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Die Ex-Press

Berufsinformation des DSV e.V. |

Aktuelles

Stromausfall in Berlin

In Berlin gab es Ende Juni einen spekta-

kulären Stromausfall am westlichen Teil

des Alexanderplatzes. Alleine dadurch,

dass mit den gut 380 Haushalten und 112

Gewerbeanschlüssen auch der Berliner

Verlag betroffen war, hat die Sache Fahrt-

wind aufgenommen. In den Redaktionen

gingen die PCs aus, die geplanten Artikel

wurden nicht mehr fertig. In der Folge gab

es etliche Meldungen in den Zeitungen

bis hin zum Beitrag in ‚RBB aktuell‘, den

Vorabendnachrichten im Fernsehen.

Auslöser des Stromausfalls war ein durch eine

Ratte verursachter Kurzschluss in einer Netzsta-

tion im Versorgungsgebiet eines Umspannwerkes.

Infolge dieses Kurzschlusses ist es in einem so

genannten Vollring – sprich einer Kette von ins-

gesamt zwölf Netzstationen abgehend vom Um-

spannwerk – zu einem Stromausfall gekommen.

Vermutlich bedingte dies einen weiteren, spä-

teren Ausfall. Für die Unterbrechung der Versor-

gung bat der Chef von Stromnetz Berlin unmit-

telbar danach in einer Pressemeldung persönlich

um Verständnis bei den Betroffenen.

An diesem Beispiel lässt sich die befallsunab-

hängige Dauerbeköderung in einem spannenden

Fall diskutieren. (Lesen Sie zu den Hintergrün-

den die Antworten von Stromnetz Berlin GmbH

auf unsere Fragen.)

Erneut wird klar, was bereits eine einzelne

Ratte ohne Vorwarnung anrichten kann. Inte-

ressant ist die gelassene Sichtweise des Strom-

netzbetreibers. Somit sind die Kriterien für eine

befallsunabhängige Dauerbeköderung ins Ge-

dächtnis zu rufen. Die Tatsache, dass Ratten in

einer Großstadt grundsätzlich anzunehmen sind

reicht alleine nicht aus. Dadurch dass aber Ge-

fahr für Werte und Leben droht (Brand, Strom-

schlag), ist die Anwendung der Ausnahme hier

gerechtfertigt.

Hier geht es um die Eintrittspforten für Rat-

ten. Dabei ist immer die Prüfung der jeweiligen

örtlichen Gegebenheiten ausschlaggebend. Die

Betreiber haben die baulichen Voraussetzungen

der eigenen Anlagen im Blick, und damit voraus-

schauend Schäden durch Verbiss vorgebeugt. Der

Zutritt einer Ratte wird auch mit Blick auf die

Vergangenheit für unwahrscheinlich gehalten, ein

Schadnager-Management wird bislang nicht für

notwendig erachtet. Der einzelne Fall wird hier

eher als „höhere Gewalt“ gewertet.

Festzuhalten bleibt, dass hier das Unwahr-

scheinliche nun aber doch eingetreten ist. Ir-

gendwo her musste die Ratte ja gekommen sein.

Gesetzt den Fall, dass zukünftig ein Schädlings-

bekämpfer hinzugezogen würde, könnte dies bei

der Entscheidungsfindung (allem voran die Su-

che nach der Eintrittspforte) eine Rolle spielen.

Die Pressesprecherin von Stromnetz Berlin

GmbH, Julia Klausch beantwortete ausführlich

per E-Mail unsere Fragen:

DSV: Kommt so etwas öfter vor?

Klausch: Nein, es kommt glücklicherweise sehr

selten vor. Der letzte Vorfall, bei dem eine Ratte

einen Stromausfall verursacht hat, liegt bereits

mehrere Jahre zurück. Ganz vermeiden lässt es

sich aber leider nicht, da eine hermetische Abrie-

gelung der Netzanlagen nicht zu realisieren ist.

DSV: Was konkret hat die Ratte beschädigt?

Klausch: Die Ratte hat einen Kurzschluss in ei-

ner Mittelspannungsschaltanlage (10 kV) ver-

ursacht. Dieser Kurzschluss war ein sehr strom-

starker Vorgang, bei dem es kurzzeitig zu einem

Lichtbogen mit entsprechend hohen Tempera-

turen kam. Dieser Lichtbogen führte zu hitzebe-

dingten Beschädigungen im Inneren der Anlage

(Verschmorungen).

DSV:

Was wird üblicherweise zur Vorbeugung ge-

gen Schadnager in Anlagen/Einrichtungen der

Stromversorgung getan, wird sich durch den Vor-

fall daran etwas ändern?

Klausch:

Unsere Netzstationen und Umspann-

werke sind als geschlossene Gebäude bereits

sehr gut gegen das Eindringen von Schädlingen

gesichert. Ganz vermeiden, dass sich eine Ratte

o.ä. einen Weg ins Innere bahnt, lässt sich aber

nicht. Ratten halten sich nun einmal vermehrt

unter Tage auf und gelangen z. B. über Kabel-

schächte gelegentlich auch ins Innere von Netz-

anlagen oder andere Komponenten öffentlicher

Infrastruktur.

Teilweise sind unsere Netzstationen auch

in Kellern von Wohnhäusern, Tiefgaragen o. ä.

eingebaut. Dort ist der jeweilige Hauseigentü-

mer für den baulichen Zustand der Räume ver-

antwortlich. Aber auch hier gilt natürlich: kom-

plett verhindern lässt sich ein Eindringen nicht.

DSV:

Welche Gefahren neben dem Stromausfall

bestehen durch Biss an Kabeln?

Klausch:

Im ungünstigsten Fall könnte es infolge

eines derartigen Kurzschlusses zu einem Brand

kommen. Dies ist jedoch nicht geschehen und

auch in der Vergangenheit nicht vorgekommen.

DSV:

Welcher Schaden – über die Kundenunzu-

friedenheit hinaus – ist entstanden?

Klausch:

In der betroffenen Netzstation sind

durch den Kurzschluss verschiedene Schaltan-

lagenteile verschmort, die umgehend ausge-

tauscht wurden. Zusätzlich kam es – vermutlich

– infolge dieses Kurzschlusses am Mittag des

darauffolgenden Tages zu einem Fehler in einem

Mittelspannungskabel, der seinerseits eine kur-

ze Versorgungsunterbrechung im selben Gebiet

nach sich zog.

DSV:

Die Ratte ist vermutlich tot?

Klausch:

Ja.

DSV:

Gab es Spuren, die auf weitere Ratten hin-

deuten oder weiß man, woher die Ratte zuge-

wandert ist?

Klausch:

Nein und nein.

Fragen: Gabriele Flingelli

Weitere Fragen kann ein Schädlingsbekämpfer

sicherlich differenzierter und fachlicher beant-

worten. Wir vom DSV e. V. sind der Meinung,

ein klarer Fall für die Anwendung der Ausnah-

meregelung zur Dauerbeköderung – bevor es in

Deutschland ganz dunkel wird.

Tatort Berlin: Blick vom

Regierungsviertel auf

den Funkturm am

Alexanderplatz.