Previous Page  69 / 76 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 69 / 76 Next Page
Page Background

Schützen & Erhalten · Juni 2016 · Seite 69

Die Ex-Press

Berufsinformation des DSV e.V. |

Wissenswertes

Staatliche Fahndung im Garten

In China vernichtet der Asiatische Laub-

holzbockkäfer Millionen Hektar an Holz.

Durch den globalen Welthandel gelangt

der Schädling in Verpackungs- oder Pa-

lettenholz nach Deutschland. Eine konse-

quente Bekämpfung soll seine Verbreitung

verhindern.

Der Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB, Anoplo-

phora glabripennis) zählt wegen seines großen

Appetits auf Laubbäume wie Ahorn, Pappel, Ulme

und die Obstbäume zu den sehr gefährlichen

Holzschädlingen. Dazu hat es der ALB im Ge-

gensatz zu heimischen Bockkäfern besonders

auf gesunde Bäume abgesehen. Die Käferweib-

chen legen ihre Eier in die Rinde von Stamm und

Ästen ab. Die nach zwei Wochen geschlüpften

Larven können fast fünf Zentimeter groß werden

und fressen bis zu drei Zentimeter breite Gänge

durch den Holzkörper. Je nach Anzahl der Lar-

ven und Dauer des Befalls kann ein betroffener

Baum in wenigen Jahren absterben.

Nach etwa zwei Jahren – die Entwicklungszeit

ist abhängig vom Klima – schlüpfen die fertigen

Käfer in den Sommermonaten. Bei Abflug hinter-

lassen sie ein eineinhalb Zentimeter großes Aus-

bohrloch. Sie fliegen nicht weit. Zunächst bleiben

sie im Bereich der Krone und beginnen dort ihren

Reifunsgfraß bevor sie sich auf ihre Vermehrung

konzentrieren. Die glänzend-schwarzen und weiß-

gefleckten Käfer erreichen eine Größe von drei-

einhalb Zentimetern. Ihre Antennen sind bei den

Männchen bis zu zehn Zentimeter und bei den

Weibchen bis zu fünf Zentimeter lang.

Herkunft und Verbreitung des

Laubholzbockkäfers

Das natürliche Verbreitungsgebiet dieses

Hölzschädlings liegt in den klimatisch gemä-

ßigten Regionen Asiens, wo er bereits ganze

Laubwaldregionen entwaldete. Um den käfer-

bedingten Holzschaden auszugleichen wurden

allein in China zwischen 1978 und 2010 ca. 30

Millionen Hektar Wald aufgeforstet. Nach einer

Schätzung fielen dem ALB in der chinesischen

Provinz Ningxia bislang ca. 80 Mio Bäume zum

Opfer. Jährlich sind in China 600.000 Hektar

Wald von dem gefräßigen Schädling betroffen,

und der jährliche Schaden beziffert sich hier auf

etwa 1,4 Milliarden US-Dollar.

Der globale Handel, insbesondere der Han-

del mit China, sorgt für die internationale Ver-

breitung des Käfers. Die Ursache der Verbreitung

liegt vorwiegend in befallenem Verpackungsholz.

1996 trat der ALB erstmals außerhalb seines na-

türlichen Verbreitungsgebietes in den USA in New

York City auf, weitere Gebiete folgten. Die Ameri-

kaner begannen mit einer intensiven Bekämpfung.

Befallene Bäume wurden konsequent gefällt und

unmittelbar darauf verbrannt. In den USA wer-

den gegen den Käfer während des Reifungsfraßes

in der Baumkrone auch Insektizide eingesetzt.

