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Antwort auf den Leserbrief „Zum Beitrag von Wolfgang Böttcher“,

erschienen in S&E Juni 2015, Seite 21

Sehr geehrter Herr Wießner,

mit Ihrer Argumentation kann ich mich nicht

einverstanden erklären. Das Schreiben von Ihnen

habe ich mehrmals aufmerksam durchgelesen, um

zu erfahren, wie Sie auf meine Anmerkungen ein-

gehen. Zu diesen habe ich leider nichts Konkretes

gefunden. Sie schreiben dort etwas von verein-

fachter Wärmegleichung und das 1kg Wasser von

99°C auf 100°C mit 1kcal Energie aufgeheizt

werden muss. Energie wird seit 1978 in Joule (J)

angegeben. Eine Kalorie war bis zum 01.01.1978

physikalisch definiert als Wärmemenge, die bei

normalem atmosphärischem Druck (1013 hPa)

benötigt wird, um 1Gramm Wasser von 14,5°C

auf 15,5°C zu erwärmen. Eine vereinfachte Wär-

megleichung ist mir nicht bekannt. Da ich aber

die Schulbank schon vor etwas längerer Zeit ver-

lassen habe, war mein Gedanke, dass vielleicht

etwas an mir vorbeigegangen ist. Aber nein, die

Fachliteratur spricht auch heute noch von der

Wärmeleitungs- oder Diffusionsgleichung. Die-

se beschreibt den Zusammenhang zwischen der

zeitlichen und der räumlichen Änderung der Tem-

peratur an einem Ort in einem Körper. Bei eindi-

mensionalen Fällen, das heißt ohne Wärmequel-

len, zeigt dies, dass die zeitliche Ableitung der

Temperatur das Produkt aus der zweiten räum-

lichen Ableitung und der Temperaturleitfähig-

keit ist. Wenn die zweite räumliche Ableitung an

einem Ort ungleich null ist, dann unterscheiden

sich die ersten Ableitungen kurz vor und hinter

diesem Ort. Damit unterscheidet sich aber auch

nach dem Fourierschen Gesetz der Wärmestrom,

der hinfließt, von dem, der weg fließt. Die Wär-

meleitungsgleichung lässt sich somit aus dem

Energieerhaltungssatz und dem Fourierschen Ge-

setz der Wärmeleitung herleiten. Aber als Wärme-

gleichung sehe ich dies nicht. Wenn Sie da etwas

Anderes haben, würde ich mich freuen, wenn Sie

das zur Verfügung stellen können. Auch ich bin

für Neues immer zu haben.

Warum das Bauteil aber kalt bleibt, wie Sie

schreiben, und nur das Wasser erwärmt wird,

erschließt sich mir damit nicht. Konkret heißt

es bei Ihnen, Wasser wird heiß und die Wand

bleibt kalt. Das wäre ein Novum, wenn angren-

zende Bauteile kalt bleiben. Dann gehen Sie kurz

auf meine Bemerkung ein, indem Sie schreiben,

es sind längere Zeiten notwendig zum Erreichen

einer Temperatur von 50°C an einem Ziegelmau-

erwerk und erst danach ist es dann nach 20min

komplett trocken. Ich hatte bereits angemerkt,

dass ich das für sehr gewagt halte. Ein auf 50°C

aufgeheiztes Ziegelmauerwerk ist nicht trocken,

auch wenn dies länger dauert. Es sei denn, es war

vorher schon ausgleichsfeucht. Außerdem schrei-

ben Sie weder von den Dicken des Mauerwerkes

noch vom tatsächlichen Durchfeuchtungsgrad.

Aber das sind wichtige Parameter.

Weiter schreiben Sie von einem Verfahren,

welches Sie nutzen und nennen gleich zwei

unterschiedliche, nämlich Infrarot- und Mikro-

wellenstrahlung. Sie vergleichen hier

Äpfel mit

Birnen.

Das eine Verfahren ist für die Aufhei-

zung der Oberfläche geeignet (Infrarot) und

das Andere (Mikrowelle) auch für die Tiefe, so-

fern ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist.

Mit dem Mikrowellenverfahren bekomme ich in

Bauteilen, wo ein hohes Feuchtigkeitspotenzial

vorhanden ist, auch hohe Temperaturen. Aber

nicht nur im Wasser, sondern auch im Bauteil.

Mit dieser Wärme und der Nutzung des Dipol-

Charakters von Wasser wird dessen Transport in

Gang gesetzt (Elektrische Dipole erfordern die

Trennung von Ladungen, diese werden z. B. von

asymmetrischen Molekülen – Wassermolekülen

– erzeugt).

Bei den Infrarot- oder Heiz-

platten ist das nicht möglich.

Hier wird die Oberfläche er-

wärmt und der Transport von

Wasser eben nur aus dieser

Oberfläche in Gang gesetzt.

