hiergegen gerich-
tete Revision des Klägers hatte
hingegen Erfolg.
In seiner Entscheidung führt
der BGH u. a. folgendes aus:
Die von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze zur Be-
weislastumkehr bei einem „Schuld-
bekenntnis am Unfallort“ seien auf
Erklärungen über Grund und Höhe
vertraglicher Forderungen nicht
anwendbar. Die Grundsätze beträ-
fen lediglich Erklärungen in der
besonderen Situation an einem
Unfallort. Die aus einer solchen
Erklärung abgeleitete Änderung
der Beweislage sei ein Äquivalent
dafür, dass der Erklärungsempfän-
ger von der Wahrnehmung seiner
Aufklärungsmöglichkeiten absehe.
Die weiteren Einzelheiten der
Entscheidung bitten wir der bei-
liegenden Ablichtung zu entneh-
men.
Im Übrigen machen wir dar-
auf aufmerksam, dass das Urteil
dazu verleiten könnte, in künfti-
gen Verhandlungen mit dem Ver-
tragspartner sorgloser als bisher
unbedachte Äußerungen von sich
zu geben. Hiervor kann indes trotz
des Urteiles nur eindringlich ge-
warnt werden.