Um die Verbreitung von Schadorgansimen

über Holzverpackungen zu verhindern, einigte

man sich auf der Internationalen Pflanzenschutz-

konferenz 2002 in Rom auf die Richtlinie ISPM 15

zur Regelung von Holzverpackungsmaterial im in-

ternationalen Handel. Nach ISPM 15 muss Verpa-

ckungsholz, darunter auch Paletten, im Holzkern

auf mindesten 56°C erhitzt oder mit Methylbro-

mid begast werden. Doch trotz dieser Regulierung

für Holzverpackungen bleibt der ALB weltweit auf

dem Vormarsch. Das ist sehr bedrohlich, weil der

Käfer sich in den klimatisch gemäßigten Regi-

onen Amerikas und Europas wie zu Hause fühlt.

Befall und Bekämpfung in

Deutschland

Nach den USA eroberte der Käfer Europa. In

Deutschland trat der ALB erstmals 2004 in Neu-

kirchen bei Passau am Inn auf. Weitere Funde gab

es nahe Bonn in Bornheim (2005, 2006, 2008)

und in Bonn selbst (2012), am Hafen in Weil am

Rhein (2012), in Magdeburg (2014, 2015) so-

wie in den bayrischen Orten Feldkirchen (2012),

Ziemetshausen-Schönebach (2014), Neubiberg

(2014) und zuletzt im Januar 2016 in Kelheim

nahe dem Donauhafen.

Daraufhin haben die für den Pflanzenschutz

zuständigen Landesämter reagiert. Die Quaran-

tänemaßnahmen bestehen hauptsächlich in der

vollständigen Beseitigung der befallenen Bäu-

me mit Wurzel sowie der Fällung aller möglichen

Wirtsgehölze in einem Umkreis um die Befalls-

zone. Das Julius-Kühn-Institut entwickelt als

Bundesoberbehörde des Bundesministeriums für

Ernährung und Landwirtschaft die Leitlinien zur

Bekämpfung des ALB. Seit dem 11. Juni 2015

folgen die Maßnahmen auf der Rechtsgrundla-

ge des EU-Durchführungsbeschlusses 2015/893.

Danach sind 29 Pflanzen als Wirtspflanzen

für die Käferlarven spezifiziert. Bei ALB-Fund

wird um die Fundstelle eine konkrete Befallszo-

ne von mindestens 100 Metern und eine Qua-

rantänezone mit einem Radius von zwei Kilome-

tern – das entspricht dem maximalen Flugradius

des Käfers – definiert. Alle befallenen Pflanzen

müssen umgehend samt Wurzeln beseitigt und

verbrannt werden. Dazu zählen auch Bäume in

den Gärten der Anwohner. Die Anwohner werden

per Behördenschreiben über die Baumfällaktion

informiert und nehmen dadurch mitunter zum

ersten Mal von einen Käferproblem zur Kenntnis.

Das Bäume auf eigenem Grund und Boden vor-

beugend, also ohne unbedingt befallen zu sein,

gefällt werden, hat in den betroffenen Gebieten

viel politischen Sprengstoff. Aufgeregte Bürgeri-

nitiativen haben in der Vergangenheit versucht,

die Behörden an der Durchführung der Quaran-

tänemaßnahmen zu hindern. Erfolglos.

Alle befallenen Bäume werden gefällt. Er-

gänzend fallen in einem Radius von 100 Metern

um die geschädigten Pflanzen alle potentiellen

Wirtspflanzen ebenfalls der Säge zum Opfer. Wird

dabei wieder ein befallener Baum entdeckt, wird

auch um diesen ein 100 Meter Radius gezogen

und die Fällaktion erweitert. Durch diesen Domi-

1

2

1

ALB-Männchen mit Antennen, die die zweiein-

halbfache Körperlänge annehmen können.

2

Schön zu sehen die kräftigen Kauwerkzeuge mit

denen der Käfer bei der Eiablage Spalten erwei-

tert oder Rinde entfernt. Bild von J.E.Applleby

3

ALB-Larve bohrt ovale Gänge im Holz.

4

Ahorn mit Ein- und Ausbohrlöchern des ALB.

5

Befallener Baum in Neubiberg wird gefällt.

4

3 5