Danach findet in und durch das

Bauteil nur noch eine Wärmelei-

tung statt. Bis das Bauteil dann

auf die von Ihnen propagierten

50°C kommt, vergeht eine sehr

lange Zeit. Deshalb funktioniert

der Transport aus dem Inneren

nur beschränkt oder gar nicht.

Und dadurch dauert die Auf-

heizzeit auch länger, wenn sie

überhaupt erfolgt. Das haben

auch wir schon getestet. Des-

halb ist dieses Verfahren nur für die Trocknung

von oberflächigen Durchfeuchtungen geeignet.

Bei Ihnen konnte ich zu den Zeiten der

Trocknung auf Ausgleichsfeuchte nichts lesen.

Sie schreiben nur, dass es funktioniert. Allein

die CM-Messungen lassen mich zweifeln. CM-

Messungen erfolgen an Estrichen. An Ziegelstei-

nen wären die Darr-Probe oder das Luftfeuchte-

Ausgleichsverfahren als hygrometrisches Verfah-

ren sinnvoller einzusetzen. Allein deshalb, weil

meist nicht bekannt ist, welche Rohdichte der

Stein hat. Und an Denkmalen gibt es u. U. auch

unterschiedliche Ziegel aus unterschiedlichen

Zeiten. Das kann ich aus Erfahrung bestätigen,

da auch wir ab und zu mal an denkmalgeschütz-

ten Gebäuden tätig sind.

Dann schreiben Sie von „Trockenen Wän-

den“. Was das bei Ihnen heißt, steht nirgendwo.

Ich gab bei meinen Anmerkungen lediglich

zu bedenken, dass die Beschreibung von Ihnen

nicht den tatsächlichen Gegebenheiten ent-

spricht. Nur dazu schreiben Sie nichts.

Dass eine Wand und auch Holz in Ausgleichs-

feuchte das mikrobielle Wachstum verhindern,

habe ich überhaupt nicht in Abrede gestellt. Ich

finde aber eine computergesteuerte Maßnahme

für ein leer stehendes Gebäude unsinnig. Das ist

meine Meinung. Und die nehme ich auch nicht

zurück. Es hätte dort sicher sinnvollere Metho-

den gegeben.

Bei der Wandtemperierung schreiben Sie von

wegdrücken. Auf meine Bemerkung zu welcher

Seite, „kalt“ oder „warm“, erwidern Sie nichts.

Von Verlagerung steht bei mir überhaupt nichts.

Insofern haben Sie auf meine Bemerkung nicht

geantwortet. Sie schreiben nicht einmal, womit

die Wand temperiert wird.

Wenn Sie den Beitrag nur als einen Bericht

Ihrer Erfahrungen geschrieben haben, ohne dass

KollegInnen diese Erfahrungen nutzen sollen,

müssen Sie das so erwähnen. Dann hätte dort

stehen müssen, dass vor Nachahmung gewarnt

wird. Denn Kontrollen nach derzeit gültigen

Maßstäben gibt es anscheinend nicht. Wenn

Sie das so geschrieben hätten, wären meine

Anmerkungen nicht erfolgt. Dann hätte ich die

S&E weggelegt, Ihnen für die Zukunft alles Gute

gewünscht und dass Ihre Haftpflichtversicherung

niemals für einen großen Schaden bezahlen muss.

Ich bin aber davon ausgegangen, dass Sie den

KollegInnen etwas mitzuteilen hatten, was für

alle nutzbar sein sollte.

Natürlich gehen viele KollegInnen andere

und neue Wege. Auch wir verschließen uns da

nicht und versuchen Neues zu finden. Wir haben

ebenfalls verschiedene Möglichkeiten getestet

und die Ergebnisse untersuchen lassen. Dadurch

haben wir Erkenntnisse zur Funktionsfähigkeit

gewonnen, z.B. mit Heizmatten gegen Insekten,

mit Heizstäben gegen Feuchtigkeit und Ech-

ten Hausschwamm. Das sind auch für uns neue

Wege. Zur Anerkennung braucht es aber mehr als

nur Erfahrungsberichte, die, so wie von Ihnen

dargestellt, sehr viele Fragezeichen aufwerfen.

Als Credo Ihrer bisherigen Ausführungen

stelle ich vereinfacht fest: „Durch Vermeidung

von Feuchtigkeitseintrag wird ein Wachstum

von Holz zerstörenden Pilzen, gleich welcher

Art, verhindert. Und wenn dies dauerhaft er-

reicht wird, braucht es keine Maßnahmen zur

Beseitigung des vorhandenen Befalls und auch

keine Haftpflichtversicherung“.

Das ist aber allgemein bekannt. Die Frage

ist nur, ob dies in der Praxis so immer und über-

all umsetzbar ist.

Bauen

heißt nicht umsonst

„Kampf gegen Wasser“.

Mit freundlichen Grüßen

W. Böttcher

Leserbrief

Schützen & Erhalten · September 2015 · Seite 45

Foto: Andriy Popov · 123rf.com